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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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abwälzen wollte?«
    »Nein«, antwortete Helgi. »Fabían hatte nicht die geringste Ahnung, was im Ermittlungsbericht stand oder was die Leute über den Vorfall dachten. Als er endlich wieder so weit bei Verstand war, um sich zu der Sache zu äußern, erzählte er ganz einfach seine Geschichte. Für ihn spielte es keine Rolle, was andere glaubten. Diese Geschichte kann er gar nicht erfunden haben. Sein Bild vom Bezirksamtmann ist so präzise wie ein Foto, sogar das Wappen auf den Knöpfen seiner Uniform ist zu erkennen. Und das, obwohl er den Mann nie zuvor gesehen hatte. Er war nie mit uns nach Hvolsvöllur gefahren, und der Amtmann kam an diesem Abend zum ersten Mal nach Sandgil.«
    »Na schön«, sagte Birkir achselzuckend. »Gehen wir also davon aus, dass seine Geschichte wahr ist.«
    »Sie ist wahr. Es besteht kein Zweifel daran, dass Arngrímur Esjar schuldig ist. Er hat den Tod von Sunna auf dem Gewissen. Unserer Meinung nach bestand allerdings keine Hoffnung, dass die Gerechtigkeit ihn je erreichen würde. Fabían war kein Zeuge, den man vor Gericht ernst genommen hätte. Außerdem war es ungewiss, ob das Verbrechen inzwischen nicht sogar längst verjährt war. Selbst wenn wir die Sache an die Öffentlichkeit gebracht hätten, gab es kaum Chancen, dass jemand ihr Glauben schenken würde. Unsere einzige Hoffnung bestand darin, Arngrímur Esjar zu zwingen, die Wahrheit zu sagen, und genau das war unsere Absicht. Wir brachten in Erfahrung, wo Arngrímur tätig war. Damals bekleidete er einen Posten in Washington, und von dort ging er zuerst nach Bonn und später nach Berlin. Wir sahen keine andere Möglichkeit, als ihn in unsere Gewalt zu bringen und ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Entweder schriftlich oder mündlich auf Band.«
    »Wer waren in diesem Zusammenhang wir ?«, erkundigte sich Birkir.
    »Das waren ich, der Sonnendichter, Rakel und Starkaður, Sunnas jüngerer Bruder.«
    »Und wie habt ihr euch das vorgestellt?«
    »In all den Jahren, die seitdem vergangen sind, konzentrierten sich unsere Pläne darauf, Arngrímur in unsere Gewalt zu bringen, sobald er nach Island kommen würde. Das Warten zog sich in die Länge, er kam einfach nie nach Island. Starkaður ist mit einer jungen Frau bekannt, die als Sekretärin im Außenministerium arbeitet, und die hat er gebeten, uns zu benachrichtigen, wann Arngrímur zu erwarten wäre. Er gab vor, dass es um eine alte Grundbucheintragung ginge, aus der Zeit, als Arngrímur Bezirksamtmann in Hvolsvöllur war, angeblich eine so unbedeutende Sache, dass man ihn deswegen nicht eigens in Berlin belästigen müsste. Diese Sekretärin kontaktierte er immer wieder, erhielt aber stets die gleiche Antwort, dass Arngrímur nicht auf dem Weg nach Island sei.«
    »Und zum Schluss habt ihr dann beschlossen, selber nach Berlin zu fahren?«, fragte Birkir.
    »Ja. Da kamen auf einmal mehrere Dinge zusammen. Ich wurde zu einer Ausstellung im Felleshus eingeladen, und Jón hatte die deutsche Übersetzung seiner Gedichte erhalten. Jón kannte den Botschafter, der erst kürzlich seinen Posten in Berlin angetreten hatte, persönlich, mit seiner Hilfe hat er auch seine Gedichte in Deutschland herausgeben können. Es war allerdings keine normale Ausgabe, Jón musste sie nämlich selber finanzieren. Als ich auf einer Kunstausstellung die Frau des Botschafters kennenlernte, ließ ich durchblicken, dass Jón zur Buchmesse nach Frankfurt reisen würde, und fragte sie, ob das nicht eine gute Gelegenheit sei, ihn zu einer Lesung in die Botschaft einzuladen. Ich schlug ihr Sonntag, den 11. Oktober als Termin vor, da ich an diesem Tag zur Vorbereitung der Ausstellung auch in Berlin sein würde. Für diesen Sonntag ließ ich mir dann einen Termin mit Botschaftsrat Arngrímur Ingason geben. Starkaður hatte vor, an demselben Wochenende mit seinem Mann Unnar nach Berlin zu fliegen, um sich die Modenschau eines bekannten Designers anzusehen. Auf diese Weise meinten wir drei, Arngrímur endlich in der Hand zu haben, und zwar allein, denn an einem Sonntag würden wohl kaum andere Botschaftsangehörige in ihren Büros sein. Wir hatten vor, ihn mit Fabían als Zeugen zu konfrontieren und ihn dazu zu bringen, ein Geständnis niederzuschreiben. Wir gingen davon aus, dass er dazu nur unter Androhung von Gewalt bereit sein würde, und deshalb wurde das Messer im Kerzenleuchter in die Botschaft geschmuggelt. Der Hohlraum bot ausreichend Platz für ein solches Messer. Der Boden wurde mit einer

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