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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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schluchzend im Zeugenstand und hielt sich die Hände vors Gesicht.
    »Brauchen Sie ein paar Minuten Zeit, um sich zu beruhigen?«, fragte Richterin Wagner.
    Johnson schüttelte den Kopf, bemüht, sich zusammenzureißen.
    »Warum haben Sie die Probe verunreinigt?«, fragte Alex.
    »Was?« Johnson machte einen orientierungslosen Eindruck.
    »Die Probe – die Fingernagelprobe?«
    »Das habe ich nicht mit Absicht getan.«
    »Aber als ich Sie gefragt habe, warum Sie die Referenzproben getestet haben, haben Sie geantwortet, um die Fingernagelprobe zu verunreinigen.«
    »Nein, so war es nicht! Ich habe die Referenzproben nicht getestet, um die Fingernagelprobe zu verunreinigen. Die hatte ich schon vorher verunreinigt.«
    »Wie ist das passiert?«
    »Ich musste niesen.«
    Im Gerichtssaal war Gelächter zu hören. Richterin Wagner unterband es mit einem eisigen Blick.
    »Sie mussten niesen«, wiederholte Alex. Er hatte gar nicht vorgehabt, ungläubig zu klingen, allein schon, um Johnson nicht in seinem Redefluss zu stören. Aber er konnte die Überraschung nicht ganz aus seiner Stimme verbannen.
    »Ich habe gespürt, wie sich das Niesen angebahnt hat, aber es ließ sich nicht mehr verhindern.«
    »Hätten Sie nicht einen Mundschutz tragen müssen, um genau so etwas zu vermeiden?«
    Johnson machte einen völlig verzweifelten Eindruck, obwohl es eigentlich gar nicht mehr schlimmer kommen konnte. »Ja, hätte ich … und ich wollte auch gleich wieder einen anziehen. Den alten hatte ich gerade weggeworfen, aber … wie Sie bereits gesagt haben, wir arbeiten unter sehr hohem Zeitdruck … Ich hab’s einfach vergessen.«
    Alex spürte, dass das noch nicht alles war. Es würde schmerzhaft für Johnson werden, aber er musste weiter nachhaken.
    »Was ist also passiert, als Sie geniest haben? Wurde die Probe vom Tisch gefegt?« Er wusste, dass das grausam war.
    »Nein, aber verunreinigt war sie trotzdem.«
    »Was haben Sie also getan?«
    Johnson machte einen panischen Eindruck. »Was meinen Sie?«
    »Sie haben ausgesagt, dass Sie die Ersatzproben geholt haben, nachdem Sie die Fingernagelprobe verunreinigt hatten. Warum?«
    »Weil ich eine neue Probe herstellen wollte.«
    Die Anwesenden schnappten nach Luft.
    »Eine neue Probe?«, fragte Alex.
    »Ja.«
    »Und haben Sie eine neue Probe hergestellt?«
    »Ja«, antwortete Johnson mit kaum hörbarer Stimme.
    »Wie ging das ? «
    »Mithilfe der Referenzproben des Opfers und des Verdächtigen. Ich habe von beiden eine kleine Menge abgezweigt, sie zu einer neuen Probe vermischt und diese zur Polymerase-Kettenreaktion in den Thermocycler getan.«
    »Hat Sie denn niemand dabei beobachtet?«
    »Nein, mich hat niemand beobachtet. Alle waren in ihre eigene Arbeit vertieft. Wir standen wie gesagt ziemlich unter Druck.«
    »Aber hinterher? Hat denn keiner gemerkt, dass es sich bei der Probe nicht um ein Stück Fingernagel mit geronnenem Blut gehandelt hat?«
    »Der Test wirkt zerstörend. Hinterher bleibt nichts mehr übrig.«
    »Es war also diese gefälschte Probe, die amplifiziert, separiert und dem Angeklagten zugeordnet wurde?«
    »Einspruch, Euer Ehren«, sagte Sarah Jensen und sprang auf. »Die Frage besteht aus mehreren Teilen und ist darauf angelegt, den Zeugen zu Schlussfolgerungen zu drängen. Dieser Zeuge hat keinen der angesprochenen Arbeitsschritte selbst ausgeführt und ist daher nicht qualifiziert, sie zu bestätigen, es sei denn, er hätte persönlich dabei zugesehen. Da im Labor aber, wie er ja bereits ausgesagt hat, viel zu tun war, können wir dies mit ziemlicher Sicherheit ausschließen.«
    Alex wusste, dass er die Anklage in die Enge getrieben hatte. Nicht umsonst erhob Sarah mit einer derart kleinlichen, verfahrenstechnischen Begründung Einspruch. Sie war erledigt.
    »Möchten Sie die Frage umformulieren, Mr Sedaka?«
    »Ja, gerne. Mr Johnson, war es diese gefälschte Probe, die Sie abgezeichnet und ins Lager gebracht haben?«
    »Ja«, antwortete Johnson mit erstickter Stimme. Die Tränen flossen jetzt in Strömen.
    »Keine weiteren Fragen.«
    Alex setzte sich mit ernster Miene hin. Andi versuchte vergeblich, sich ein Lächeln zu verkneifen. Claymores Reaktion war von allen die seltsamste. Er sah Andi an, mit völlig ausdruckslosem Gesicht.
    »Erneute Befragung durch die Anklage?«
    »Nein, Euer Ehren«, sagte Sarah Jensen unbehaglich.
    Ellen Wagner richtete ihren Blick auf Steven Johnson, der hemmungslos in seine Hände schluchzte. »Dann ist der Zeuge hiermit entlassen. Von

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