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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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auszusagen.«
    »Eine Aussage birgt aber auch Probleme«, warnte Alex. »Am meisten beunruhigt mich, dass Sarah Jensen so eine gerissene Anklägerin ist.«
    »Aber wenn ich einfach die Wahrheit sage …«
    »So einfach ist das nicht, Elias. Nehmen wir an, sie nimmt dich ins Kreuzverhör und du schaffst es tatsächlich, die Oberhand zu behalten. Dann sieht es für die Geschworenen so aus, als würde ein starker Mann eine schwache Frau besiegen. Und genau das ist das Prinzip einer Vergewaltigung.«
    Ihm entging der verbitterte Ausdruck auf Andis Gesicht, als er das sagte.
    »Und wenn sie die Oberhand behält, stehe ich da wie ein Lügner, der von einer schlaueren Person in die Pfanne gehauen wird.«
    »So ist es.«
    »Zumindest, wenn sie das Kreuzverhör selbst durchführt«, sagte Andi. »Vielleicht überlässt sie es aber auch Nick Sinclair. Dann sieht es für die Geschworenen nicht mehr ganz so nach Rassismus aus.«
    »Das wird sie nicht tun«, widersprach Claymore. »Sonst steht er ganz schnell als Onkel Tom da. Sie wird mich selbst befragen, das weiß ich.«
    »Wenn sie es wirklich selbst macht, nimm dich in Acht«, riet Alex. »Was auch immer du tust, es wird einen schlechten Eindruck hinterlassen.«
    »Ich kann also nur verlieren.«
    »Meine Rede«, erwiderte Alex.
    »Und wenn ich nicht aussage?«
    »Dann wird die Richterin anordnen, dass die Geschworenen dein Schweigen nicht als Schuldeingeständnis betrachten dürfen, was sie in den Wind schlagen werden, sobald sie das Geschworenenzimmer betreten haben – wenn nicht sogar schon vorher.«
    »Herr im Himmel!«, rief Claymore frustriert und hob den Blick zur Decke, um Gott, an den er immer noch glaubte, um Hilfe anzuflehen. »Ich will trotzdem meine Version der Geschichte erzählen.«
    »Das akzeptiere ich ja. Aber wir müssen realistisch bleiben und entscheiden, welches der beiden Übel das kleinere ist.«
    Andi nahm kein Blatt vor den Mund: »Ich persönlich glaube, dass Sie aussagen müssen. Die Geschworenen müssen Ihre menschliche Seite sehen. Sonst wollen sie Ihnen nicht glauben.«
    Alex gefiel es gar nicht, wie Andi Claymore zur Aussage drängte. Es war allein seine Entscheidung, nicht ihre. »Meinen Sie nicht, wir sollten die Kirche im Dorf lassen, Andi? Ob die Geschworenen nun glauben wollen oder nicht, entscheidend ist doch, ob die Beweisführung der Staatsanwaltschaft überzeugt. Also lasst uns in Ruhe überlegen, ob die Beweisführung so, wie sie jetzt ist, vor den Geschworenen bestehen kann. Bethel Newton war zwar mitleiderregend, aber unglaubwürdig. Die Geschworenen glauben ihr zwar, dass sie vergewaltigt wurde, aber dadurch, dass sie zuerst von einem jungen Mann gesprochen hat und später von einem älteren, hegt die Jury vermutlich den Verdacht, dass sie den Täter verwechselt haben könnte – dass sie ihn auf jeden Fall verwechselt hat, verdammt!«
    »Andererseits«, warf Andi ein, »klang Bethel sehr überzeugt, als sie Claymore im Gerichtssaal identifiziert hat. Daher sehen die Geschworenen vielleicht gar keinen Grund, warum sie gelogen haben sollte.«
    »Aber sie hat gelogen!«, blaffte Claymore.
    »Das weiß ich, aber wir brauchen ein Motiv. Fällt Ihnen irgendein Grund ein, weshalb ausgerechnet Sie das Ziel ihrer Anschuldigungen sind?«
    Claymore sah Alex hilfesuchend an, aber der schwieg.
    »Vielleicht kennt sie meine Vergangenheit und weiß, was ich früher getan habe. Vielleicht bin ich für sie ein Symbol für alles, was sie hasst – was sie zu Recht hasst.«
    »Das ist doch lächerlich«, unterbrach ihn Andi unwirsch. »Als sie Sie als Täter identifiziert hat, wusste sie noch nicht einmal, wer Sie sind. Sie wohnt erst seit kurzem in Kalifornien und ist zu jung, um die Siebziger oder Achtziger erlebt zu haben.«
    »Na ja, vielleicht lügt sie ja gar nicht. Vielleicht hat sie sich einfach nur geirrt.«
    »Aber sie klang wirklich sehr überzeugt.«
    »Das ergibt keinen Sinn …«, entgegnete Claymore und blickte verzweifelt zur Decke empor.
    »Okay, machen wir weiter«, sagte Andi. »Das medizinische Gutachten beweist, dass sie tatsächlich vergewaltigt wurde, und die DNA-Ergebnisse deuten darauf hin, dass Sie der Täter gewesen sein könnten , was statistisch betrachtet alles andere als eindeutig ist. Die statistischen Hinweise darauf, dass die Software zur Geschworenenauswahl manipuliert wurde, sind wesentlich stärker als die statistischen Hinweise darauf, dass die DNA von Ihnen stammt.«
    »Gutes Argument«, sagte Alex und machte

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