Spademan: Thriller (German Edition)
der Messe auf einen, und Klatsch! fing man sich eine mit dem Rohrstock auf den Handrücken, direkt vor den Augen der eigenen Eltern. Wobei sie nie einen Grund dafür nannte, weder einem selbst noch den Eltern. Aber sie wusste Bescheid. Und sie wusste, dass man es auch wusste. Und ich will Ihnen etwas sagen, Mr. Spademan. Ich habe wirklich größten Respekt und Ehrfurcht vor unserem Herrn im Himmel, aber ich denke, niemand hat mich je besser auf Kurs gebracht als sie. Sie hat mich ein paar wichtige Dinge gelehrt. Das können Sie mir glauben.
Kann ich mir vorstellen.
Sie selbst scheinen mir kein großer Freund dieser spektralen Welt zu sein, habe ich recht?
Das ist richtig.
Hatten Sie jemals zuvor eine außerkörperliche Erfahrung?
Vor langer Zeit. Ich hab damit aufgehört.
Verstehe. Wie bei jedem Traum hängt viel vom Träumenden selbst ab. Nun, Sie sehen hier ja eine kleine Kostprobe meiner Träume. Aber lassen Sie es mich noch etwas weiter ausführen. Ich möchte meine Anhängerschaft hierhergeleiten, an einen Rückzugsort des einfachen Lebens und des Friedens. An einen heiligen Ort nach meinen eigenen Entwürfen.
Er zeigt mit einer ausholenden Geste auf den Innenraum der Kirche. Durch die Fenster sickert Sonnenlicht herein, bildet klar abgegrenzte Lichtseen in den Ecken.
Sie wissen, was aus der wirklichen Welt geworden ist, Mr. Spademan. Sie wissen es besser als jeder andere. Wie Sie in einem verseuchten Sumpf wie New York leben können, werde ich niemals verstehen. Nicht, wenn Sie stattdessen so leben könnten. So wie hier.
Mr. Harrow, ich kann Sie verstehen. Wirklich. Aber warum sollten sich andere Menschen Ihren persönlichen Träumen unterwerfen? Alle Menschen sollten träumen dürfen, wie es ihnen gefällt.
Weil ich ihnen etwas Besseres bieten kann. Mehr als nur einen Traum. Ich biete ihnen ein neues Leben, Mr. Spademan. Ein Leben nach dem Leben. Ohne Warteliste. Etwas Außergewöhnliches. Das ist es, was ich Ihnen zeigen wollte. Haben Sie etwas Zeit für eine kurze Demonstration?
Klar.
Harrow macht jemandem ein Zeichen, der bisher im Verborgenen stand. Zwei Mädchen kommen durch eine Seitentür herein. Identisch aussehende Zwillinge, kurzes Haar, helle, strahlende Augen. Etwa Persephones Alter, vielleicht ein bisschen jünger. Sie tragen beide gemusterte Schürzenkleider. Country-Style.
Sie treten vor uns, Schulter an Schulter, wie Soldaten beim Appell.
Das sind Mary und Magdalene. Nur zu, Mr. Spademan. Ich möchte, dass Sie Marys Wange streicheln. Mary ist das Mädchen zur Rechten. Keine Angst, sie beißt nicht.
Ich strecke meine Hand aus und fahre mit den Fingerknöcheln sanft über ihre samtige Wange. Weich, sehr weich. Sie kichert.
Sehr gut. Und jetzt Magdalene.
Derselbe Vorgang. Mit den Fingerknöcheln über die Wange streichen. Doch diesmal trifft es mich wie ein leichter elektrischer Schlag.
Bei der ersten Wange kam es mir so vor, als würde eine alte Erinnerung aktiviert. Als würde etwas wiederbelebt, das man früher mal gefühlt hat.
Doch bei der zweiten fühlt sich die Berührung absolut frisch und lebendig an.
Ich setze mich wieder auf die Kirchenbank.
Nun, was denken Sie, Mr. Spademan? So wirklich wie die Wirklichkeit. Und das ist meine eigene patentierte Technologie. Das bekommen Sie in keinem anderen Traum.
Er entlässt die Zwillinge. Sie machen einen Knicks und treten ab, als wäre dies das Ende einer kleinen Schultheateraufführung.
Ich reibe mir immer noch die Hand.
Das ist sehr überzeugend.
Nicht wahr.
Also, was ist das Geheimnis?
Tja, genau das ist es. Ein Geheimnis.
Ich bin mir sicher, es wird sich als sehr lukrativ erweisen.
Warten Sie. Da ist noch jemand, den ich Ihnen gerne vorstellen möchte.
Er steht auf.
Auch Sie möchten sich vielleicht gerne erheben für diese besondere Begegnung.
Ich erhebe mich.
Und dann betritt sie die Kirche.
Meine Stella.
17
Meine Frau.
In demselben Kleid, in dem ich sie zum letzten Mal gesehen habe. Sie lächelt.
Dieses Lächeln.
Ihr braunes Haar ist kurz geschnitten. Dieser Bob-Schnitt, den ich vergeblich versucht hatte ihr auszureden.
Steht ihr aber trotzdem gut.
Ich umklammere Harrows Arm. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
Er betrachtet mich mit dem zufriedenen Blick eines Autohändlers, der soeben sein Luxusmodell enthüllt hat.
Ich versichere Ihnen, es ist völlig ungefährlich. Es ist nicht die Wirklichkeit, nein. Aber es ist so wirklich wie die Wirklichkeit.
Ich betrachte sie.
Sie.
Hier.
Braune
Weitere Kostenlose Bücher