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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Verteidigung eine tödliche Wunde beizubringen.
    Andi, die es nicht bemerkt zu haben schien, fuhr unbeirrt mit ihrer Befragung fort: »Hatten Sie in irgendeiner Form sexuellen Kontakt zu Frauen, seit Sie freiwillig nach Amerika zurückgekehrt sind, um Ihre Haftstrafe abzusitzen?«
    »Was ich getan habe, verfolgt mich bis heute. Seit ich nach Amerika zurückgekommen bin, konnte ich keine Frau mehr anfassen.«
    »Keine weiteren Fragen.«
    Andi setzte sich. Sarah Jensen stand langsam auf und wartete ein paar Sekunden, bevor sie begann.
    »Mr Claymore, Sie sagen, dass Sie niemand in der fraglichen Zeit zu Hause gesehen hat. Hat Sie vielleicht jemand angerufen?«
    »Nein.«
    »Es gibt also niemanden, der Ihr Alibi bestätigen kann?«
    »Leider nein.«
    »Verraten Sie mir eines: Sie sagen, Sie konnten seit Ihrer Rückkehr nach Amerika keine Frau mehr anfassen. Ist das korrekt?«
    »Ja.«
    »Haben Sie seither je die Fantasie gehabt, eine Frau anzufassen?«
    Andi wollte schon aufstehen und Einspruch erheben, aber Alex legte unauffällig die Hand auf ihren Unterarm und hielt sie zurück.
    »Ich … ja, ich glaube schon.« Claymore zögerte. »Manchmal ist mir das durch den Kopf gegangen.«
    »Haben Sie seit Ihrer Rückkehr je die Fantasie gehabt, eine Frau zu vergewaltigen?«
    Fast schon verzweifelt drehte sich Andi zu Alex um, aber dieser schüttelte nur leicht den Kopf. Claymore schwieg und starrte glasig ins Leere, als würde er sich an etwas erinnern.
    »Der Zeuge hat die Frage zu beantworten«, befahl Richterin Wagner energisch.
    »Ich könnte so etwas niemals tun. Nicht mehr. Wenn ich heute Frauen anschaue, sehe ich Menschen vor mir, die ich verletzt habe.«
    Andi warf den Geschworenen aus dem Augenwinkel einen Blick zu.
    »Ich habe aber nicht gefragt, ob Sie es getan haben, ich habe gefragt, ob Sie die Fantasie hatten, es zu tun.«
    »Nein, natürlich nicht. Ich bin seit meiner Rückkehr ein vollkommen anderer Mensch. Ich habe meine Vergangenheit hinter mir gelassen und auch nie wieder daran gedacht, etwas Derartiges zu tun.«
    »Heißt das, Sie können sich nicht mehr daran erinnern, wie Sie diese jungen Frauen vergewaltigt haben?«
    »Ich … natürlich kann ich mich daran erinnern. Ich werde es niemals vergessen können.«
    »Aber Sie erinnern sich nicht an ihre Gesichter?«
    »Doch … ich erinnere mich an die Gesichter. Ich sehe sie jede Nacht im Dunkeln vor mir … wenn ich allein in meinem Schlafzimmer liege.«
    »Sie erleben die Tortur im Geiste noch einmal?«
    »Ja.«
    »Sie vergewaltigen also doch Frauen in Ihrer Fantasie.«
    »Ich … ich …«
    Claymore fehlten die Worte. Was er als unentrinnbaren Alptraum empfand, stellte Sarah Jensen als genussvolle Erinnerung an sadistische Momente seiner Vergangenheit dar – und die Gesichter der Geschworenen verrieten ihm, dass sie ihrer Version Glauben schenkten und nicht seiner.
    »Laut der Telefonrechnung Ihres Senders ging um neun Uhr zwanzig ein Anruf an Ihre Nummer heraus, und zwar von Ihrem Produzenten. Wie erklären Sie sich das?«
    »Ich muss wohl im Bad gewesen sein. Vielleicht hat die Toilettenspülung das Klingeln übertönt.«
    Sarah wartete schweigend ab, bis die Skepsis der Geschworenen ihre volle Wirkung entfaltet hatte.
    »Stand Ihr Auto am fraglichen Tag in der Auffahrt?«
    »Nein, mein Auto wurde zwei Tage vorher gestohlen.«
    »Sie meinen, Sie haben es zwei Tage vorher als gestohlen gemeldet?«
    »Nein, ich meine, dass es zwei Tage vorher gestohlen wurde.«
    »Ist es je wieder aufgetaucht?«
    »Sie wissen doch selbst, was mit gestohlenen Autos passiert. Die werden unkenntlich gemacht, und man sieht sie nie wieder.«
    »Beantworten Sie bitte einfach nur die Frage.«
    »Es wurde nie gefunden. Ich musste mir einen Mietwagen besorgen.«
    »Und welches Fabrikat und welche Farbe hatte das gestohlene Auto?«
    »Es war ein aquamarinfarbener Mercedes.«
    »Genau wie das Auto, das das Opfer beschrieben hat. Keine weiteren Fragen.«
    Sarah Jensen setzte sich, und Andi stand auf, um in der erneuten Befragung zu retten, was zu retten war.
    »Ich möchte noch ein paar Dinge klären. Mr Claymore, Ihr Auto wurde am 3. Juni gestohlen, stimmt das?«
    »Ja.«
    »Und damals war Bethel Newton noch nicht in Kalifornien.«
    »Soviel ich weiß nicht.«
    Andi setzte sich lächelnd wieder hin. Claymore sah erst sie voller Anspannung an und dann Alex.
    »Erneutes Kreuzverhör?«, fragte die Richterin.
    Sarah Jensen erhob sich wieder. »Wann haben Sie Ihr Auto als gestohlen

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