Späte Sühne - Island-Krimi
Gipsfüllung verschlossen, die einfach herauszubrechen war.«
»Aber wer nicht erschien, war Arngrímur«, warf Birkir ein.
»Nein, Arngrímur war nicht da. Bis zu der Lesung verlief alles nach Plan. Ich fragte den Botschafter nach seinem Botschaftsrat, mit dem ich einen Termin hatte, und da sagte Konráð mir, dass er unvorhergesehenerweise nach Stuttgart hätte reisen müssen. Stattdessen wollte er persönlich das Gespräch mit uns führen. Was für eine Enttäuschung! Alle Mühen umsonst, die ganze umständliche Vorbereitung, die ganze Planung für die Katz. Arngrímur war uns durch die Lappen gegangen.«
»Und was habt ihr dann gemacht?«
»Jón hat natürlich die Lesung gehalten, und wir spielten unsere Rollen, als sei nichts vorgefallen. Anschließend sind wir mit dem Botschafter in die Botschaft gegangen, was dann zu dieser Party ausuferte, bei der auf einmal dieser seltsame Anton Eiríksson auftauchte. Jón und Starkaður waren so frustriert über diesen Strich, der uns durch unsere schöne Rechnung gemacht wurde, dass beide dem Alkohol reichlich zusprachen. Jón gab ein Stegreifgedicht nach dem anderen zum Besten, und der Botschafter amüsierte sich königlich. Er bestellte Essen für uns, wir blieben dort bis spät in die Nacht, wie du weißt.«
»Aber wer hat Anton ermordet? Wer wusste von dem Messer?«
»Keine Ahnung, wer Anton ermordet hat. Von dem Messer wussten alle.«
»Auch Unnar?«
»Ja.«
»Und Lúðvík?«
»Ja. Lúðvík war die Aufgabe zugedacht, Arngrímur notfalls unter Druck zu setzen. Er kannte sich mit solchen Methoden aus, er hat ja schließlich Erfahrung als Geldeintreiber. Er hat keine Probleme damit, Leuten Angst einzujagen.«
»Weshalb gehörte er auch zu eurer Gruppe?«
»Er ist sozusagen angeheuert worden. Für Geld macht er fast alles, und Jón hatte vor, ihn gut zu bezahlen.«
»Ist es dann nicht mehr als wahrscheinlich, dass er Anton ermordet hat?«
»Ich weiß es nicht.«
»Keiner von euch wusste, was er in dieser Stunde gemacht hat, in der er angeblich krank auf der Toilette hockte. Er hätte unterdessen jederzeit in den dritten Stock gehen können, nicht wahr?«
»Wir waren in diesem Konferenzraum. Wir haben nicht darauf geachtet, was draußen vor der Tür passierte.«
»Lúðvík hat also kein Alibi.«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
»Wo finde ich ihn?«
»Ich glaube, er ist noch im Ausland.«
»Nein, das ist er nicht. Wo wohnt er?«
»Er lebt in Mosfellsbær mit einer Frau zusammen. Da wird er wohl auch polizeilich angemeldet sein.«
18:00
Als Birkir wieder auf der Straße stand, rief er Dóra an. Sie befand sich noch in dem Wohnblock in Austurbrún und befragte die Hausbewohner. Sie erklärte sich bereit, ihn sofort abzuholen, mit der Befragung hatte es ja keine Eile. Anschließend rief Birkir seinen Vorgesetzten Magnús auf seinem Handy an. Nach ein paar Mal Klingeln nahm Magnús das Gespräch an.
»Ich muss dringend mit dir reden«, sagte Birkir. »Es geht immer noch um den Brand in Sandgil. Ich habe neue Informationen, die stark von dem abweichen, was du mir erzählt hast. Der Sache muss auf den Grund gegangen werden.«
»Ich bringe gerade Gunnar nach Hause«, sagte Magnús. »Wir können uns danach bei mir zu Hause treffen.«
»Bring Gunnar mit zu dieser Besprechung«, sagte Birkir. »Er muss auch Bescheid wissen. Ich kümmere mich nachher darum, dass er nach Hause kommt.«
Birkir hörte im Hintergrund, wie Magnús mit Gunnar sprach, dann meldete er sich wieder: »In Ordnung. Gunnar kommt auch. Wir sehen uns bei mir zu Hause.«
Eine Viertelstunde später traf Dóra ein, und Birkir setzte sich zu ihr ins Auto.
»Entschuldige, dass es so lange gedauert hat«, sagte Dóra. »Auf dem Weg nach draußen habe ich einen Mann aus der Wohnung darunter getroffen. Er sagt, er habe zwei Tage lang ab und zu eine Bohrmaschine gehört. Nicht ständig, und nie abends.«
»Hat er jemanden gesehen?«
»Nein. Aber Anna scheint etwas Spannendes gefunden zu haben. Mir wurde gesagt, dass sie sogar zwei Stunden lang nicht geraucht hat, während sie damit beschäftigt war.«
»Weißt du, was sie gefunden hat?«
»Fußspuren oder so etwas.«
»Ach, bloß Fußspuren«, sagte Birkir enttäuscht. Mit solchen Indizien zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, war meist sehr schwierig.
»Das ist doch etwas, womit man arbeiten kann«, sagte Dóra.
Birkir bat sie, zu Magnús nach Hause zu fahren.
»Dieser Fall wird immer seltsamer«, sagte er. Als Dóra mehr wissen
Weitere Kostenlose Bücher