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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Telefonleitung.
    »Erwischt«, sagte er. »Allerdings nennen die Leute uns normalerweise nicht Intellektuelle, sondern Fachidioten.«
    »Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie du dir irgendein ellenlanges, verrücktes Passwort wie ›Rumpelstilzchen‹ ausdenkst.«
    Zumindest liest sie Märchen, dachte er. »Nein, mein Passwort ist ziemlich kurz. Dadurch ist es leichter zu merken, und man macht weniger oft Tippfehler.«
    »Ist die Länge des Passworts nicht eigentlich egal? Hauptsache ist doch, dass man sich das Wort gut merken kann, weil man einen Bezug dazu hat.«
    »Deshalb benutze ich auch immer den Mädchennamen meiner Mutter.«
    »Sind das nicht zwei Wörter?«, fragte sie mit einem mädchenhaften Kichern.
    »Natürlich nur den Nachnamen«, erklärte er.
    »Ich werde dich natürlich nicht fragen, wie der lautet. Hör mal, ich muss jetzt auflegen, weil ich Linda versprochen habe, sie bei der Arbeit anzurufen. Aber vielleicht könnte ich ja morgen noch mal anrufen?«
    »Klar. Das wäre schön. Ich habe die ganze Woche Nachtdienst.«
    »Alles klar, dann rufe ich morgen an. Kann ich dich tagsüber auch erreichen?«
    »Nein, ich bin nur nachts im Dienst: von zehn Uhr abends bis sechs Uhr morgens.«
    »Gut, dann melde ich mich morgen um dieselbe Zeit.«
    Nachdem sie aufgelegt hatte, versuchte sich Paul Greenberg wieder in seinen Roman zu vertiefen, aber er konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren.

Sonntag, 30. August 2009 – 09.50 Uhr
    Aber sie rief nicht zur selben Zeit wieder im Government Center an, sondern am Sonntagmorgen.
    »Ventura County Government Center«, meldete sich die Frau von der Zentrale. Sie hatte eine dieser künstlich gut gelaunten Stimmen, die jedes Wort zuckersüß klingen ließen.
    »Könnten Sie mich bitte mit dem Systemadministrator der IT-Abteilung verbinden?«, fragte die Anruferin. Ihre Stimme hörte sich tiefer an als beim letzten Anruf, weil sie jetzt wie eine ernst zu nehmende, gebildete Person klingen wollte und nicht wie ein naives Blondchen. Die Zentrale sollte sie auf keinen Fall zu irgendeinem Praktikanten durchstellen, der keinen Zugriff auf die Computerkonsole hatte.
    »Wer spricht da bitte?«
    »Oh, äh … Barbara«, antwortete die Frau verwirrt, fast so, als müsste sie sich erst an ihren Namen erinnern. »Barbara Jackson.«
    »Einen Moment, bitte.«
    »Systemadministrator«, meldete sich eine Männerstimme.
    »Hallo, kann ich bitte mit Paul Greenberg sprechen?«
    Jetzt klang sie wieder wie die einfältige Blondine, weil sie mit höherer, fast piepsiger Stimme sprach.
    »Der ist leider momentan nicht hier. Er hat diese Woche Nachtschicht.«
    »Oh Gott, das tut mir leid«, sagte die Frau und klang peinlich berührt. »Ich mache mich wohl gerade vollkommen lächerlich.«
    »Wieso?«
    Sie glaubte, eine Art neugierige Erregung in der Stimme des Systemadministrators wahrzunehmen.
    »Na ja, letzte Nacht habe ich bei ihm angerufen, weil ich mich verwählt hatte. Und dann sind wir irgendwie ins Gespräch gekommen. Er klang total süß.«
    »Oh ja, er hat …« Der Systemadministrator verstummte, und die Frau wusste auch, warum: weil ihm fast ein »Er hat mir alles erzählt« herausgerutscht wäre, bevor ihm aufgegangen war, dass er Paul so als indiskret bloßgestellt hätte.
    »Ja?«
    Greenbergs Kollege suchte krampfhaft nach einer alternativen Antwort. »Er arbeitet diese Woche nachts«, erklärte er und merkte erst hinterher, dass er das bereits gesagt hatte.
    »Sie dürfen mir wahrscheinlich nicht verraten, ob er … nein, ich frage lieber nicht.«
    »Was denn?«, fragte der Mann und lächelte. Es machte Spaß, ihr zuzuhören. Sie hatte so eine mädchenhafte Art, vor sich hinzuplappern, genau wie Paul gesagt hatte.
    »Na ja, mich würde interessieren, ob er eine Freundin hat.«
    Jetzt grinste der Systemadministrator breit. Kein Wunder, dass Paul nicht aufhören konnte, von ihr zu schwärmen.
    »Soviel ich weiß nicht.«
    Aber das wird sich bald ändern , dachte er. Sieht aus, als hätte Paul eine Glückssträhne.
    »Er hat also keine Freundin?«
    Greenbergs Kollege begriff, dass er einen Fauxpas begangen hatte. »Ich meine, er hat gerade mit seiner letzten Freundin Schluss gemacht. Er ist noch … äh … ziemlich mitgenommen deswegen, auch wenn man es ihm nicht anmerkt.«
    »Oh … verstehe. Könnten Sie mir vielleicht ein paar Fragen zu Paul beantworten? Ich weiß, dass sich das nicht gehört, aber ich bin einfach so neugierig.«
    »Was für Fragen denn?«
    Wenn sie nicht so

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