Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
Welt -Journalist will dem Deutsche-Bank-Chef den Kandidaten Weber schon kurz nach der Rücktrittsankündigung in einem mitternächtlichen Gespräch im Regent-Hotel in Hongkong bemerkenswert engagiert ausreden: Der Bundesbanker verstehe doch nichts vom kommerziellen Bankgeschäft!
Ohne konkret auf den Pfälzer einzugehen, erwidert Ackermann, er habe offenbar falsche Vorstellungen von den Aufgaben eines Vorstandsvorsitzenden. Dabei gehe es weniger um banktechnische Detailkenntnisse als um die großen Linien und strategisches Denken. Im Übrigen könne »die richtige Persönlichkeit alles lernen«, Persönlichkeit hingegen könne man nicht lernen.
In den folgenden Wochen und Monaten setzen die Welt und ihr Schwesterblatt Welt am Sonntag , so hat es den Anschein, gleichwohl alles daran, Axel Weber als Nachfolger von Josef Ackermann zu verhindern. Sie können sich dabei offenbar auf starke Kräfte innerhalb der Bank stützen. Ende Februar berichtet die Welt am Sonntag , in der Deutschen Bank gebe es »breiten Widerstand« gegen den scheidenden Bundesbanker. Lasse der Vorstandsvorsitzende nicht von seinem Favoriten ab, sei gar eine »Palastrevolution« nicht mehr auszuschließen. Ackermann spiele »auf Zeit«. Damit wolle er Weber im Rennen halten, mit dem erst ab Mai Gespräche geführt werden könnten, nachdem er die Bundesbank verlassen habe. »Immer mehr führende Vertreter des Hauses« wollten dies nicht länger hinnehmen. »Ihre einhellige Meinung«: Entweder der Schweizer gebe jetzt ein »klares Bekenntnis für den Verbleib bis zum Ende seiner Amtszeit« im Mai 2013 ab und distanziere sich gleichzeitig von Weber, damit »wieder Ruhe in die Bank« komme, »oder der Prozess muss beschleunigt werden«.
Tatsächlich hat jedoch nicht nur Josef Ackermann Weber auf dem Zettel, sondern auch der zuständige dreiköpfige Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats (Mitglieder: Clemens Börsig, sein Freund Tilman Todenhöfer sowie Ex-Bayer-Chef Werner Wenning). Sie wollen mit dem Bundesbankchef sprechen, sobald er aus dem Amt ausgeschieden ist. Zumal mit den Klagen der US -Regierung und der Stadt Los Angeles gegen die Deutsche Bank der Stern des internen Topkandidaten Jain gerade zusehends an Strahlkraft verliert.
Im April heizt ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den »Kampf der Diadochen«, wie das Blatt die Auseinandersetzung um das Ackermann-Erbe nennt, weiter an. In der Bank gebe es »Getuschel«, Stefan Krause, im Vorstand für Finanzen zuständig, habe eine neue Partnerin, ein »ehemaliges Model«, das in New York eine Lifestyle-Marke u.a. für »Taschen aus Krokodil- und Schlangenleder« betreibe. Die »glamouröse Jet-Setterin« habe eine »kurzfristige Vorgängerin« abgelöst, die der ehemalige BMW -Manager »an der nominellen Gattin vorbei« von München nach Frankfurt »mitgebracht« habe. Das »Zwischenglück« sei »eher unschön« zu Ende gegangen. Garniert wird das Ganze mit einem Schnappschuss, der das Paar in ausgelassener Stimmung bei einer Poolparty in Monte Carlo zeigt.
Als ich am Sonntagmorgen mit Josef Ackermann über den Bericht telefoniere, ist er für eine Weile sprachlos. In seinem langen Berufsleben hat er schon manches erlebt – aber eine solche Intrige ist ihm noch nicht untergekommen. Natürlich geht auch er davon aus, dass der Artikel nicht zufällig erschienen ist, sondern gezielt angestoßen wurde. Ich soll herausfinden, von wem.
Als langjähriger Journalist weiß ich, dass seriöse Medien ihre Quellen hüten wie ihren Augapfel. So bleibt nur die Frage: Cui bono? Schon am nächsten Tag verbreiten Spin-Doktoren in Frankfurt, mit dem Artikel sollte die gefährlichste deutsche Alternative zu Axel Weber im Vorstand der Bank diskreditiert und diesem der Weg geebnet werden. Der Schmutzfink sei demnach im Ackermann-Lager zu verorten. Der Pfeil aus dem Hinterhalt zielt auf mich.
Es ist eine bewusste und böswillige Falschinformation. Tatsache ist hingegen: Der Artikel lädt die Atmosphäre im Haus dramatisch auf, Unruhe und gegenseitiges Misstrauen nehmen sprunghaft zu. Diejenigen, die schon seit Monaten auf eine schnelle Lösung der Top-Personalie drängen, bekommen Rückenwind.
Und ich weiß jetzt endgültig, dass ein harter, auch über die Medien ausgetragener Erbfolgestreit bevorsteht, der die Bank, ihren Chef und nicht zuletzt auch mich als Kommunikationschef vor besondere Herausforderungen stellt.
Um etwas Abstand vom Büro zu bekommen und meine Gedanken zu ordnen,
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