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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Software versehentlich modifiziert hat und dass es inzwischen eine aktuellere Version des Quellcodes gibt.
    Darüber hinaus: Selbst wenn die Manipulation von jemandem außerhalb des Unternehmens durchgeführt wurde und selbst wenn diese Manipulation ausdrücklich zum Ziel hatte, bei der Zusammensetzung von Jurys einzelne Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren, ist das nur das Motiv der böswilligen Person, die die Software manipuliert hat, was nicht bedeutet, dass das Gericht oder die Regierung mit der Benutzung der böswillig veränderten Software dieselben Absichten verfolgte. Da ich aber einen eindeutigen Vorsatz feststellen muss und die Gerichtsverwaltung die Software in gutem Glauben verwendet hat, kann ich keine Verletzung des Sechsten oder Vierzehnten Zusatzartikels erkennen.
    Ich erlaube mir diesbezüglich noch eine Bemerkung zu dem Fall aus Kent County in Michigan, den die Verteidigung angeführt hat. Dort lag ein vollkommen anders gearteter, unbeabsichtigter Softwarefehler vor, der die ethnische Vielfalt von Jurys ebenfalls negativ beeinflusste. In Michigan wurden die Geschworenen damals noch allein aus den Wählerlisten rekrutiert. Erst 2007 hat man angefangen, Führerscheinregister und Einkommenssteuerdaten hinzuzuziehen. Daraus wird ersichtlich, dass es bis heute verfassungsrechtlich nicht erforderlich ist, dass für die Auswahl von Geschworenen andere Datenquellen herangezogen werden als die Wählerlisten. Wie Mr Sinclair bereits richtig festgestellt hat, gilt das Wahlrecht für alle, auch wenn einige Bürger die Entscheidung treffen, keinen Gebrauch davon zu machen. Mr Sedaka hat zwar einleuchtend dargelegt, dass die Auswirkung dieser Entscheidung auf Dritte, wie in diesem Fall den Angeklagten, nicht unerheblich ist, aber ich bin keineswegs überzeugt, dass die Auswirkung schwerwiegend genug ist, um im vorliegenden Fall zugunsten der Verteidigung zu erkennen.
    Dazu ist anzumerken, dass die Unterrepräsentierung von Afroamerikanern in den Wählerlisten heute wahrscheinlich weit weniger ausgeprägt ist als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt der Geschichte und in diesem Bundesstaat vermutlich auch weniger ausgeprägt als in vielen anderen.
    Zuletzt möchte ich noch unterstreichen, dass mich erst die Gesamtheit dieser Gründe zu meiner Entscheidung bewogen hat.«
    Oh, sehr clever , dachte Alex. Eine Mischung aus Rechtslage und konkretem Sachverhalt. So hat die Verteidigung keinerlei Angriffsfläche für eine Berufung.
    »Folglich«, fuhr die Richterin fort, »weise ich den Antrag der Verteidigung auf Klageabweisung hiermit zurück.«
    Eine Zeitlang herrschte Schweigen, aber es gab feine Unterschiede in den Reaktionen der einzelnen Parteien. Während Sarah Jensen einen selbstzufriedenen Eindruck machte, schien sich Nick Sinclair äußerst unwohl zu fühlen. Und während Alex ruhig blieb, knirschte Andi wütend mit den Zähnen.

Mittwoch, 26. August 2009 – 11.55 Uhr
    »Ich bin mir absolut sicher, dass irgendein Anwalt in einem anderen Fall das Thema wieder auf den Tisch bringt«, sagte Alex. »Meiner Einschätzung nach wird man es dem Berufungsgericht überlassen, ins Wespennest zu stechen – oder vielleicht sogar dem Obersten Gerichtshof. Wir können jetzt leider nichts mehr tun.«
    Sie saßen in ihrem Besprechungszimmer, das sich auf derselben Etage befand wie der Gerichtssaal. Alex und Andi bemühten sich redlich, Claymore die Entscheidung der Richterin zu erklären, die auch sie selbst nur schwer verkrafteten, allein schon, weil sie so überraschend gekommen war.
    »Warum ist sie plötzlich so feindselig?«, fragte Claymore.
    »Sie will unter Beweis stellen, dass sie sich nicht von deiner Hautfarbe beeinflussen lässt«, antwortete Alex.
    »Das ist doch Schwachsinn!«, mischte sich Andi ein. »Sie ist länger im Geschäft als wir beide zusammen. Die muss überhaupt nichts mehr beweisen!«
    »Das bedeutet nicht, dass sie nicht glaubt , sie müsste es. Aber das ist sowieso nicht der einzige Grund. Was wir aufgedeckt haben, hat unvorhersehbare Auswirkungen auf unzählige Fälle der letzten fünf Jahre, und das in ganz Kalifornien – und vielleicht auch in anderen Bundesstaaten. Vermutlich wollte sie deshalb nicht zu unseren Gunsten erkennen – auch wenn ihr unsere Entdeckung sicher genauso zu denken gibt wie uns. Sie schreckt ganz einfach vor der Verantwortung zurück. Das Ganze ist eine Nummer zu groß für eine einzige Richterin.«
    Alex bemerkte den skeptischen Ausdruck auf Andis Gesicht und hoffte,

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