Späte Heimkehr
»Das ist ja toll. Die Kleinen werden begeistert sein.«
Bob McBride ging ins Haus. Ihm war anzusehen, wie zufrieden er mit sich und der Welt war.
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Viertes Kapitel
D er Scherschuppen war achtzig Jahre alt. Seine Wände, auf denen ein hohes, spitz zulaufendes, rostiges Wellblechdach ruhte, waren aus massiven unbehandelten Holzbrettern gezimmert. Die vom Wollfett geschwärzten, abgenutzten Bodenplanken hatten die Patina der Zeit angenommen. Glatte Pfeiler aus massiven Stämmen stützten das hoch aufragende Dach. Es gab vier Scherstände, hinter denen sich jeweils schmale Boxen mit Schwingtüren befanden. Rutschen führten zu den Pferchen nach draußen. Die schweren Tische, auf denen die Wolle klassiert wurde, rochen nach Wollfett, und die Wollpackpresse war ein altmodischer Apparat, der jedoch seinen Zweck erfüllte und die Wolle in grobe Jutesäcke drückte.
Der Schuppen stand auf Pfählen, sodass die Schafe auch unter das Gebäude getrieben werden konnten, falls es während der Schur zu regnen anfing. Die meiste Zeit des Jahres stand er leer und wurde, wenn man von den darin nistenden Schwalben und Spatzen absah, nicht genutzt. Aber jetzt war der große Raum mit Leben und Energie erfüllt. Lautes Stimmengewirr mischte sich mit dem Surren der Schermaschinen, dem Blöken der Schafe und Scharren der Hufe, wenn die geschorenen Tiere über die Rutschen wieder nach draußen befördert wurden. Das Scheren war eine anstrengende und schweißtreibende Tätigkeit.
Der metallische Gong einer Eisenstange, die auf ein Pflugmesser geschlagen wurde, brachte die Arbeit zum Stillstand. Die Scherer fertigten die letzten Schafe ab und richteten sich dann auf, um zu ihrer Unterkunft hinüberzuschlendern, wo der Koch das Mittagessen vorbereitet hatte.
Bob McBride streckte sich und rieb sich den Rücken, als er zu der Waschschüssel ging, die vor der Hütte stand. Er wusch sich Hände, Gesicht und Arme mit Kernseife, nahm dann seinen speckigen Filzhut ab, hielt ihn unters laufende Wasser und setzte ihn sich wieder auf den Kopf. Das Wasser rann seinen sehnigen Nacken hinab und hinterließ dunkle Flecken auf seinem marineblauen Unterhemd. Derart erfrischt setzte er sich an den langen Holztisch zu den anderen. Der Hitze zum Trotz füllten die Scherer sich ihre Teller randvoll mit dampfendem
Shepberd's Pie
, Kürbisgemüse und Erbsen und übergossen das Ganze anschließend großzügig mit Bratensoße. Bevor der Koch den Vanillepudding mit Dosenpfirsichen servierte, wischten sie ihren Teller mit dicken, butterbeschmierten Brotscheiben aus. Nach dem Essen zündeten die Männer sich Zigaretten an und reichten die große Blechkanne mit Tee herum.
Barney Holten erschien und schenkte sich ebenfalls einen Becher ein. »Wie läuft's denn so?«, wollte er wissen.
»Uns fehlt ein Mann. Der Junge, der aushelfen sollte, ist nicht aufgetaucht«, verkündete einer der Männer.
»Stimmt, wir brauchen noch einen, der da drinnen ein bisschen mit Hand anlegt. Können Sie nicht jemanden auftreiben? Für morgen vielleicht?«
»Ich sehe zu, was sich machen lässt«, versprach Barney.
Als die Männer zum Schuppen zurückkehrten, kam Barney auf Bob McBride zu. »Sie haben nicht zufällig noch einen kräftigen Jungen in ihrer Familie?«
»Um beim Scheren auszuhelfen?«
Barney nickte.
McBride schnippte seine Zigarette in den Sand. »Nein, aber dafür habe ich eine sehr fleißige Tochter. Abby hat schon öfter bei der Schur mitgearbeitet. Sie wäre sicher dabei, wenn die Männer nichts dagegen haben.«
Barney zögerte noch. Ihm fiel sonst niemand ein, der so kurzfristig einspringen konnte. Aber das Letzte, was sie gebrauchen konnten, war ein nutzlos in der Gegend herumstehendes Mädchen. Wenn sie allerdings schon beim Scheren ausgeholfen hatte, würde sie sich von den Männern nicht einschüchtern lassen und wüsste, was sie zu tun hatte. »Warum nicht? Dann frage ich sie mal, ob sie Lust hat.«
Abby hatte sich für den Transport der Hühner ein paar Säcke besorgt und fuhr mit Kevin, der helfen wollte, im Pritschenwagen zu den Pembertons hinauf. Mrs. Pemberton führte sie zu einem kleinen Gehege, in dem das Geflügel vorübergehend untergebracht war.
»Es sind hauptsächlich kleine Bantamhühner, ein paar Australorps und zwei Hähne«, erklärte sie und zeigte auf die bunt gemischte Gruppe, die ängstlich durch den Maschendraht äugte.
»Was ist denn das große Braune für eins?«, fragte Kevin.
»Ach das, das ist ein Truthahn. Obwohl er
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