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Späte Heimkehr

Späte Heimkehr

Titel: Späte Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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sie am Ende des Tages mit ihrem Vater nach Hause fuhr, war sie völlig erschöpft.
    Gwen erwartete sie bereits an der Haustür. »Der Ofen im Bad bullert schon wie eine kleine Dampfmaschine. Los, Abby, leg dich in die Wanne und lass dich einweichen.«
    »Das wäre prima. Danke, Mama.«
    »Na, wie hat sie sich gemacht?«, fragte Gwen und legte ihrem Mann den Arm um die Hüfte.
    »Gut. Sie ist eine großartige kleine Arbeiterin. Stellt sich kein bisschen an. Die anderen Burschen fanden sie auch sehr nett. Wie wär's jetzt mit einer kleinen Rückenmassage. Ich vergesse immer, dass Scheren nur ein anderes Wort für Kreuzschmerzen ist.«
     
    Im Laufe der folgenden zehn Tage machte Barney sich auffallend häufig in der Nähe des Scherschuppens zu schaffen, brachte Brandzeichen an oder trieb die Schafe in den Pferch und die fertig geschorenen auf andere Koppeln. Der Schuppen gehörte zu seinem Aufgabengebiet, wenn auch sein Vater einmal vorbeikam, um die Qualität der Vliese zu begutachten. Aber er stellte dem Klassierer lediglich einige Fragen, begrüßte die Männer, die ihn misstrauisch ansahen, mit einem knappen Kopfnicken und ging dann wieder.
    Während er seine Arbeit tat, ertappte Barney sich dabei, dass er Abby bei jeder sich bietenden Gelegenheit beobachtete. Obwohl sie sich sehr im Hintergrund hielt, weckte sie seine Aufmerksamkeit. Sie war nicht nur hübsch, fand er, sondern strahlte eine hinreißende Natürlichkeit aus.
    Einerseits wirkte sie durch ihre unverdorbene und ungekünstelte Art jünger, als sie tatsächlich war, gleichzeitig kam sie ihm jedoch im Vergleich zu einigen anderen Mädchen, die er kannte, wesentlich reifer vor. Sie strahlte Stärke aus und besaß ganz offensichtlich Verantwortungsbewusstsein.
    Barney sah ihr bei der Arbeit im Schuppen zu und stellte fest, dass sie keine Anstrengungen scheute. Einmal beobachtete er, wie sie sich mit einem störrischen Schaf abmühte, und als es ihr endlich gelungen war, das Tier in die Nähe des Pferches zu drängen, schwang er sich rasch zu ihr über den Zaun und half ihr, es hochzuheben.
    »Danke. Das ist ein echter Riese. Wiegt bestimmt eine Tonne«, bedankte sich Abby keuchend.
    Beinahe hätte er gesagt, sie solle nicht zu schwer heben, aber dann verkniff er sich diese persönliche Bemerkung lieber. Sie würde schon selbst wissen, was sie sich zumuten konnte. Ihr Lächeln war ihm Dank genug, und er summte fröhlich vor sich hin, als er sich wieder an die Arbeit machte.
    Wenn Abby es nicht hören konnte, wiesen die anderen Männer McBride scherzhaft darauf hin, dass der Boss verdächtig oft in der Nähe sei und jedes Mal stehen bliebe, um ein paar Worte mit seiner Tochter zu wechseln. Obwohl Bob genau wusste, dass sie ihn nur auf den Arm nehmen wollten, machte er sich Gedanken darüber. Eines Abends brachte er das Thema auf dem Nachhauseweg zur Sprache.
    »Der junge Holten scheint sich recht gern mit dir zu unterhalten, Abby. Ich weiß genau, dass du nichts dafür kannst, aber … na ja, ich wollte dir nur sagen, dass du aufpassen solltest. Wir wollen doch nicht, dass es Gerede gibt.«
    »Dad! Ich habe nicht mal Pieps gesagt! Wenn er stehen bleibt, um mit mir zu reden, kann ich ihn doch schlecht ignorieren. Das wäre doch unhöflich, oder?«
    »Natürlich, Abby. Aber du hast mir doch erzählt, dass er dich schon vorher einmal angesprochen hat. Ich möchte nur nicht, dass du ausgenutzt wirst. Ganz abgesehen davon, dass du das hübscheste Mädchen im ganzen Landkreis bist, hat er dich ja sozusagen gleich zur Hand.«
    »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen, Dad. An dem Tag, als ich schwimmen war, habe ich wirklich gedacht, dass er mir nachspioniert, aber das hat gar nicht gestimmt. Ich glaube, er ist in Ordnung. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf die Idee kommt, mit jemandem wie mir etwas anfangen zu wollen.«
    »Jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit«, sagte ihr Vater trocken. »Sei einfach etwas zurückhaltender.«
    »Das bin ich schon, da mach dir mal keine Sorgen.«
    Bob McBride klopfte ihr leicht aufs Knie. »Du lernst sicher bald einen netten jungen Burschen kennen. Wie wär's, wenn du mit Mama in die Stadt fährst und dir ein neues Kleid leistest, sobald du deinen Lohn bekommen hast. Kauf dir doch was Hübsches zum Tanzengehen. Es wird eine Menge Tanzveranstaltungen geben. Und wenn die Jungs dich erst einmal entdeckt haben, wirst du mehr Verehrer haben, als du bewältigen kannst.«
    Abby lachte und hob in gespielter Arroganz

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