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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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»Na schön«, sagte er schließlich. »Ich will versuchen, das auf die Reihe zu kriegen. Seinerzeit wurden allerdings auch zahlreiche Berichte geschrieben, die solltest du dir ansehen, wenn die Sache wirklich so wichtig ist. Es ist keineswegs sicher, dass ich mich noch genau daran erinnere.«
    »Alles klar«, sagte Birkir. »Ich bekomme die Unterlagen morgen.«
    Magnús begann zögernd mit seiner Erzählung. »Am besten fange ich ganz am Anfang an, als Arngrímur Esjar sein Amt als Bezirksamtmann in Hvolsvöllur antrat. Wenn du schon einmal dabei bist, das Ganze aufzurollen, hörst du dir am besten die ganze Geschichte an. Bei der Ermittlung wird dir das aber meiner Meinung nach nicht im Geringsten helfen.«
    »Das wird sich herausstellen«, sagte Birkir. »Fahr fort.«
    »Ich war damals Polizist im Rangárvellir-Bezirk«, sagte Magnús. »Ich stamme zwar aus der Gegend, aber es war nicht meine Traumstelle, denn ich wollte unbedingt nach Reykjavík. Ich habe meine Frau in Laugarvatn kennengelernt, sie war auf dem Gymnasium dort und ich auf der Sportschule. Dann habe ich einen Sommerjob bei der Polizei in Hvolsvöllur bekommen, und das gefiel mir besser als die Sportlehrerausbildung, darum bin ich auch bei der Polizei geblieben. Meine Frau hat nach dem Abitur Jura studiert, und ich wollte unbedingt zu ihr in die Stadt. Zu dieser Zeit war es aber nicht einfach, eine Stelle bei der Polizei in Reykjavík zu bekommen, vor allem nicht für Leute vom Land.«
    Während Magnús erzählte, fasste er mit einer Pinzette nach einem winzigen Federbüschel und hielt es an die Fliege, die er gerade knüpfte.
    »Im Frühjahr 1972 wurde Arngrímur Esjar zum Amtmann im Rangárvellir-Bezirk ernannt. Mit seinen knapp dreißig Jahren war er der jüngste, der je mit so einem hohen Posten betraut wurde. Er hatte sein Jurastudium abgeschlossen und sich als Referendar am Strafgericht bewährt, aber das allein hätte nie genügt, um eine derartige Stelle zu erhalten. Eine viel größere Rolle spielte seine Abstammung. Arngrímurs Vater, Ólafur Ingi Esjar, war Parlamentsabgeordneter und einer der einflussreichsten Männer in Island. Der einzige Grund, weshalb Ólafur Ingi nicht Minister wurde, waren seine weitläufigen und lukrativen geschäftlichen Unternehmungen, die er nicht aufgeben wollte. Mit seinen Pflichten als Abgeordnetem war das vielleicht noch zu vereinbaren, aber nicht mit dem zeitraubenden Job eines Ministers. Er hatte seine Finger überall drin, und ohne sein Wissen und sein Einverständnis unternahm die Regierung nichts. Es hieß, dass Ólafur Ingi auch die Arbeit seiner Partei zum größten Teil finanzierte.«
    Magnús machte eine kurze Pause, während er einen schwierigen Knoten an der Sportfliege knüpfte.
    »Arngrímur und ich haben uns da in Hvolsvöllur recht gut kennengelernt. Er war Junggeselle und kannte sich in seinem Bezirk überhaupt nicht aus, und ich lebte allein, weil meine Frau ja in Reykjavík studierte. Wir trafen uns auch außerhalb der Arbeit, sind zusammen ausgeritten und haben in der Sporthalle der Volksschule Badminton gespielt.«
    Magnús sah von seiner Arbeit hoch und wandte sich Birkir zu.
    »Und damit bin ich bei deiner Frage«, sagte er. »Kurz nachdem Arngrímur seine Stellung in Hvolsvöllur angetreten hatte, zog diese seltsame Truppe nach Sandgil, einer unbedeutenden Klitsche ganz weit hinten in Fljótshlíð. Es handelte sich um Hippies aus Reykjavík, drei junge Männer und zwei junge Frauen. Die Männer hießen Jón, Helgi und Fabían, und die Frauen Sunna und Rakel. Sie lebten ständig dort, aber sie hatten auch viele Gäste, von denen sich einige zeitweilig länger dort aufhielten.«
    »Diese drei Männer waren am 11. Oktober Gäste in der isländischen Botschaft. Und auch der Bruder von Sunna, er heißt Starkaður.«
    »Ja, aber das war ganz sicher ein Zufall. Da besteht keine Verbindung dazwischen.«
    »Bitte erzähl weiter«, bat Birkir. »Soweit ich hören kann, hast du das alles noch ziemlich präsent.«
    »Ja, die Erinnerung kommt langsam wieder«, antwortete Magnús. »Jón und Sunna waren ein Paar, und Rakel und Helgi dito. Fabían arbeitete angeblich für Jón, aber er war letzten Endes einfach nur ein entwurzelter und entwicklungsgestörter Junge, den sie in ihre Kommune aufgenommen hatten. Das Haus, in dem sie lebten, hatte Jóns Großonkel gehört. Der starb ohne Nachkommen, deswegen erbte Jóns Vater Sváfnir das Haus des alten Mannes. Meines Wissens ist Jón da ohne die

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