Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
Asiens zu wachsen.
Kurz darauf macht sich Laurence Fink, Chef des weltgrößten Investmentfonds Black Rock und zugleich größter Einzelaktionär der Deutschen Bank, für Jain stark: »Anshu hat einen phantastischen Job gemacht. Er wäre«, so Fink, »ein sehr guter Deutsche-Bank-Chef oder Chef irgendeiner anderen erstklassigen Finanzinstitution.«
Unterdessen hat sich der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats mit Axel Weber getroffen. Die Ober-Kontrolleure sind von dem Gespräch offenbar sehr angetan, ihr Anführer soll den Faden weiterspinnen.
Ende Juni verkündet jedoch der Schweizer Wettbewerber UBS für viele überraschend , dass der ehemalige Bundesbankpräsident im Mai des darauffolgenden Jahres in seinen Verwaltungsrat eintreten und ein weiteres Jahr später dann dessen Vorsitz übernehmen werde. Der Posten ist eine dem Chairman im angelsächsischen Management Board vergleichbare Funktion ohne operative Verantwortung für das Tagesgeschäft, aber – anders als beim deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden – mit bestimmendem Einfluss auf die Strategie.
Weber »hätte Ackermanns Nachfolge gerne angetreten«, schreibt die Süddeutsche , die mit dem Pfälzer anscheinend gesprochen hatte. Börsig habe ihm gegenüber aber »offensichtlich die Bedenken in den Mittelpunkt« gestellt, »ein klares Bekenntnis« zu ihm sei ausgeblieben.
Alle Welt fragt sich nun, hat der Aufsichtsratsvorsitzende es vermasselt? Hat er vielleicht sogar Ackermann ausgebremst? Oder hat Axel Weber für sich schlicht die bessere Lösung gewählt? Josef Ackermann weiß nicht, was er glauben soll. Er ist schwer verschnupft.
Sicher ist: Clemens Börsig ist kein begnadeter Unterhändler. Sicher ist ebenso: Er und Axel Weber sind sich noch fremder als er und Josef Ackermann. Und sicher ist schließlich: Der Posten in der Schweiz hat für den Ex-Notenbanker im Vergleich zur Deutschen Bank einige erhebliche Vorzüge.
Drei Einwände, die in Deutschland gegen ihn erhoben worden waren, entfallen hier. Erstens: mögliche Interessenkonflikte als ehemaliger Euro-Hüter und Bankenaufseher. Zweitens: die fehlende operative Erfahrung in einer Geschäftsbank. Und drittens: gewichtige Vorbehalte oder gar Widerstände beim neuen Arbeitgeber.
Josef Ackermann jedenfalls sieht sich düpiert. Nun muss er den Preis dafür bezahlen, dass er dem Thema Nachfolge immer zu wenig Beachtung geschenkt hat.
Ackermann ist kein Mensch, der in Seilschaften denkt. Daheim im Elternhaus in Mels hat er gelernt, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Protektion erscheint dem Schweizer Demokraten als feudalistisches Überbleibsel, der Anhänger des Leistungsprinzips sieht darin eine Verzerrung des Wettbewerbs und eine Qualitätsbremse.
Abgesehen davon, dass nach dem deutschen Aktienrecht die Wahl des Vorstandsvorsitzenden dem Aufsichtsrat obliegt, denkt er so gar nicht daran, einen Nachfolger aufzubauen. Nach dem missglückten Wechsel 2009 muss er sich auf ausdrücklichen Wunsch des Kontrollgremiums dann doch um das Thema kümmern.
Anspruchsvoll und zugleich kompromisslos wie Ackermann ist, spricht er sich für den in seinen Augen besten Mann aus. Einen Externen, bis vor kurzem noch Bundesbankchef und EZB -Chef in spe, den zu holen so oder so keine leichte Übung sein würde.
Und diese delikate Aufgabe zu erledigen, die Personalie in trockene Tücher zu bringen, das muss der Schweizer dann jemandem überlassen, der nicht gerade für sein Fingerspitzengefühl bekannt ist. Und zu dem er seit seinem unnachsichtigen Kurs in der sogenannten Spitzelaffäre überdies ein angespanntes Verhältnis hat.
Schließlich, als wäre das immer noch nicht genug für Murphy’s Gesetz: Just zu dem Zeitpunkt, da der Nachfolge-Prozess in seine entscheidende Phase kommt, ist der Deutsche-Bank-Chef durch Griechenland und die Euro-Schuldenkrise maximal absorbiert und als Shuttle-Diplomat ständig zwischen Europas Hauptstädten unterwegs.
Nach der Absage Webers geht alles ganz schnell. Anfang Juli, noch bevor der Nominierungsausschuss zur Vorbereitung der entscheidenden Sitzung des Aufsichtsrats über die Top-Personalien entschieden hat, können die Mitglieder des Kontrollgremiums der Welt entnehmen, Vorsitzender Börsig werde bald mit einem »plausiblen Vorschlag aufwarten«. Das Blatt weiß auch schon, wie dieser aussieht: Eine Doppelspitze aus Jürgen Fitschen und Anshu Jain habe »vieles von dem, was die Deutsche Bank jetzt braucht«. Der Deutsche könne dem gebürtigen Inder mit britischem
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