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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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gearbeitet.«
    Alex spürte, dass es an der Zeit war, dem Thema Entlassung auf den Zahn zu fühlen. »Sie arbeiten also jetzt nicht mehr in dem Labor?«
    Alex fielen zwei mögliche Gründe für die Entlassung ein, und bei keinem von beiden hatte Cole freiwillig den Hut genommen. Das positivere Szenario bestand darin, dass Cole zu viel gewusst hatte und entlassen worden war, um ihn mundtot zu machen, beziehungsweise um ihn in Misskredit zu bringen. Die weniger schöne Variante war, dass man ihn aus berechtigtem Anlass gefeuert hatte und er sich nun rächen wollte. Tatsächlich war die Sache sogar noch komplizierter: Wenn die erste Möglichkeit zutraf, würde sich das Labor vermutlich auf die zweite Variante berufen, und wenn die zweite Möglichkeit zutraf, überspielte Jerry Cole seine Schmach zweifellos mit der ersten Variante.
    »Nein. Ich wurde entlassen.«
    »Weshalb?«
    »Die haben behauptet, ich hätte die falsche Testlösung verwendet. Normalerweise muss man eine Schulung machen, wenn so etwas passiert, aber mich haben sie einfach gefeuert.«
    »Haben Sie denn wirklich einen Fehler gemacht?«, hakte Alex nach. »Ich meine, die haben das doch sicher nicht einfach erfunden, oder?«
    Er überließ es Andi, Coles Gesicht zu beobachten. Alex selbst wollte nur seine Antwort hören.
    »Ich weiß es nicht. Ich meine, die behaupten zwar, ich hätte einen Fehler gemacht, aber das kann ich nicht nachprüfen. Sie haben mir die Ergebnisse nicht schriftlich mitgeteilt oder so, sondern einfach nur gesagt, dass ich Mist gebaut habe. Dann haben sie mich darauf hingewiesen, dass ich schon eine Verwarnung bekommen habe, und mir eine Viertelstunde Zeit gegeben, mein Schließfach zu räumen. Ich durfte noch nicht einmal den Tag oder die Woche zu Ende arbeiten oder mich von meinem Freund verabschieden.«
    Alex fiel der Singular zwar auf, aber er ging nicht darauf ein. »Sie hatten also bereits eine Verwarnung erhalten?«
    »Ja, einmal ist mir wirklich ein Fehler unterlaufen. Eine kleine Panne, weiter nichts. Ich habe aus Versehen eine bereits benutzte Lösung verwendet, von der ich dachte, sie sei frisch. Aber das beweist nur, was ich vorhin über den hohen Zeitdruck gesagt habe.«
    »Haben Sie irgendjemandem davon erzählt, dass Steven Johnson nervös aussah?«
    »Äh … nein. Die Idee ist mir vorher gar nicht …«
    Damit war jede Möglichkeit, dass man ihn gefeuert hatte, weil er zu viel wusste, ausgeschlossen, wie Alex erkannte. Er entschied, dass aus Jerry Cole nichts mehr herauszukriegen war – nichts Nützliches jedenfalls. Der Mann tat ihm zwar leid, aber er wollte seine wertvolle Zeit nicht länger vergeuden und blickte auf die Uhr.
    »Tja, dann bedanke ich mich bei Ihnen, Mr Cole. Sie waren uns eine große Hilfe.«
    Cole stand unbeholfen auf, während Alex zur Tür ging und sie für ihn öffnete.
    »Und wann rufen Sie mich in den Zeugenstand?«
    »Wir melden uns bei Ihnen«, erwiderte Alex und schob Cole zur Tür, den das plötzliche Ende des Gesprächs sichtlich aufwühlte.
    »Ich will aber auf jeden Fall aussagen«, erklärte er beunruhigt. »Ich glaube wirklich, dass ich etwas bewirken kann.«
    Alex wies mit dem Kinn zur offenen Tür. »Also, vielen Dank noch mal, Mr Cole. Seien Sie unbesorgt, wir melden uns bei Ihnen.«
    Cole sah aus, als wollte er noch etwas sagen, aber der unerbittliche Ausdruck auf Alex’ Gesicht verhieß nichts Gutes. Sanft aber bestimmt schob ihn Alex durch den Empfangsbereich zur Tür und schloss sie hinter ihm. Dann drehte er sich zu Andi um, die ihn erwartungsvoll ansah. Während er sich die Krawatte gerade rückte und tief Luft holte, wanderte sein Blick von Andi zu Juanita.
    »Teilst du uns jetzt mit, was du denkst, Chef?«, fragte Juanita mit spöttischem Lächeln.
    »Der Kerl ist als Zeuge nicht zu gebrauchen.«
    »Meinen Sie, er ist geistig verwirrt?«, fragte Andi.
    »Nein, das nun nicht gerade, aber die Staatsanwaltschaft würde ihn trotzdem in der Luft zerreißen. Glaubt mir, wir tun Cole keinen Gefallen, wenn wir ihm das zumuten. Und Claymore auch nicht.«
    Andi quittierte die Logik dieser Aussage mit einem Nicken. »Da stimme ich Ihnen absolut zu. Trotzdem werde ich den Gedanken nicht los, dass es stimmt, was er gesagt hat.«
    »Ganz sicher sogar. Wir wissen doch alle, wie es heutzutage in kriminaltechnischen Labors zugeht. Was er gesagt hat, war absolut einleuchtend. Aber im Prinzip hatte er nichts zu bieten als banale Verallgemeinerungen. Um einen Mandanten zu retten, sind aber

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