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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Staatsanwältin zur Richterin hinüber und sagte: »Keine weiteren Fragen.«
    Während sie sich setzte, war sie bemüht, kein triumphierendes, sondern ein betroffenes oder zumindest ernstes Gesicht zu machen. Andi bemerkte, dass Richterin Wagner auf die Uhr sah. Es war kurz nach fünf Uhr nachmittags. Sarah Jensen hatte es schon wieder geschafft! Sie hatte ihre Befragung zeitlich so abgestimmt, dass sie mit dem Sitzungsende zusammenfiel, was bedeutete, dass die Geschworenen mit der tränenreichen Zeugenaussage des Mädchens im Kopf das Gericht verlassen würden und die ganze Nacht Zeit hatten, darüber nachzugrübeln.
    »Euer Ehren«, sagte Alex und sprang auf. »Ich weiß, dass uns nur noch eine halbe Stunde bleibt, aber ich würde zumindest gerne mit meinem Kreuzverhör beginnen …«
    »Ist das wirklich nötig, Mr Sedaka?«
    »Es gibt da ein oder zwei Punkte, die ich sofort klären möchte.«
    »Glauben Sie, Sie könnten Ihr gesamtes Kreuzverhör heute noch zum Abschluss bringen?«, fragte die Richterin mit einem entwaffnenden Lächeln. »Falls ja, bin ich unter Umständen bereit, ein Auge zuzudrücken und die heutige Sitzung zu verlängern. Vorausgesetzt, Sie trauen sich das zu.«
    Alex runzelte nachdenklich die Stirn und hätte dann fast gelächelt. »Um das herauszufinden, würde ich der Zeugin gerne zunächst eine Frage stellen. Von der Antwort hängt ab, ob ich heute noch fertig werde.«
    »Nur zu.«
    »Miss Newton, haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt seit Ihrer Strafanzeige Kontakt zu einem Mitglied der Verteidigung aufgenommen?«
    Oh, das ist gut , dachte Andi. So setzt sich dieser Zweifel in den Köpfen der Geschworenen fest. Selbst wenn die Sache im Sand verläuft, sind sie erst einmal beschäftigt und denken weniger über die Zeugenaussage des Opfers nach.
    Sarah Jensen war aufgesprungen. »Euer Ehren, ist das eine konkrete Anschuldigung, oder versucht die Verteidigung, mit unbegründeten Vorwürfen Verwirrung zu stiften?«
    »Kommen Sie bitte zu mir nach vorn«, befahl die Richterin unwirsch.
    Alex und Sarah begaben sich zur Richterbank. Andi zögerte einen Moment, bevor sie den abweisenden Blick der Richterin ignorierte und ebenfalls nach vorn ging. Nur Nick Sinclair blieb sitzen.
    »Verfolgen Sie mit dieser Frage eine bestimmte Absicht, Mr Sedaka?«
    »Euer Ehren, meine Kollegin hat anonyme E-Mails mit beleidigendem und bedrohlichem Inhalt erhalten. Der Anklagevertretung würden wir so etwas selbstverständlich niemals zutrauen, aber bei der Zeugin ist das etwas anderes.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass die E-Mails nicht von einem dieser Verrückten stammen, die scharf auf fünf Minuten im Rampenlicht sind?«
    Alex überließ es Andi, auf diese Frage zu antworten. »Euer Ehren, der Inhalt der Nachrichten lässt darauf schließen, dass der Absender detaillierte Kenntnisse über den Prozess besitzt.«
    »Kenntnisse, die nur die Zeugin oder jemand von der Anklagevertretung besitzen kann?«
    Andi errötete und antwortete dann ehrlich: »Nun ja, bei einigen Informationen scheint es sich um … Dinge zu handeln, die noch nicht einmal die Zeugin wissen kann.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Private Gespräche, die ich geführt habe.«
    Sarah schüttelte mit einem höhnischen Lächeln den Kopf. Richterin Wagner ignorierte sie. »Was wollen Sie damit andeuten? Dass Ihr Büro verwanzt ist?«
    »Ich weiß selbst nicht genau, was ich andeuten will. Das ergibt alles irgendwie keinen Sinn.«
    Die Richterin schwieg einige Sekunden und schien das Gehörte sorgfältig abzuwägen. »Sobald Sie wissen, was Sie andeuten wollen, bin ich gerne bereit, noch einmal auf das Thema einzugehen und der Verteidigung zu gestatten, die Zeugin dazu zu befragen. Bis dahin verbitte ich mir Fragen dieser Art.«
    Andi starrte zu Boden und wagte es nicht, der Richterin oder Alex in die Augen zu sehen.
    »Ich denke, wir vertagen die Sitzung für heute.«
    Nachdem alle auf ihre Plätze zurückgekehrt waren, wandte sich Richterin Wagner an die Geschworenen: »Sie ignorieren bitte die letzte Frage und unterlassen es, darüber zu spekulieren, was damit gemeint war. Wir unterbrechen die Verhandlung bis morgen früh um zehn. Ich weise Sie noch einmal darauf hin, dass Sie sich erst eine Meinung über diesen Fall bilden dürfen, wenn sämtliche Beweise vorliegen und der Fall von Anklagevertretung und Verteidigung abschließend dargelegt wurde. Außerdem ermahne ich Sie, den Fall weder untereinander noch mit Außenstehenden zu diskutieren, und auch

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