Späte Familie

das selbst auch so empfunden habe, er machte einen viel ruhigeren Eindruck, er erzählte auch, seine Beziehung zu Gili habe sich verbessert, ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, wenn ich jetzt versuche, mit ihm zu sprechen, es ist zu spät, und ich höre mir mit wachsender Angst seine entschiedenen Worte an, die letzten Atemzüge meiner Hoffnung, mein allmächtiger Vater, er war mein Leben lang gegen mich, aber wenn er dieses eine Mal für mich sein würde, stünde nichts mehr zwischen uns.
    Du musst mir helfen, flehe ich, falle auf das sorgfältig gemachte Bett, obwohl es zwei leere Zimmer in der Wohnung gibt, ziehen sie es vor, in seinem Arbeitszimmer zu schlafen, du musst mir helfen, ich habe alles getan, was du gesagt hast, ich habe ihm versprochen, dass alles anderswird, ich habe ihm gesagt, wie sehr ich es bereue, ich habe ihn angefleht, zu mir zurückzukommen, und er hat sich geweigert, siehst du, er hat Schuld, ich weine, er ist derjenige, der die Familie zerstört hat, ich bin es nicht allein, wie du gedacht hast, und er betrachtet mich mit offenem Abscheu, einen solchen Ausbruch hat es in unserer Wohnung nie gegeben, nie spielten sich auf diesen Fliesen solche nackten, entfesselten Gefühlsausbrüche ab. Ich glaube nicht, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, nach dem Schuldigen zu suchen, Ella, sagt er kühl, und ich bleibe stur, doch, es ist der richtige Zeitpunkt, du musst mir sagen, dass es schon nicht mehr meine Schuld ist, nur dann kann ich mich vielleicht erholen, und er seufzt, seine Füße schieben den Stuhl langsam in meine Richtung, du weißt, dass ich Wissenschaftler bin, sagt er, ich bin unfähig, Worte auszusprechen, die nicht begründet sind, es ist klar, wenn es hier eine Schuld gibt, oder sagen wir lieber, eine Verantwortung, dann tragt ihr sie gemeinsam, aber vor allem ist klar, dass sich jetzt nichts mehr daran ändern lässt, Ella, ich beschäftige mich nie mit der Vergangenheit, das solltest du von mir lernen, wenn man versteht, dass es unmöglich ist, einen Fehler zu korrigieren, dass es aus und vorbei ist, dann fängt man an, über die Zukunft nachzudenken, doch ich lasse nicht locker, sag, dass es nicht meinetwegen ist, sag, dass es sowieso passiert wäre, und er schlägt nervös die Beine übereinander, dieses Gerede ist sinnlos, es hilft doch nichts.
    Und was soll dann noch helfen, sage ich weinend, und er sagt, es würde dir sehr helfen, wenn du aufhörtest, dich damit zu beschäftigen, und wenn du deine Arbeit beenden würdest, bevor du zur Ausgrabungsstätte zurückkehrst, übrigens, ich habe beim letzten Kongress einen Archäologen getroffen, der mir erzählt hat, dass die Verbindung zwischen Thera und dem Auszug aus Ägypten als wissenschaftlichfragwürdig gilt, es gebe keinen seriösen Forscher, der daran glaubt, dass der Auszug aus Ägypten überhaupt stattgefunden hat, ich rate dir, deine Schlussfolgerungen noch einmal zu überprüfen, warum musst du immer gegen den Strom schwimmen, und ich mache die Augen zu, lausche seiner Stimme, die ausführlich erzählt, wie dieser Archäologe sich ausgerechnet für seinen Vortrag begeistert habe und dass er natürlich nicht der Einzige gewesen sei und wie er sofort zu drei weiteren Kongressen eingeladen worden sei, und während er spricht, packt mich eine beißende Kälte, obwohl das Zimmer beheizt ist, auch wenn ich jetzt, hier auf ihrem Bett, mein Leben aushauchte, würde er es nicht bemerken, er würde nicht aufhören zu sprechen, wie aus einem Nebel dringt seine laute Stimme zu mir, das fröhliche Gemurmel Gilis, der in der Küche isst, das Rauschen des Windes, der schlechte Nachrichten von Haus zu Haus zu tragen scheint.
    Bring mir eine Decke, flüstere ich mit klappernden Zähnen, und er schweigt endlich, eine Decke, Verzeihung, ich möchte eine Decke, und er versteht immer noch nicht, du brauchst mich nicht um Verzeihung zu bitten, du kannst dir nur selbst verzeihen, und ich sage, ich habe dich um eine Decke gebeten, und er bricht in ein gezwungenes Lachen aus, ach so, ich habe dich nicht verstanden, er erhebt die Stimme, Sarah, bring eine Decke für Ella, und sofort steht sie in der Tür, wie ein eifriges Zimmermädchen, und hinter ihr taucht Gilis Kopf auf. Opa, da bin ich, verkündet er mit kindlicher Feierlichkeit, und mein Vater breitet die Arme aus, erhebt sich endlich von seinem Stuhl, wie