Späte Heimkehr
dunkel werdenden Garten.
Mr. Richards' Worte klangen noch in ihrem Kopf nach, sie fühlte sich von einer selten gespürten stillen Zuversicht erfüllt und beschloss, ihren Mann zu suchen, um mit ihm zu sprechen.
»Phillip«, sprach sie ihn an, als sie ihn gefunden hatte. »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir noch einmal über Barneys Wunsch nachdenken sollten.«
Phillip blickte überrascht von seinem Briefmarkenalbum auf und nahm die Brille ab. »Wie war das, Enid?«
»Ich glaube, wir müssen das Mädchen und das Kind akzeptieren. Nur dann wird Barney wieder zu uns zurückkommen.«
»Sei nicht albern.«
»Ich will meinen Sohn nicht verlieren.«
»Gib ihm Zeit. Der kommt schon wieder zur Vernunft. Er kann dieses Mädchen auf keinen Fall heiraten, ob mit oder ohne Baby, und das ist mein letztes Wort.«
»Er liebt sie, Phillip.«
»Dann wird er eben lernen müssen, eine Frau zu lieben, die aus den richtigen Kreisen stammt. Dieses Mädchen ist eine völlig unpassende Partie – ein Arbeiterkind und noch dazu katholisch.«
»Ich war selbst Katholikin, bevor wir heirateten, Phillip. Auch wenn ich meinen Glauben nicht praktiziert habe.«
Enid hatte sehr leise gesprochen, trotzdem richtete Phillip sich empört auf. »Enid!«, keuchte er, »wie kannst du diese Geschichte nur wieder aufbringen? Wir hatten uns doch vor unserer Hochzeit darauf geeinigt, dass das Thema der Vergangenheit angehört. Schluss, aus und vorbei.«
Enid standen plötzlich wieder Bilder von damals vor Augen, und sie erinnerte sich an die langen, aufreibenden Diskussionen, die sie mit Phillip vor ihrer Ehe geführt hatte. In der schmerzvollen Zeit, als sie über den Verlust ihrer ersten großen Liebe trauerte, hatte sie mit ihrem Glauben gehadert und die Unfehlbarkeit der katholischen Kirche in Frage gestellt. Sie hätte sich beinahe von Gott abgewandt und hatte der katholischen Kirche auf Phillips Drängen hin schließlich sogar ganz abgeschworen, weil sie darin eine Möglichkeit sah, ihm zu zeigen, wie sehr sie ihm ergeben war. Damals hatte sie zugestimmt, ihre Kinder, falls sie und ihr Mann welche bekommen sollten, im presbyterianischen Glauben aufzuziehen. Phillip hatte ihr außerdem das Versprechen abgenommen, die Angelegenheit niemals wieder zu erwähnen, und sie hatte sich daran gehalten – bis zu diesem Tag.
»Wir haben damals nur geglaubt, damit sei alles vorbei.«
»Nur geglaubt … wovon redest du überhaupt?«, fuhr Phillip sie an.
Enid lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss die Augen. So hatte sie sich die Konfrontation mit Phillip nicht vorgestellt. Sie war allerdings erleichtert darüber, dass er sie nicht zur Antwort drängte, sondern still abwartete, bis sie sich wieder gefasst hatte.
»Entschuldige bitte. Ich möchte dich nicht aufregen, Phillip, aber in den letzten Jahren habe ich sehr häufig daran gedacht, dass ich gern wieder zum Katholizismus übertreten würde. Ich kann meinen Wunsch nicht besonders gut erklären, du musst Geduld mit mir haben«, bat sie, und ihrem Gesicht war anzusehen, in welchem Dilemma sie sich befand.
»Aber warum denn? Wozu? Weshalb solltest du dein Leben unnötig verkomplizieren wollen?«
Enid holte tief Luft. »Spielen die Unterschiede denn wirklich eine so große Rolle, Phillip? Die Grundlage einer Ehe sollten doch Liebe, Verständnis und Kompromissfähigkeit sein und nicht Aufopferung. Wahre Liebe setzt sich über alle Unterschiede hinweg, begreifst du das nicht?«
»Was willst du mir damit eigentlich wirklich sagen, Enid?« Phillip fühlte sich unwohl und verletzlich, so als könnte ihn der Panzer, den er sich über Jahre hinweg aufgebaut hatte, nicht länger schützen.
»Warum sollen Barney und Abby nicht heiraten, wenn sie sich so sehr lieben? Du verstößt deinen Sohn, Phillip. Das bisschen Familie, das wir hatten, schrumpft zu einem Nichts zusammen. Du wirst es noch bereuen. Aber ich habe es zumindest versucht. Es tröstet mich, dass wenigstens ich bereit war, Abigail zu akzeptieren.«
Enid sah erschöpft aus, sank wieder in ihren Sessel zurück und presste eine Hand auf ihr Herz.
»Du siehst das viel zu melodramatisch, Enid«, sagte Phillip sanft, weil ihm der Zustand seiner Frau plötzlich Sorgen bereitete. »Du weißt genau, dass ich Barneys Verhalten nicht billigen kann. Er wird schon noch zur Vernunft kommen. Amba bedeutet ihm zu viel. Komm, lass mich dich jetzt zu Bett bringen.«
Als Bob McBride am Abend mit Mr. Richards in die Küche trat, in der
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