Späte Heimkehr
einen reibungslosen Nachschub an Steaks, Eiern mit gebratenem Speck, Porridge und Toasts mit selbst gemachter Maulbeermarmelade, bis alle ihren Hunger gestillt hatten.
Als Abby nach dem Frühstück auf der Veranda saß und Richie wiegte, kam Barney mit dem kleinen blauen Schächtelchen zu ihr, das ihm Mrs. Anderson bei der Hochzeit gegeben hatte.
»Hier habe ich noch etwas ganz Besonderes für dich. Eigentlich ist es mehr als ein Weihnachtsgeschenk, und es ist auch nicht von mir«, sagte er geheimnisvoll.
Abby nahm die Schachtel in die Hand und löste behutsam die kleine, kunstvoll geknotete Schleife. Dann hob sie den Deckel ab und holte das winzige in Seidenpapier gewickelte Geschenk heraus. Sie faltete das Papier ganz langsam auseinander und packte einen prächtigen mit Brillanten und Rubinen besetzten Ring aus.
Ihr stockte der Atem. »Ist der herrlich, Barney!« Aber dann sah sie seinen traurigen Blick.
»Meine Mutter hat ihn geschickt.« Seine Stimme klang erstickt, als er das sagte.
Abby griff rasch nach seiner Hand. »Barney, Liebling.«
»Er hat meiner Großmutter gehört. So eine Art Familienerbstück, könnte man sagen.« Er zögerte kurz und setzte dann hinzu: »Du weißt, was sie uns damit sagen will, Abby. Sie möchte, dass wir als Familie zusammengehören. Wir alle.«
Abby schob den Ring neben den schlichten goldenen Ehering auf ihren Mittelfinger und hielt Barney die Hand hin, damit er sie bewundern konnte. »Wenn doch nur dein Vater …«, sagte sie leise, führte den Satz dann aber nicht zu Ende, weil sie wusste, dass Barney ohnehin dasselbe dachte.
Auf Amba packte Enid an diesem Abend ihr Nähzeug zusammen, nahm die Hunde in den Arm und ging ohne Eile durch den Korridor zur Bibliothek.
»Gute Nacht, Phillip, und frohe Weihnachten.«
Phillip war gerade dabei, mit dem winzigen Schlüssel den verglasten Bücherschrank zu öffnen, als er seine Frau im Türrahmen stehen sah.
»Gute Nacht, meine Liebe. Auch dir eine schöne Weihnacht. Ich werde wohl noch etwas lesen.«
Enid nickte und ging auf ihr Zimmer. In der Dunkelheit stellte sie sich ans Fenster, blickte nach Anglesea hinüber und wünschte ihrem Sohn alles Glück der Erde.
Phillip saß in seinem ledernen Lehnstuhl in der Bibliothek, neben ihm brannte die Stehlampe. Er sah jedoch nicht auf die goldenen Lettern auf dem Ledereinband des ungeöffneten Buchs in seinem Schoß, sondern hatte die Augen geschlossen und fühlte sich sehr allein und sehr traurig.
Sie brachten die Spielzeuglokomotive, die Richie von Mr. Richards bekommen hatte, noch zwischen den Kisten und Bündeln auf dem Rücksitz des Wagens unter. Schließlich war der Augenblick gekommen, da alles erfolgreich verstaut war, Öl und Reifendruck waren überprüft, und sie hatten im Haus nachgesehen, ob sie auch nichts vergessen hatten. Jetzt blieb ihnen nichts mehr zu tun, als sich Lebewohl zu sagen.
Gwen drückte Richie an sich, und Bob beugte sich vor, um ihn auf den Kopf zu küssen.
Die Zwillinge klammerten sich schluchzend an Abby fest.
»Hört doch auf zu heulen«, sagte Kevin, der selbst mit den Tränen kämpfte. Er reichte Barney die Hand, umarmte Abby und wandte sich dann ab, um Brian an der Hand zu nehmen.
Barney streckte Bob die Hand hin, der sie erst nahm und ihn dann an sich drückte. »Pass gut auf mein Mädchen auf«, brummte er. Barney nickte, küsste Gwens tränenfeuchte Wange und nahm ihr dann Richie ab, damit sie ihre Tochter umarmen konnte.
Mutter und Tochter umarmten sich fest. »Ich liebe dich, Mama. Ich hoffe, dass ich eine so gute Mutter werde wie du.«
»Ich werde dich so vermissen, Abby … Aber ich wünsche dir, dass du glücklich wirst.«
Barney schob Abby und das Baby sanft in den Wagen, während Bob Brian auf den einen Arm nahm und den anderen seiner Frau um die Schulter legte.
Die Rufe und Glückwünsche wurden allmählich leiser, als der Wagen langsam den Weg hinunterfuhr, und dann standen alle schweigend da, nur der kleine Brian winkte und sagte beinahe zu sich selbst: »Auf Wiedersehen … Auf Wiedersehen.«
Zwei Tage später war Gwen gerade dabei, den Tisch für Bob zu decken, der kurz ins Haus gekommen war, um eine kleine Pause einzulegen. Er wusch sich die Hände in der Küchenspüle, während sie ihm heißen Tee einschenkte. Als sie im Hof einen Wagen hörte, stellte Gwen rasch die Teekanne ab und ging zur Tür.
»Bob, kommst du bitte ganz schnell.« Ihre Stimme klang verängstigt. Bob eilte zu ihr und sah einen
Weitere Kostenlose Bücher