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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Zustimmung seines Vaters eingezogen, doch der hat nichts dagegen unternommen. Die jungen Leute betätigten sich alle irgendwie künstlerisch, und davon wollten sie da auf dem Land leben. Jón dichtete, Helgi arbeitete mit Ton, Sunna musizierte und zog nebenbei auch Wachskerzen, Rakel wollte Schriftstellerin werden und Fabían zeichnete. Bei gutem Wetter stellten sie sich freitagsnachmittags vor den Genossenschaftsladen und versuchten, ihre Erzeugnisse zu verkaufen. Sunna spielte Gitarre und sang ihre Lieder, die anderen boten ihre Sachen an. Das Geschäft lief nicht besonders, nur in Sunnas Gitarrenkasten landete meist ein bisschen Kleingeld. Infolgedessen mussten sich die Hippies wohl oder übel eine andere Einnahmequelle suchen, von ihrer Kunst konnten sie nicht leben. Sie haben oben im Dachgeschoss des Hauses Cannabis angebaut und das Zeug in Reykjavík verkauft. Zunächst nur in kleinem Stil, doch dann steigerten sie die Produktion. Das konnte natürlich nicht lange verborgen bleiben, denn der Stromverbrauch auf dem Hof schnellte gewaltig in die Höhe. Jón war als säumiger Zahler bekannt, doch auf einmal bezahlte er pünktlich auf den Tag, und das, obwohl sich die Summe verdreifacht hatte. Wer im Dunkeln an dem Haus vorbeikam, sah oben auf dem Dachboden seltsames Licht durch irgendwelche Ritzen schimmern. Wir haben nur ein paar Monate gebraucht, um herauszufinden, was dahintersteckte. Freitags fuhren sie in ihrem alten Russenjeep nach Reykjavík und verteilten sich auf die Vergnügungslokale, um den Stoff, abgepackt in kleine verbrauchsfertige Portionen, an den Mann zu bringen. Es wurde beschlossen, sie auf einer solchen Verkaufsfahrt vor den Toren von Reykjavík zu schnappen, und während diese Aktion stattfand, fuhren der Amtmann und ich nach Sandgil, um eine Hausdurchsuchung durchzuführen und die beiden, die zu Hause waren, festzunehmen. Helgi, Jón und Rakel wurden kurz vor Reykjavík mit einer großen Sendung festgenommen, Sunna und Fabían waren zu Hause. Als wir nur noch wenige Kilometer vom Hof entfernt waren, sahen wir auf einmal Rauch aufsteigen, und kurze Zeit später schlugen bereits die Flammen zum Himmel. Wir haben uns beeilt, aber wir kamen zu spät. Fabían hatte es geschafft, nach draußen zu kommen, er irrte da irgendwo im Dunkeln herum. Sunna war noch im Haus, und es ist uns nicht gelungen, sie herauszuholen, obwohl der Amtmann versuchte, zu ihr vorzudringen. Wir hörten ihre Hilfeschreie, konnten aber nichts ausrichten. Arngrímur hatte Glück, dass er mit dem Leben davongekommen ist. Auf dem Weg nach draußen verlor er das Bewusstsein, doch ich konnte ihn die letzten Meter hinausziehen. Das Haus brannte nieder, noch bevor die Feuerwehr angerückt war. Es brauchte einen ganzen Suchtrupp, um Fabían zu finden. Der Junge war absolut nicht imstande, sich über die Ursache des Brandes zu äußern. Als sich herausstellte, dass er sowohl körperlich als auch geistig völlig am Ende war, wurde er in eine entsprechende Institution eingewiesen.«
    »Und wodurch ist der Brand entstanden?«, fragte Birkir.
    Magnús ließ sich Zeit mit der Antwort, aber schließlich sagte er: »Die Untersuchung der Brandruine ergab, dass der Gasherd in der Küche an gewesen sein musste. Ein großer Topf, in dem das Wachs geschmolzen wurde, lag auf dem Fußboden. Zeugen haben ausgesagt, dass sie im Wohnzimmer die Formen für die Kerzenherstellung sowie Farbstoffe, Dochte und dergleichen gesehen hatten. Und die überlebenden Bewohner des Hauses bestätigten, dass dort Kerzen angefertigt worden waren. Als Ergebnis der Ermittlung wurde festgehalten, dass Fabían wahrscheinlich unter sehr fahrlässigen Bedingungen Wachs geschmolzen hatte. Das Wachs hatte sich vermutlich überhitzt und Feuer gefangen. Fabían rettete sich durch die Hintertür ins Freie, aber Sunna war oben im Dachgeschoss und beschäftigte sich mit den Cannabispflanzen, sie hat das Feuer wahrscheinlich zu spät bemerkt. Ihre Leiche wurde unter dem eingestürzten Dach bei einer winzigen Fensterluke gefunden, durch die sie wohl versucht hat, ins Freie zu gelangen.«
    »Es war also ein Unfall.«
    »Ja, ein äußerst tragischer Unfall. Arngrímur trug einen solchen Schock davon, dass er seine Stelle kündigte und zum diplomatischen Dienst überwechselte. Ich bekam kurze Zeit später eine Stelle in Reykjavík und versuchte, diesen Fall zu vergessen. Es war einfach zu entsetzlich, darüber nachzudenken.«
    »Weshalb hat Arngrímur einen neuen Namen angenommen?«,

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