Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
gesteuert hat. Und der Rat des IIF -Präsidenten ist in der Diskussion um die Reform der Finanzbranche und neuerdings auch bei der Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise überall gefragt. Josef Ackermann ist zum Doyen der globalen Finanzbranche aufgestiegen.
Mehr noch als in den Jahren davor jettet er rund um den Globus. Peking, Schanghai, Hongkong, Singapur, Tokio, Seoul, Neu Delhi, London, Paris, Den Haag, Mailand, Istanbul, St. Petersburg, Buenos Aires, Lima, Brasilia – das sind nur einige der Stationen, an denen er in diesen Monaten haltmacht. Und fast überall wird er vom Regierungschef oder Staatsoberhaupt empfangen.
Als Dominique Strauss-Kahn, der Chef des Internationalen Währungsfonds, über eine Sex-Affäre stürzt, dauert es nicht lange, bis auch der Name Ackermann als Nachfolgekandidat fällt. Sogar einflussreiche Mitglieder der Berliner Regierungskoalition wie der Union-Fraktionsvize Michael Fuchs setzen sich für den Schweizer als deutschen Gegenkandidaten zur französischen Finanzministerin Christine Lagarde ein.
Während sich Josef Ackermann zunehmend auf der großen Weltbühne tummelt, dreht sich die »speculatio praecox« ( Börsenzeitung ) um die Nachfolge zu Hause im Kreis. Stets aufs Neue werden die üblichen Verdächtigen aus dem Führungszirkel der Bank genannt, ihre jeweiligen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen, um am Ende immer wieder festzustellen: Einen Kronprinzen gibt es nicht. Einmal steht der eine Kandidat im Scheinwerferlicht, dann wieder eine anderer.
Einmal rückt Risikochef Hugo Bänziger in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Global Association of Risk Professionals in New York hat ihn gerade frisch zum »Risiko-Manager des Jahres« gewählt. Und in Berlin siedelt er ein globales Zentrum für Risikomanagement an, das bis zu 700 hochqualifizierte Arbeitsplätze umfassen soll. Gibt hier jemand seine Bewerbungsunterlagen für den Top-Job ab?, fragen sich manche.
Wenige Tage darauf kommt dann plötzlich Deutschlandchef Jürgen Fitschen groß heraus. Fitschen, so die Financial Times Deutschland , sei »für die Deutsche Bank eine Schlüsselfigur« und gelte vielen als »zweitwichtigster Manager des Finanzkonzerns«. Sein Vertrag laufe in gut einem Jahr aus, werde er verlängert und finde Börsig nicht parallel dazu einen wirklich starken Nachfolger für Ackermann, wäre Fitschen »unweigerlich der ungekrönte König der Bank«. Dies würde »die Fliehkräfte zwischen dem deutschen Kern und dem angelsächsisch geprägten Investmentbanking noch verstärken – vor allem, wenn der von den Kapitalmärkten favorisierte Chefinvestmentbanker Anshu Jain an die Stelle Ackermanns rückte«. Der Artikel mutet manche schon damals wie ein Referenzschreiben für eine Doppelspitze Jain-Fitschen an.
Ende August 2010 beraten die Vertreter der Kapitalseite im Beisein des Vorstandsvorsitzenden auf einer Klausurtagung im Golfhotel Margarethenhof oberhalb des Tegernsees darüber, was der künftige Deutsche-Bank-Chef idealerweise für den Posten mitbringen sollte. Ergebnis: Der Neue sollte die Bank nach innen operativ führen und nach außen in der Welt repräsentieren sowie die Bank zusammenhalten können, sich im europäischen Kulturraum zu Hause fühlen und Deutsch sprechen – »eine Art Ackermann II «, wie das managermagazin schreibt. »Der Chef der Deutschen Bank«, hatte der Schweizer selbst einmal gesagt, »braucht ein gutes Verständnis der globalen Zusammenhänge, zugleich aber auch der deutschen Verhältnisse, und er muss die unterschiedlichen Kulturen in den verschiedenen Geschäftsbereichen zusammenführen können.« Dabei seien »Fähigkeiten und Charakter« wichtiger als der Bereich, aus dem er komme.
Als ich Josef Ackermann in diesem Herbst frage, wen er sich denn als seinen Nachfolger vorstellen könne, antwortet er: »So jemanden wie Axel Weber.« Aus seiner Bewunderung für den ehemaligen Volkswirtschaftsprofessor und amtierenden Bundesbankpräsidenten hatte er seit dem Rettungskrimi um die HRE keinen Hehl gemacht. In Axel Weber erkennt sich Josef Ackermann zu einem guten Teil selbst wieder.
In vielen Begegnungen hat er den Pfälzer als brillanten Analytiker, global vernetzten Notenbanker und, besonders bei der Rettung der HRE , als ebenso stressresistenten, besonnenen sowie entschlossenen und durchsetzungsfähigen Akteur kennen- und schätzengelernt. Eine »Persönlichkeit«, die »steht, wenn es kritisch wird«, wie er sagt. Hinzu kommt: Weber ist völlig
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