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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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vorsätzliche Manipulation nachgewiesen werden musste, war rechtlich nicht zu beanstanden. Außerdem wäre das voreilig gewesen. Wenn die Wartezeit bis zehn Uhr am nächsten Morgen nur nicht so aufreizend langsam verstrichen wäre!
    Andi hatte bloß noch den Wunsch, sich zu entspannen und alles zu vergessen. Also loggte sie sich ins Internet ein und lud ihre E-Mails herunter. Neben mehreren Nachrichten von Freunden aus Europa und Fernost befand sich auch eine E-Mail in ihrem Postfach, die wieder Angst in ihrem Herzen entfachte, sobald sie den Absender las: Lannosea.
    Ist dein mieser kleiner Plan, diesen Scheißkerl von Vergewaltiger aufgrund eines Formfehlers freizukriegen, also nicht aufgegangen, was? Jetzt stehst du wieder ganz am Anfang, du billige kleine Schlampe. So denken deine Schwestern nämlich über dich, musst du wissen. Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass du damit davonkommst, oder? Übrigens: Ich war es, die die Software so verändert hat, dass keine Nigger mehr in den Jurys sitzen. Und wenn du versuchst, dich mit mir anzulegen, du Miststück, dann hast du dir die Falsche ausgesucht. Verstanden?
    Lannosea
    Der Ton wurde immer rauer. Diese Person war wütend. Aber wer war sie? Der Name Lannosea und ihre Vermutung, dass es sich um ein Opfer von Claymore handelte, wiesen auf eine Frau hin. Aber die Ausdrucksweise hätte man eher von einem frauenfeindlichen Macho erwartet.
    Und woher wusste Lannosea von ihrem Versuch, Claymore »aufgrund eines Formfehlers freizukriegen«? Wie viele Menschen wussten davon? Und wer von denen war zu so etwas fähig? Wer war die undichte Stelle und hatte anderen davon erzählt?
    Sie konnte nicht mehr klar denken und brauchte Hilfe. Also griff sie nach dem Telefon und rief David Sedaka an. Er kannte sich mit Computern und im Internet aus und konnte ihr bestimmt weiterhelfen. Außerdem konnte sie ihm vertrauen, das wusste sie.
    »Hallo, David, hier ist Andi, Andi Phoenix … Hören Sie, Sie müssen mir helfen. Das heißt, ich bitte Sie, mir zu helfen … Aber nur, falls Sie sich wirklich dazu in der Lage sehen. Sie dürfen allerdings absolut niemandem davon erzählen, zumindest im Moment nicht.«
    Im Laufe der nächsten Minuten heckten sie gemeinsam einen Plan aus, um die Person ausfindig zu machen, die Andi die Droh-E-Mails schickte. Dazu musste Andi zunächst die Nachrichten, die sie bereits erhalten hatte, kopieren und sie mitsamt dem Internet-Header an ihn weiterleiten. Darin ließ sich nämlich der Weg nachvollziehen, den die E-Mails durchs Internet gegangen waren. Zwar nicht ganz bis zum Absender, aber vielleicht konnten sie wenigstens den Internetanbieter des Ortes ermitteln, von dem die E-Mails abgeschickt worden waren. Dabei handelte es sich vermutlich um ein Internetcafé oder eine ähnliche öffentlich Einrichtung.
    Als Nächstes musste Andi David direkten Zugriff auf ihren E-Mail-Account gewähren, womit sie natürlich ein Stück Privatsphäre einbüßte. Aber er machte ihr klar, dass es nicht anders ging, wenn sie den Absender der Nachrichten erwischen wollte.
    Ein Klopfen an der Tür riss Andi aus ihrer Konzentration. Sie hob den Kopf. »Wer ist da?«
    »Deine Freundin.«
    Andi schob den Laptop beiseite, rannte zur Tür und riss sie auf.
    »Du wolltest doch zurück nach L.A.!«, rief sie, als Gene einen Schritt auf sie zu machte.
    »Du klingst irgendwie enttäuscht«, erwiderte Gene und schlang die Arme um Andis Taille.
    »Entschuldige, das war nicht beabsichtigt«, versicherte Andi und strich Gene über die Arme, um schließlich die Hände in ihrem Nacken zu verschränken.
    »Ich kriege einfach nicht genug von dir, Süße.« Gene wollte sie küssen, aber Andi wandte sich ab. »Brauchen sie dich denn nicht im Krisenzentrum?«
    Gene sah ihrer Freundin lange und fest in die Augen und verstärkte ihren Griff, um deutlich zu machen, dass Andi in ihren Armen gefangen war.
    »Natürlich brauchen sie mich. Aber im Moment brauche ich dich mehr … und ich glaube, du mich auch.«
    Sie sagte es mit einem fragenden Unterton, und Andi spürte, wie Gene ihren Griff fast unmerklich lockerte. Beinahe schien es, als bräuchte auch Gene plötzlich jemanden, der sie stützte und ermutigte.
    »Natürlich brauche ich dich.«
    Nach einem kurzen Zögern trafen sich ihre Lippen in einem zärtlichen, zaghaften Kuss.

Dienstag, 25. August 2009 – 10.30 Uhr
    David Sedaka saß am Schreibtisch seines Büros, als er einen Anruf von seinem Vater bekam.
    »Hallo,

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