Späte Sühne - Island-Krimi
übersetzt habe, es heißt Diplomatie. Diese Firma hat das für mich in Buchform gebracht, aber es ist nicht zum Verkauf gedacht. Ich verschenke es nur zu verschiedenen Anlässen. Ich würde mich beispielsweise freuen, dir ein Exemplar überreichen zu dürfen, wenn wir nachher in mein Büro gehen. Wenn du damit einverstanden bist.«
»Ja, vielen Dank«, sagte Birkir.
Sie verließen den Saal wieder und Arngrímur schloss die Tür. Dann ging er vor Birkir den schwerelos wirkenden Treppenaufgang in der Mitte des Innenraums hinauf. Als sie in der zweiten Etage angekommen waren, sagte er: »Das ist der Ausstellungsbereich, wo Helgi Kárason seine Werke zeigen wird. Im Augenblick ist hier eine Ausstellung mit finnischer Glaskunst. Und es gibt auch noch einen Ausstellungsbereich in der Etage darüber.«
»Hat der Botschafter hier den Empfang nach der Lesung gehalten?«, fragte Birkir.
»Ja, hier lassen sich sehr gut Stehempfänge veranstalten. Die Gäste haben dabei auch die Gelegenheit, sich die Ausstellungen anzusehen.«
»Weißt du, ob der Botschafter Feinde hat?«, fragte Birkir ohne jede Überleitung.
Die Frage überraschte Arngrímur. »Meinst du, die ihn angreifen oder …«
»Ja.«
Arngrímur schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, dass sowohl seine politischen Freunde als auch seine Gegner froh waren, als er sich aus der Politik zurückzog. Danach war er nämlich unschädlich.«
»Aber in seinem jetzigen Beruf?«
»Es wird größter Wert darauf gelegt, dass er keinen Schaden anrichtet.«
»Er wurde aber mir nichts, dir nichts zum Botschafter ernannt, das hat doch sicher irgendwelchen Leuten missfallen. Dir beispielsweise?«
»In diesem Metier ist man es gewohnt, dass Botschafterposten ehemaligen Politikern zugeschanzt werden. Häufig genug verfügen sie über eine Weltsicht und eine Erfahrung, die sie zu ausgezeichneten Diplomaten machen.«
»Ist das auch bei Konráð der Fall?«
»Er hat bestimmte Eigenschaften, die ihm in diesem Beruf zugutekommen. Das, was bei ihm fehlt, wird durch gute Mitarbeiter kompensiert.«
»Er schreibt seine Memoiren. Glaubst du, dass da vielleicht etwas enthüllt werden könnte, was jemand anderen kompromittiert?«
»Wohl kaum«, sagte Arngrímur. »Konráð weiß gewiss von irgendwelchen Dingen, die nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen sollten, aber es wäre wenig ehrenhaft für ihn, seinen früheren Mitstreitern in den Rücken zu fallen. Und für so etwas hat er ein Gespür. Außerdem glaube ich, dass diese Memoiren nicht allzu weit fortgeschritten sind. Er sitzt zwar manchmal in seinem Büro und spricht irgendwelche alten Geschichten auf Band, aber da muss ihm noch jemand ordentlich unter die Arme greifen, bevor ein Buch daraus wird.«
Sie gingen die nächste Treppe hinauf. Arngrímur drehte sich nach links. »Und dort ist unsere Cafeteria.« Birkir sah einen hellen Saal mit etwa zwanzig Tischen. Drei von ihnen waren besetzt.
»In dieser Etage gibt es auch einige geschlossene Räume, wo man Arbeitsessen für kleine Gruppen ausrichten kann«, fuhr Arngrímur fort. »So etwas muss aber vorab gebucht werden. Kann ich dir einen Kaffee oder etwas anderes anbieten?«
»Nein, danke«, sagte Birkir. »Ich habe ausgiebig gefrühstückt. Wann habt ihr die Arbeit in diesem Haus aufgenommen?«
»Offiziell am 20. Oktober 1999. Die isländische Botschaft war aber schon vorher im Juli umgezogen. Als die Hauptstadt von Bonn nach Berlin verlegt wurde, mussten die Auslandsvertretungen neue Räumlichkeiten hier in der Stadt finden. Eine hochinteressante und ungewöhnliche Geschichte.«
Sie gingen wieder ins Erdgeschoss hinunter. An der Eingangsschleuse erhielt Birkir seinen Gästeausweis, nachdem er den Pass abgegeben hatte. Durch die doppelte Tür gelangten sie in den Innenhof zwischen den einzelnen Botschaftsgebäuden, die Plaza.
»Die Regierungen der Nordischen Länder trafen die Entscheidung, nach außen hin gemeinsam aufzutreten, und sie haben 1995 das Grundstück erworben. Es gab einen Wettbewerb über die Gestaltung des Geländes, und in dem preisgekrönten Entwurf war dieses Kupferband vorgesehen, das das ganze Gelände umschließt. Es ist fünfzehn Meter hoch, zweihundertsechsundzwanzig Meter lang und besteht aus dreitausendachthundertfünfzig Kupferplatten. Diese Einfassung der Nordischen Botschaften ist etwas ganz Besonderes in Berlin und gilt als außerordentlich gelungen. Ich glaube, die Berliner sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.«
Lächelnd fügte
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