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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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beim Prozessgericht zu beantragen, aber in diesem Fall drängte die Zeit. Ich wusste, dass die Zeugin nur ungern vor Gericht erscheint, daher mussten wir ihr zumindest die gesetzlichen fünf Tage Vorlauf gewähren, sonst hätte sie einen Aufschub beantragt. Und wir wollten das Verfahren nicht noch mehr verzögern. Die nächste Sitzung war für Montag angesetzt, und es war später Mittwochabend, als uns klar wurde, dass diese Zeugin relevante Informationen hat. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich in Ventura County, genau wie die Zeugin. Daher musste ich mich der Notlösung bedienen, die Eilvorladung beim dortigen Gericht zu beantragen, natürlich mit der Absicht, sie hinterher von Ihnen genehmigen zu lassen.«
    »Und worin genau bestehen die relevanten Informationen, die diese Zeugin vorzubringen hat?«, fragte die Richterin.
    »Nun ja, wir wissen nicht genau, was sie tatsächlich vorbringen wird , Euer Ehren. Deshalb würden wir das Gericht gerne um Erlaubnis bitten, Mrs Vance als Zeugin der Gegenseite behandeln zu dürfen.«
    »Das wird ja immer besser«, murmelte Sarah belustigt.
    »Also gut, nehmen wir mal für einen kurzen Moment an, dass sie aussagen wird, was Sie sich von ihr erhoffen«, sagte die Richterin. »Um was handelt es sich dann dabei?«
    »Wir glauben, dass Mrs Vance mit Bethel Newton in Kontakt stand, entgegen ihrer Verpflichtung, sich von ihr fernzuhalten. Wir glauben außerdem, dass sie Miss Newtons Aussage beeinflusst haben könnte.«
    »Großartig!«, rief Sarah und schlug sich auf den Schenkel. »Wenn das der Fall wäre, müsste Mrs Phoenix sofort als Verteidigerin zurücktreten, weil es dann nämlich einen Interessenskonflikt gäbe. Aus meiner Sicht müsste sie ohnehin zurücktreten wegen des ungeklärten Vorwurfs, sich in die DNA-Datenbank gehackt zu haben.«
    Obwohl Andis Antwort der Richterin galt, drehte sie sich dabei zu Sarah um und sagte gelassen: »Kann sein, dass ich tatsächlich zurücktreten muss. Das wird sich zeigen. Aber ich denke, es liegt im Interesse aller Beteiligten, dass dieser Prozess schnellstmöglich zum Abschluss gebracht wird. Er dauert schon jetzt länger, als eigentlich geplant war, und wir nähern uns dem Ende des vom Gericht erteilten Zeitrahmens.«
    Die Richterin ergriff das Wort, und Andi wandte ihr wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu. »Mrs Phoenix, gibt es einen konkreten Grund für Ihre Annahme, Mrs Vance hätte Miss Newton beeinflusst?«
    »Ja, Euer Ehren, aber den möchte ich lieber noch nicht nennen. Sagen wir einfach, Mrs Vance wurde von einer dritten Person … bei einem Gespräch mit Miss Newton beobachtet.«
    »Falls dem so wäre, hätte sie sich der Missachtung des Gerichts schuldig gemacht.«
    »Ich weiß, Euer Ehren.«
    »Und Sie wollen ihr diese Frage in einem Zeugenverhör stellen?«
    »Ja, Euer Ehren.«
    »Und um dies effektiv tun zu können, müssen Sie Mrs Vance als Zeugin der Gegenseite behandeln?«
    »So ist es, Euer Ehren.«
    »Und Sie glauben wirklich, dass Sie den Prozess beschleunigen können, wenn Ihnen das Gericht die Erlaubnis dazu erteilt?«
    »Ja, Euer Ehren.«
    Ellen Wagner sah Sarah an und erwartete weitere Einwände, aber dieses Mal schwieg die Staatsanwältin und zuckte nur leicht mit der Schulter.
    »Dann gestatte ich es der Verteidigung, Mrs Vance aufzurufen und sie als Zeugin der Gegenseite zu behandeln.«

Mittwoch, 2. September 2009 – 10.35 Uhr
    Eigentlich hätten sie Feinde sein müssen, aber zwischen Louis Manning und einem der Beamten, die ihn abwechselnd bewachten, begann sich so etwas wie eine Freundschaft zu entwickeln. Vielleicht lag es daran, dass der Polizist gerade eine schwierige Scheidung durchmachte und genau wie Manning Schwierigkeiten hatte, seinen Frauenhass zu zügeln. Vielleicht hing es aber auch nur damit zusammen, dass sie im Krankenhauszimmer zusammengepfercht waren und tagtäglich die gleichen Erfahrungen teilten.
    Was auch immer der Grund war, die enge Bindung zwischen ihnen war nicht von der Hand zu weisen. Daher war der Beamte auch gerne bereit, Manning einen Becher Kaffee vom Automaten im Flur zu holen, als dieser ihn darum bat. In Übereinstimmung mit den polizeibehördlichen Vorschriften war Manning ans Bett gekettet, aber mit der freien Hand konnte er ungehindert seinen Kaffee trinken. Auch der Polizist hatte sich einen Becher Kaffee geholt, und so saßen sie gemeinsam vor dem Fernseher.
    »Könnten Sie den Ton ein bisschen lauter stellen?«, fragte Manning.
    Sie hatten den Gerichtssender

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