Späte Heimkehr
Gesicht verdüsterte sich. »Ich dachte, wir hätten die Sache gestern besprochen, Abby. Ohne dich kehre ich nicht nach Amba zurück. Bitte, Liebling, bitte glaub mir, dass ich nicht vor dir weglaufe. Ich lasse dich nachkommen, das schwöre ich dir, wohin auch immer.«
Abby begann zu weinen, drehte sich von ihm weg und ging mit raschen Schritten den Weg hinunter, die Arme fest um den Körper geschlungen.
Barney lief ihr nach. »Um Gottes willen, Abby, was ist denn auf einmal los? Was hast du?«
Sie wirbelte herum und stieß mit tränenüberströmtem Gesicht hervor: »Ich kann dich nicht heiraten, Barney. Wie sollen wir denn glücklich zusammenleben, wenn wir beide wissen, was du aufgegeben hast, was du verloren hast. Die Schuldgefühle und Vorwürfe würden uns nach und nach kaputtmachen.«
»Aber diese Dinge spielen doch keine Rolle! Ich liebe dich, und du liebst mich, ganz egal wie sehr du versuchst, dich dagegen zu wehren. Wir sorgen schon dafür, dass alles gut wird. Wir müssen, Abby. Es ist zu spät, wir können nicht mehr zurück.« Barney griff nach ihrem Arm und zog sie dicht an sich. »Ich gebe dich nicht auf. Du bist mein Ein und Alles! Sag doch, dass du mich nicht liebst, Abby. Sag's mir.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und blickte ihr tief in die Augen. Sie wandte den Kopf ab, Tränen liefen ihr über die Wangen. »Du kannst es nicht. Du kannst es nicht sagen. Dann komm in Gottes Namen mit mir. Bitte, Abby.«
»Eben weil ich dich so sehr liebe, kann ich dich nicht heiraten. Denk doch mal ein bisschen weiter, Barney – unser Geld wird gerade so zum Überleben reichen, und dann wirst du mir und dem Kind vorwerfen, dass du nicht das Leben führen konntest, das dir eigentlich bestimmt war. Versuch bitte zu verstehen, dass es für uns alle so am besten ist.«
»Nein!«, rief Barney. Aber dann stand ihm auf einmal das Bild seiner Eltern vor Augen. Er erinnerte sich an die unerklärlichen Schuldgefühle, unter denen er als Kind gelitten hatte, weil er glaubte, für die Spannungen zwischen seinem Vater und seiner Mutter verantwortlich zu sein. War es das, was seine Mutter gemeint hatte, als sie ihm beim Abschied zuflüsterte: »Lass nicht zu, dass die Geschichte sich wiederholt«?
Barneys Gesicht nahm einen trotzigen Ausdruck an, aber seine Stimme klang dennoch zärtlich, als er sagte. »Ich werde nicht auf dich verzichten, Abby, und auch auf unser Kind nicht, ganz gleich, was du sagst. Ich melde mich bei dir und dann hoffe ich, dass du zu mir kommst und dass wir heiraten werden. Mehr will ich nicht.«
»Und dann leben wir glücklich und zufrieden bis in alle Ewigkeit?«, fragte Abby mit traurigem Lächeln.
»Ja. Etwas anderes möchte ich mir auch gar nicht vorstellen. Wenn wir erst verheiratet sind und ein Haus und Kinder haben, werden meine Eltern sich schon wieder beruhigen. Falls du mich aber nicht heiratest, bleibt jeder von uns allein. Komm, Abby, mach es uns doch nicht schwerer als nötig.« Er zog sie wieder an sich, bedeckte ihr Gesicht, ihren Hals und ihr Haar mit Küssen und sagte leise in ihr Ohr: »Ich liebe dich, Abby. Und ich werde dich immer, immer lieben. Bitte vergiss das nicht, egal was geschieht.«
Dann brach ihm die Stimme, und er musste den Blick von ihr abwenden. Er schwang sich aufs Pferd, drehte um und galoppierte eilig davon. Abby klammerte sich an den Torpfosten, legte einen Arm schützend um ihren Leib und brach in ein lautes Schluchzen aus, das ihren ganzen Körper erbeben ließ. Und als ihr klar wurde, dass sie das Wichtigste nicht gesagt hatte, brüllte sie ihm in den Wald nach: »Barney, ich liebe dich.« Aber er war weg.
Sie presste die Stirn gegen das splittrige Holz und weinte, wie nur jemand mit gebrochenem Herzen weinen kann.
Abby wusste nicht, wie lange sie dort todunglücklich am Boden vor dem Gatter gekauert hatte, aber als sie das Motorengeräusch eines sich nähernden Wagens hörte, rappelte sie sich auf und wischte sich die Augen mit einer Hand ab, die so staubig war, dass sie graue Schlieren auf ihrem Gesicht hinterließ.
In der Erwartung, Betsy zu sehen, spähte sie die Straße hinunter, stattdessen kämpfte sich ein sehr klapprig aussehender Truck den Weg herauf, der eine dicke Wolke aus Staub und Abgasen hinter sich herzog und vor der Abzweigung nach Anglesea anhielt. Der Fahrer stieg aus und nahm seinen speckigen Hut ab. Obwohl er nicht mehr der Jüngste war, hatte er einen sehr geraden Rücken und breite Schultern, einen dichten Vollbart
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