Spademan: Thriller (German Edition)
Lagerfeuer in der Dämmerung.
Auf den Avenues parken Streifenwagen, Sirenen heulen. Eine Machtdemonstration, mehr nicht.
Mark hat zwei Drinks in seiner Hand, einen Whiskey, ein Mineralwasser. Der Whiskey ist für mich.
Mark nippt an seinem Wasser.
Sieht so aus, als würde der Bürgermeister endlich durchgreifen.
Jetzt? Warum?
Ich denke, es hängt mit Harrows religiöser Kampagne zusammen. Du hast wahrscheinlich davon gehört. Die Predigt im Madison Square Garden.
Bist du ihm je begegnet?
T. K. Harrow? O nein. Aber ehrlich gesagt, hatte ich auch nie das Gefühl, dass wir beide im gleichen Geschäft tätig sind.
Wir verfolgen, wie die Cops grellorange Straßensperren aufstellen.
Was tun die da? Wollen sie die Campbewohner verjagen?
Nein.
Ein weiterer Schluck.
Sie wollen sie im Park einsperren.
Persephone kommt aus dem Bad. In hautengen Schlangenlederhosen.
Was meinst du? Hübsch, oder? Chinatown-Sonderpreis. Ist von Prada. So billig! Ich musste den Bund etwas einrollen, sonst hätte ich nicht reingepasst.
Ich entrolle den Bund wieder ein wenig.
Tut mir leid, dir das sagen zu müssen.
Was?
Die ist nicht von Prada. Die ist von Prodo.
Mark willigt ein, Persephone fürs Erste bei sich unterzubringen. Eines muss man dem Trump Tower lassen, die Sicherheitsmaßnahmen sind wie bei den meisten Hochhäusern alles andere als lax. Zwei schwerbewaffnete Pförtner, die rund um die Uhr Dienst schieben, sowie Wachmänner in Zivil, die durch die Gänge patrouillieren. Wenn Mr. Pilot hier rein will, muss er schon mit einer Saugglocke in jeder Hand die Fassade hochklettern.
Ich beschließe, nach Hoboken zurückzukehren. Mark reicht mir eine Karte.
Gib die dem Fahrer. Er bringt dich nach Hause. Der Holland Tunnel ist doch noch offen, oder?
Ich gebe Persephone einen Kuss auf die Stirn.
Mark ist in Ordnung. Er wird auf dich aufpassen.
Danke. Und wer passt auf dich auf?
Um das herauszufinden, fahre ich zurück nach Jersey.
Die Wahrheit ist: Ich habe noch keine Ahnung, wie ich weiter vorgehen soll. Klar, mir ist schon mal der ein oder andere Job aus dem Ruder gelaufen, aber noch nie derart heftig. Man hat mich angeheuert, um sie zu töten, und jetzt habe ich sie adoptiert.
Und um ehrlich zu sein, ich wäre vollauf damit zufrieden gewesen, sie in einen Bus in Richtung Norden zu setzen und die Konsequenzen daraus mit Harrow alleine auszufechten. Aber das steht nicht mehr zur Debatte. Nicht jetzt, wo ich weiß, dass Harrow jemanden wie Mr. Pilot geschickt hat.
Mr. Pilot kommt mir definitiv vor wie ein echter Psychopath.
Also ist Persephones Problem jetzt auch mein Problem.
Was bedeutet, dass Persephone mein Problem ist.
Obwohl ich gestehen muss, dass sie mehr ist als das.
Bei manchen Leuten, die mich anrufen, merke ich ziemlich schnell, dass sie mich nicht anheuern, sondern nur plaudern wollen. Sie wollen Dampf ablassen, ein bisschen fantasieren, vom Rand aus in den Abgrund blicken, aber nicht springen. Bevor ich auflege, stellen sie mir immer dieselbe Frage.
Sagen Sie mir: Wie bringen Sie es fertig, so was zu tun?
Natürlich antworte ich nie darauf, aber wenn ich es doch täte, würde ich ihnen Folgendes erklären:
Nicht die Tat selbst ist schwierig, sondern diese Tat vor sich selbst zu rechtfertigen. Aber das ist nicht meine Angelegenheit.
Die Entscheidung treffe ja nicht ich. Ich führe sie nur aus.
Ich bin einfach nur die Kugel.
Daher muss ich die Tat nicht vor mir selbst rechtfertigen. Oder damit leben.
Das ist Ihr Job.
Und ich würde ihnen noch etwas anderes erzählen.
Die Welt ist voller Kugeln. Manche haben die Form von zu schnell fahrenden Bussen oder von Schlagadern, die mitten in der Nacht platzen, oder von verrotteten Ästen, die in einem Schneesturm genau in dem Moment herabfallen, in dem Sie unter dem Baum vorbeigehen.
Oder explodierende U-Bahnen. Oder Bomben in herrenlosen Sporttaschen.
Alles Kugeln.
Wir entgehen ihnen jeden Tag, bis es uns irgendwann doch erwischt.
Also, genau das würde ich ihnen erklären, wenn ich nicht vorher auflegen würde.
So sehe ich das.
Ich bin nur eine weitere Kugel.
Aber nicht dieses Mal.
Nicht für sie.
Als ich wieder unten vor Marks Hochhaus stehe, reiche ich seinem Chauffeur die Karte und bitte ihn, mich nach Hause zu bringen.
Doch als Erstes machen wir noch einen kleinen Umweg.
Ich dirigiere ihn direkt den Broadway hinunter, woraufhin er laut aufstöhnt.
Er fährt mich bis zur Fifty-Third, dann hält er am Straßenrand an und erklärt mir,
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