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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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in kurzer Zeit abarbeiten?«
    »Ja«, gab Johnson zu, dessen Stimme jetzt ganz klein war.
    »Haben Sie unter diesen Umständen nicht vielleicht auch mal etwas vergessen? Zum Beispiel die nötige Vorsicht im Umgang mit einer Probe?«
    Johnson schien nicht zu wissen, was er antworten sollte, und Alex spürte, dass er den jungen Mann in die Ecke getrieben hatte. Der Zeuge war am Ende. Alex konnte zwar keine Gedanken lesen, aber er war erfahren genug, um Johnson zu durchschauen. Er sah dem Jungen fest in die Augen, als wollte er sagen: Du kannst deinen Fehler nicht vertuschen.
    »Ich habe keinen Fehler gemacht«, sagte Johnson schließlich verzweifelt. »Ich bin genau nach Vorschrift vorgegangen.«
    Mit dieser Standardantwort sicherten sich alle Mitarbeiter des Labors ab. In der Ausbildung hatten sie gelernt, dass ihnen niemand einen Vorwurf machen konnte, wenn etwas schiefging, obwohl sie nach Vorschrift vorgegangen waren.
    Alex blickte auf das Protokoll hinab, das vor ihm lag. »Was haben Sie getan, bevor Sie die Probe amplifiziert haben?«
    »Ich … ich weiß es nicht mehr. Dazu müsste ich im Protokoll nachsehen.«
    »Das habe ich hier vor mir liegen.«
    Alex reichte dem Gerichtsdiener zwei Kopien, der eine an die Richterin und eine an Johnson weitergab. Die Anklagevertretung brauchte keine, da sie es gewesen war, die der Verteidigung die Protokolle ausgehändigt hatte. Johnson nahm das Blatt Papier mit zitternden Händen entgegen.
    »Könnten Sie sich bitte die Zeilen über dem Eintrag ansehen, in dem Sie die Amplifizierung der Probe aus dem Bethel-Newton-Fall protokollieren?«
    »Ja.«
    »Was haben Sie da getan?«
    »Ich habe Ersatzproben der Referenzproben von Bethel Newton und Elias Claymore zurück ins Lager gebracht.«
    »Dann sehen Sie sich jetzt bitte die Zeile direkt davor an.«
    »Ja.« Johnsons Stimme war jetzt kaum noch zu hören.
    »Könnten Sie uns bitte mitteilen, was Sie dort vermerkt haben?«
    »Ich habe die Referenzproben von Bethel Newton und Elias Claymore getestet.«
    Claymore beugte sich auf seinem Platz neben Andi gespannt nach vorn, weil er endlich einen Hoffnungsschimmer wahrzunehmen glaubte.
    »Und wie viel Zeit lag zwischen diesen beiden Einträgen?«
    Steven Johnson blickte aufs Protokoll hinunter, obwohl er – wie Alex spürte – die Antwort auswendig wusste.
    »Vier Minuten?«
    »Wozu haben Sie die Ersatzproben überhaupt aus dem Lager geholt, nur um sie vier Minuten später wieder zurückzubringen?«
    Johnson brach in Tränen aus. »Weil ich die Fingernagelprobe verunreinigt habe.«

Mittwoch, 26. August 2009 – 14.50 Uhr
    Bridget Riley und Detective Nadis hatten ihr Verhör in der Alta-Bates-Klinik beendet und auf der Wache ihre Berichte geschrieben. Als Detective Nadis Riley anschließend zum San Francisco International Airport fuhr, klingelte sein Handy. Er lauschte fast die ganze Zeit und ließ nur ab und zu ein Brummen oder ein »Aha« einfließen. Nachdem er aufgelegt hatte, machte er ein bekümmertes Gesicht.
    »Sie sehen aus, als hätte Sie gerade der Sensenmann ins Visier genommen«, scherzte Bridget und versuchte so, der Sache einen humorvollen Anstrich zu geben.
    »So fühle ich mich auch«, gab Nadis zu.
    »Warum, was ist los?«
    »Wir haben gerade die Ergebnisse des DNA-Abgleichs zwischen Louis Mannings Referenzprobe und Bethel Newtons Fingernagelprobe reingekriegt.«
    »Und?«
    »Sie stimmen überein.«
    Bridget fuhr der Schreck in die Glieder. »Aber bei Claymore gab es doch auch eine Übereinstimmung.«
    Nadis verzog das Gesicht. »Es handelt sich ja auch um Y-Chromosomen-DNA. Die lässt sich nicht so eindeutig zuordnen wie Kern-DNA. Im Fernsehen haben sie gesagt, dass jeder 500. Afroamerikaner dieses DNA-Profil hat. Das sind laut Verteidigung 37 000 schwarze Männer oder sogar noch mehr.«
    »Claymore kann jetzt also behaupten, dass es Manning war«, stellte Bridget fest. »Und Manning wird behaupten, dass es Claymore war. Und am Ende kommen beide straflos davon.«
    »Es sei denn, wir finden noch andere Beweise.«
    Bridget hob eine Augenbraue. »Es gibt doch weitere Beweise. Und die sprechen gegen Claymore.«
    »Aber dieser Klugscheißer von Verteidiger durchlöchert sie gerade.«
    »Und jetzt müssen wir ihm auch noch die Übereinstimmung mit Manning melden.« Sie starrte mürrisch vor sich. »Na ja, wie heißt es so schön: Shit happens.«

Mittwoch, 26. August 2009 – 14.55 Uhr
    Während Alex noch verdaute, was Johnson gerade gesagt hatte, stand der junge Mann

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