Spademan: Thriller (German Edition)
Ende setzen.
Schweigen macht sich breit. Wir lauschen alle der Stille, die in Chinatown herrscht.
Und die schließlich von Minas bestem Axl-Rose-Falsett durchbrochen wird.
Knock knock knocking on heaven’s door.
Ich denke, wir sollten unser Treffen jetzt beenden.
Also. Neuer Plan.
Wir brechen in den Himmel ein, befreien alle, locken Harrow hinein, indem wir seine Ausreißer-Tochter als Köder verwenden, schleusen Mark heimlich mit ein, wobei wir eine Technik benutzen, bei der selbst Rick, der tollkühnste Draufgänger von Chinatown, seine Bedenken hat, dann reden wir ein paar Takte mit Harrow, bis dieser seine Übeltaten bereut und sich vielleicht bei seiner Tochter entschuldigt, während ich in der schäbigen Wirklichkeit nach seinem leibhaftigen Körper fahnde, wobei ich irgendwie Simon und den Rest seiner Wachmannschaft umgehe und nah genug an den heiligen Mann herankomme, um ihn in den echten Himmel zu schicken, den er dann, wenn er lustig ist, mit seiner schäbigen Plastikversion vergleichen kann.
Klingt doch recht simpel.
Und ich habe keinerlei Zweifel, dass er wirklich dort landen wird. Im Himmel, meine ich. Ich glaube nämlich schon lange nicht mehr, dass wir am Ende aller Tage in zwei Gruppen aufgeteilt werden, um unsere Sünden zu sühnen, oder dass es irgendwo irgendeine Tür oder Pforte – die Himmelspforte eingeschlossen – gibt, die sich einem nicht öffnet, wenn man über das entsprechende Gold oder Geld verfügt.
Vielleicht hatte ich früher mal einen schwachen Glauben an so was wie kosmische Gerechtigkeit, aber inzwischen glaube ich nur noch an mein Teppichmesser.
Alles andere liegt für mich in einem Tunnel begraben, zusammen mit einem Zug der Linie 2.
25
Außerdem werden wir eine Krankenschwester brauchen, daher kontaktiere ich Margo.
Margo war damals in der Schwesternschule die Zimmergenossin meiner Mutter, und danach blieben die beiden beste Freundinnen fürs Leben. Als ich klein war, hockte Margo immer bei uns am Küchentisch und stieß Zigarettenrauch aus ihren Nasenlöchern wie ein wütender Bulle. Obwohl sie die netteste Frau der Welt war. Ihr Lachen konnte den ganzen Raum erfüllen. Trotzdem habe ich sie seit dem Tod meiner Mutter nicht mehr gesehen. Meine Mutter hatte es nach diesem Zwischenfall mit der verspäteten Ambulanz nicht mehr lange gemacht.
Ich nehme den Bus raus in die Vororte von Jersey. Die Fahrt nach Hackensack dauert eine Stunde. Während die Stadt hinter mir versinkt, fühlt sich alles viel gesünder an. Die Vorstädte. Das Leben ist hier fast noch so wie früher. Vom Bus aus kann man in die beleuchteten Wohnzimmer der Menschen spähen. Die Häuser hier draußen sind nicht von Eingestöpselten in ihren silbernen Torpedos bevölkert, die Menschen sitzen hier einfach auf geblümten Sofas vor ihren Fernsehern.
Ja, sie produzieren tatsächlich immer noch irgendwo TV-Shows. Der Rest des Landes ist nach allem, was man so hört, mehr oder weniger intakt. Die Westküste ist offenbar immer noch ganz die Alte. Sonnenschein. Palmen. Hübsche Frauen in Cabriolets. Singende Surfer. Lockere Sitten. Das ganze Pipapo mit allem Drum und Dran, mit den Umrissen von Kalifornien. Andererseits, was weiß ich denn schon. Schließlich war ich noch nie dort. Irgendwann kurz nach Times Square dachte ich, vielleicht ziehe ich dorthin. Ich ging davon aus, dass es dort auch Müll gab.
Aber der gleiche Gedanke ließ mich am Ende dann doch hierbleiben. Ein Land, das an beiden Küsten unter Müll begraben liegt.
Und was den Rest des Landes betrifft, also die Landstriche zwischen den Küsten, da soll es angeblich noch so aufgeräumt und geschäftsmäßig zugehen wie in einem Dollar-Store-Baumarkt. Vielleicht ist es nicht länger das Land, wo Milch und Honig fließen, aber zumindest kriegt man an jeder Straßenecke hochwertige Pharmazeutika für billiges Geld. Inzwischen wird das fast überall als Nadelloses Einstöpseln bezeichnet. Ein Traum, den man aus einer Papiertüte schnüffeln kann.
In Wahrheit ist es nur New York, das atomar verseucht, abgeriegelt, isoliert und ausgestoßen ist. Die Hauptstadt der Welt, deren Leinen man gekappt hat und die hinaus aufs Meer driftet.
Die Seele des Landes auf einem Scheiterhaufen.
Margo lebt in einem Mietshaus. Eine Menge Gebäude hier draußen sind einfach Schlafstätten für das medizinische Personal, für die Dienstleister, die täglich in die Stadt fahren, um dort mit Atemschläuchen, Nahrungsschläuchen, Scheißeschläuchen und
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