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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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seiner stürmischen Umarmung fast die Luft abdrückte.
    »Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht!«
    »Mir geht’s gut«, wiederholte sie und sah ihn halb amüsiert, halb verlegen an.
    Er wusste, dass er sich gerade vor aller Welt zum Affen machte, aber er hatte schon einmal durch einen ähnlichen Vorfall eine Frau verloren, die er geliebt hatte. Der Gedanke, dass das Gleiche um ein Haar wieder passiert wäre, brachte ihn fast um den Verstand, und so entluden sich seine Gefühle in einer überschwänglichen Zärtlichkeitsbekundung.
    Der Angreifer hatte versucht, sie zu vergewaltigen, und hätte sie danach vielleicht umgebracht, um sie für immer zum Schweigen zu bringen. Aus diesem Grund war es Alex jetzt wichtiger, hier zu sein und Martine in die Arme zu schließen, als tausend Elias Claymores zu verteidigen, wie unschuldig sie auch sein mochten.
    »Alex …«
    »Ja?«
    »Meine … Rippen.«
    Mit einem entschuldigenden Lächeln löste er seine Umklammerung.
    Schweigend sahen sie sich an. Martine ergriff als Erste das Wort: »Hör mal … ich möchte mich entschuldigen für … für die Sache im Restaurant … nach dem Snooker-Turnier.«
    »Was meinst du?«
    »Damals habe ich dich doch dafür zusammengestaucht, dass du versucht hast, den tapferen Ritter zu spielen.« Er wollte etwas sagen, aber sie hob abwehrend die Hand. »Nein, lass mich ausreden. Ich finde immer noch, dass das eine ziemlich altmodische Haltung ist, ich meine, wir leben schließlich nicht mehr im Zeitalter von Errol Flynn – oder John Wayne. Aber so bist du nun mal, du wirst immer den großen Beschützer spielen wollen. Sogar bei deiner Arbeit, wo du die Unschuldigen und fälschlich Angeklagten beschützt. Und dafür kann ich dir keinen Vorwurf machen, denn das macht dich zu dem Mann, den ich …« Sie brach ab.
    »Es wird nicht funktionieren«, sagte er und täuschte Bedauern vor.
    Ein gequälter Ausdruck trat in Martines Augen. »Du meinst unsere Beziehung?«
    »Unsere Beziehungspause. Das funktioniert nicht. Wir können nicht dagegen ankämpfen.«
    Mit den Tränen kämpfend sah sie ihn einige Sekunden lang schweigend an. Dann sagte sie: »Du kannst nicht von Claymores Verteidigung zurücktreten, er zählt auf dich. Ich werde den Sender bitten, mich von der Berichterstattung abzuziehen.«

Donnerstag, 20. August 2009 – 13.05 Uhr
    »Plötzlich haben wir einen Notruf wegen versuchter Vergewaltigung im Parkhaus an der Kreuzung zwischen Jackson Street und Dreizehnter Straße reinbekommen«, erklärte der eifrige junge Kollege am anderen Ende der Leitung. »Also sind wir sofort mit eingeschalteter Sirene hingefahren, aber als wir näher kamen, haben wir gesehen, dass die Straße frei war, also haben wir die Sirene wieder ausgeschaltet. Und dann schießt wie aus dem Nichts der Täter aus der Ausfahrt, ohne nach links und rechts zu sehen, und bumms … knallen wir seitlich in ihn rein.«
    Detective Bridget Riley hatte den Claymore-Fall nur ungern an ihre Kollegen in Alameda County übergeben, aber es war einfach nicht machbar, dass sie Bethel nach Alameda begleitete und weiterbetreute. Sie hatte zu viele andere Pflichten in Ventura. Umso überraschter war sie über die Nachricht der Oaklander Polizei gewesen, die sie auf ihrem Schreibtisch erwartete, als sie mit einem warmen Roggensandwich mit Pastrami an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt war.
    Auf dem Zettel hatte gestanden, es gehe um die Vergewaltigung von Bethel Newton und sei dringend, woraufhin Bridget zunächst geglaubt hatte, dass man in Oakland vielleicht doch ihre Hilfe brauchte – zum Beispiel weil es irgendein Problem mit dem Polizeibericht gab. Sie hatte jedenfalls sofort zurückgerufen.
    »Wie stark war der Aufprall?«
    »Stark genug, dass unsere Airbags ausgelöst wurden.«
    »Und sein Airbag?«
    »Seine Frontairbags sind natürlich schon aufgegangen, aber das hat ihm nicht viel genützt, weil der Aufprall ja von der Seite kam. Er war nicht einmal angeschnallt.«
    »Was auch nicht überrascht, schließlich ist er von einer verhinderten Vergewaltigung geflohen.«
    »Stimmt, und die Strafe folgte auf dem Fuß.« Der junge Kollege schien sich über den Unfall beinahe zu freuen.
    »Wie hat der Täter den Aufprall überstanden?« Sie rechnete halb damit, dass der Polizist ihr seinen Tod mitteilen würde.
    »Gebrochenes Schlüsselbein, Beinfraktur, Gehirnerschütterung und Schleudertrauma.«
    »Habt ihr ihn festgenommen?«
    »Er wurde in die Notaufnahme gebracht, sein Bein liegt im

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