Späte Familie
für uns, und ich warte schweigend auf die Fortsetzung der Geschichte, aber er zögert, den Blick zwischen meine Beine gerichtet, als ich ein kleiner Junge war, habe ich gedacht, was ihr dort habt, ist eine SüÃigkeitenschublade, seine langsame, gemesseneSprechweise ist wie Musik in meinen Ohren, er dehnt so reizvoll die Buchstaben, verlängert die Wörter, als er weiterspricht, ein Geheimnis, das darauf wartet, entdeckt zu werden, erst wartet es voller Freude, dann voller Trauer, und am Ende hört es auf zu warten, und dann steht er vom Stuhl auf und kommt zu mir, setzt sich auf den Bettrand, zieht mir die Hose herunter und betrachtet mit zusammengezogenen Augenbrauen meine nackten Oberschenkel.
Das abgeschlossene Zimmer mit dem bläulichen Licht füllt sich mit schwerem Atem, es ist, als würden alle GliedmaÃen einzeln atmen, als würde sich jede auf ihre Art der Erwartung hingeben. Sogar das Bewusstsein, das daran gewöhnt ist, sich zu zerstreuen, zwischen Gedankensplittern, scharf wie Glas, herumzuirren, konzentriert sich jetzt auf die Hoffnung auf Lust, auf seine zarten bedrohlichen Hände, gerade weil sie so durchdacht ist, ist seine Selbstbeherrschung anziehend. Langsam, flüstert er, du weiÃt doch, dass ich nichts überstürze, sprich mit mir, sag mir, was du magst, und ich atme schwer, du weiÃt besser als ich, was ich mag, und er flüstert, aber ich möchte hören, wie du es sagst, und ich zögere, berühre sein Gesicht, seine raue Haut, die sich hart anfühlt und seinen weichen Worten widerspricht.
Erzähl mir, was dein Körper liebt, bittet er, verrate mir deine Geheimnisse, und ich schweige noch immer, wie schwer ist es, sich zu offenbaren, wenn es um die körperliche Lust geht, wie schwer ist es zu glauben, dass man wirklich geliebt werden kann, eine alte Not steigt in meiner Kehle auf, ich meine mich selbst zu sehen, wie ich zwischen Bäumen herumirre, hastig in der Erde grabe, mit abgekauten Fingernägeln, meine Kleider und meine Haare füllen sich mit Erdkrumen, eine kleine Grube scharre ich mir aus, um mich darin zu verstecken und nie mehr herauszukommen. Schäme dich nicht vor mir, flüstert er, ich möchte dichhören, und ich höre mich selbst sprechen, wie ich noch nie gesprochen habe, mit einer Stimme, die nicht meine ist, und erzähle die Geschichte eines Körpers, der sich in Staub auflöst, eines Körpers, der aufhört zu wachsen, der vor der Reife alt wird und den, der ihn betrachtet, täuscht, und der Trost der vergessenen Jugendliebe umgibt mich, so als wäre sie ein Märchen aus der Vergangenheit, und vor meinen Augen entstehen viele Märchen, lange nachdem sie ihre Lebendigkeit schon verloren haben, und mir ist, als würde ich die Schale meiner alten Einsamkeit zerbrechen hören, diese Schale, die mich immer bewahrt hat, auch vor denen, die ich liebte, vor ihrer Anwesenheit und vor ihrem Verschwinden, wie sie zerbricht und zu Boden fällt, und die Stadt, die ein einziger Palast ist, liegt offen da, während ein fremder Gast durch die geheimsten Räume schreitet, die Wandbilder betrachtet, Muscheln, Kraken, Delfine, geflügelte Cherubim, nacktbrüstige Göttinnen, athletische Turner, und ich begleite seine Schritte mit angstvoller Freude, wie erschreckend ist der Abschied von der Einsamkeit, wie aufregend, von einem Ende der Welt zum anderen hört man ihre Stimme.
Lange legt er sein Ohr wie ein Hörrohr auf meinen Oberschenkel, seine Hand gleitet über meine Haut, ich hoffe, du hast Geduld, flüstert er schlieÃlich, als sich eine fühlbare Stille über das Zimmer senkt, ich habe nicht vor, heute Nacht mit dir zu schlafen, und bevor ich fragen kann, warum nicht, sagt er, das passt jetzt nicht, wir sind nicht allein, das ist seine Art, mich an den Jungen zu erinnern, der auf der anderen Seite der Wand vergessen worden ist, er hat keinen Anteil an unserer Liebe, an unserer Lust, mit seiner wachsenden Wut, die ihn selbst im Schlaf überfällt.
Wann bist du allein, fragt er, und ich sage, am Wochenende, wie vielversprechend dieses Wort klingt, Wochenende,aber wie weit ist es noch entfernt, und der Weg dorthin ist beschwerlich, wer weiÃ, ob er nicht meine Kräfte übersteigt, er ist noch angezogen und riecht nach Waschpulver, als würden seine Sachen noch immer zu Hause gewaschen, zusammen mit denen seiner Kinder, denn der gleiche Geruch entströmt
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