Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
Vom Netzwerk:
In der Einfahrt stand kein Auto, aber wichtig war, dass Licht brannte. Es war jemand zu Hause.
    Er hatte sich einen Plan überlegt. Sobald sie die Tür öffnete, würde er drohen müssen, vielleicht Gewalt anwenden, daran führte kein Weg vorbei. Die Ärztin musste reden. Seine Waffe, Vaters Waffe, würde ihren Dienst tun. Er machte sich keine Sorgen. Vielleicht hatte er sogar großes Glück, und die dunkle Frau befand sich ebenfalls im Haus. Da war etwas gewesen zwischen den beiden, zwischen dem hellen und dem dunklen Gesicht, an dem Abend vor knapp zwei Wochen im Stockholmer Schmetterlingshaus, eine Bande, eine besondere Anziehung, er hatte es gespürt. Kurz fühlte er Eifersucht. Dann dachte er an seine Waffe, an die Macht, die in ihr steckte. Er konnte tun, was er wollte. Er konnte machen, dass sich die Ärztin auszog. Er konnte sie Dinge tun lassen und Fotos davon machen. So würde er sie immer anschauen können, die reife Haut, das Haar, ihre weichen Brüste, an die Glastür einer Duschkabine gepresst. Er merkte, wie er eine flüchtige Erektion bekam, dann war der Moment vorbei.
    Er stieg aus dem Wagen, ging zur Tür und klingelte. Nichts regte sich. Er wartete, klingelte erneut. Wieder tat sich nichts im Haus, kein Geräusch, keine Bewegung. Jetzt wurde er ungeduldig. Klingelte noch einmal, zweimal, dreimal. Nichts passierte. Er hörte nur den Nachhall der Klingel in den Tiefen des Hauses. Das machte ihn wütend. Er klingelte Sturm, er läutete wie ein Verrückter, er pochte mit der Faust an die Tür. Plötzlich tat die Stelle in seinem Bauch wieder weh. Er sah sich um. Ein Garten, bedeckt mit weißen Kristallen, führte um das Haus herum. Er ging an Büschen vorbei über winterfestes Heidekraut. Jetzt war er auf der Rückseite des Grundstücks. Über ihm schrie eine Möwe. Er zögerte kurz, dann zerschlug er die Scheibe der Terrassentür, indem er die schwere Pistole wie einen Hammer benutzte. Die Doppelverglasung zerbarst mit einem hellen Geräusch, schon war er im Wohnzimmer, in der Küche, im Flur. An der Wand neben der Treppe nach oben hingen Drucke in Messingrahmen, aber das sah er kaum. Er eilte durch alle Räume, doch das große Haus war verlassen.
    5
    Forss biss in ihre Hand und knetete ihr Haar, als wringe sie die Gedanken mit Gewalt aus ihrem Kopf.
    Larsson entkommt einem politischen Attentat.
    Er ist schwer verletzt.
    Er bricht zusammen, fällt ins Koma.
    Die armenischen Mönche pflegen ihn gesund.
    Doch die armenischen Mönche wissen überhaupt nicht, wer er ist. Ein bewusstloser junger Mann ohne Papiere, aber sie behandeln ihn, ihrem Gebot der Barmherzigkeit folgend. Es interessiert sie überhaupt nicht, wer er ist. Und als Larsson aus dem Koma erwacht, hat er kein Interesse daran, seine Identität mitzuteilen, genau das hat er ja in dem Brief beschrieben. Er ist ein Mann ohne Namen. Deshalb gibt es auch keine Akte über ihn. Oder es gibt eine Akte, aber sie trägt einen anderen Namen, John Doe oder Klaus Müller oder Sven Svensson. Aber wie, um Gottes willen, sollte Forss diese Akte finden? Es gab ja überhaupt keinen Ansatzpunkt.
    Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. Sollte sie diese Reise nach Israel vollkommen umsonst gemacht haben? Sie stand auf und lief um den Tisch herum. Dann setzte sie sich wieder hin. Nein, dachte sie. Nein, nein, nein, nein, nein!
    Und plötzlich fiel ihr die Lösung ein. So einfach, so naheliegend. Sie stand wieder auf und ging zu demselben Schrank, in dem sie eben gesucht hatte. Aber diesmal zog sie die obere Schublade auf.
    FARCELLI
    FATH
    FATHI
    FAZOUANI
    FENDI
    FEUERMANN
    FRIEDRICHSEN
    FROST
    FROST, BALTHASAR MELCHIOR.
    * 30.01.1918, HULL, ENGLAND.
    † 31.10.1948, JERUSALEM, ISR.
    Forss schluckte. Das war es also. Frost war hier gewesen, der echte Frost, hier im Hospiz, zur gleichen Zeit wie Larsson. Dann war Frost gestorben, wenige Tage nachdem Larsson den Brief an Johan ins ferne Schweden geschrieben hatte. Und Henrik Larsson hatte sich Frosts Papiere, Frosts Identität bemächtigt und war als Engländer nach Schweden zurückgekehrt.
    Sie zog die Akte aus dem Register. Es gab einen Ordner mit Krankenblättern. Die Einträge waren zum größten Teil lateinische Abkürzungen. Außer dem Verlauf der Fieberkurven verstand sie gar nichts. Nur einen Ausdruck erkannte sie wieder. Lues Venerea . Sie schnalzte mit der Zunge. Den Begriff kannte sie aus einer der langatmigen Vorlesungen aus der Polizeihochschule, die sie vergangene Woche über sich ergehen lassen

Weitere Kostenlose Bücher