Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
bot an, diese finanziell auszugleichen. Maja Wirfält versicherte daraufhin, dass das nicht nötig sei, und erbot sich, das zurückgelassene Gepäck nachzuschicken.
»Sie schien einen Moment nachzudenken«, sagte Wirfält. »Und dann sagte sie mir, dass es nicht nötig sei, dass ich das Gepäck nachschicke. Sie würde es in den nächsten Tagen abholen. Na gut, hab ich mir gedacht, das spart uns die Mühe und das Porto. Das Seltsame ist nur, dass die Sachen bis heute nicht abgeholt worden sind.«
»Willst du damit sagen, dass das Gepäck der Frau immer noch bei euch im Hotel ist?«, fragte Hultin.
»Das hast du messerscharf kombiniert«, antwortete Maja Wirfält und strich über ihren großen, runden Bauch.
5
»Ich verstehe nicht, warum sie ihre Sachen nicht nachgeschickt bekommen wollte«, sagte Göran Lindholm und rückte sich die Brille zurecht. »Das wäre doch viel praktischer gewesen!«
»Sie wollte nicht preisgeben, wo sie sich aufhält«, knurrte Knutsson. Er tunkte eine Zimtschnecke in seinen Milchkaffee. »Sie will halt nicht geschnappt werden.«
»Noch wissen wir gar nicht, ob sie wirklich etwas mit Larssons Tod zu tun hatte«, sagte Hultin.
»Ach, nee. Die ist nur ganz zufällig zur Tatzeit da draußen rumgegurkt!« Während er »zufällig« sagte und das Wort in die Länge zog, malte Knutsson mit seinen Fingern imaginäre Anführungszeichen in die Luft.
»Ich wette zehn zu eins, dass sie es war«, fuhr er fort. »Warte, bis Bo mit dem Vergleich der Spuren fertig ist. Wie kann man nur so doof sein und eine ganze Tasche zurücklassen?«
»Aber Lasse, du weißt überhaupt nicht, was da draußen vor sich gegangen ist. Was ist zum Beispiel mit Forss’ Schachmann und dem Würfel?«, entgegnete Hultin.
»Jetzt hör doch mit dem Scheiß-Würfel und dem Scheiß-Schachmann auf!«, rief Knutsson verärgert und gestikulierte gefährlich mit der kaffeegetunkten Zimtschnecke. »Bos Ergebnisse waren schließlich eindeutig! Das Blut, das sie im Wald neben dem Unfallwagen gefunden haben, stimmt nicht mit den Spuren vom Tatort überein! Will das endlich mal in deinen Schädel, Anette?«
»Aber ...«
Die Tür wurde aufgerissen und Delgado kam herein.
»Es gibt Neuigkeiten«, sagte er und knallte einen Stapel Computerausdrucke und ein Buch in einem auffälligen Umschlag auf den Tisch. Die Kraft der Weiblichkeit stand darauf in großen, pinkfarbenen Buchstaben auf neongelbem Grund.
»Was zum Henker ...?«
»Maria Alya-Fadia ist nicht irgendwer. Sie ist Hochschulprofessorin in Amsterdam. Sie hat einen Lehrstuhl für Geschichte – Postkolonialismus und Feministische Theorie sind offensichtlich ihre Schwerpunkte – und ist offenbar eine international anerkannte Wissenschaftlerin. Ihre Publikationen sind in vierzehn Sprachen übersetzt worden, unter anderem ins Schwedische. Da, in dem Buch, gibt es einen Aufsatz von ihr. Stand nebenan, in der Bücherei. Nach allem, was ich auf die Schnelle gefunden habe, ist sie so etwas wie eine feministische Koryphäe, sie hat ungefähr tausend Auszeichnungen verliehen bekommen, unter anderem einen Ehrendoktortitel. Es gibt sogar einen Siebenseitenartikelaus dem Times – Magazin über sie, allerdings ist der schon von 1993. Maria Alya-Fadia ist 61 Jahre alt. Das ist die Kurzfassung.«
»Und diese Frau soll Henrik Larsson getötet haben? Zu Tode gefoltert und verstümmelt? Das bekomme ich im Kopf nicht zusammen. Und vor allem: Warum sollte sie so etwas tun?« Anette Hultin sprach aus, was alle dachten. »Wo soll da der Zusammenhang sein?«
»Bis jetzt wissen wir ja nur, dass sie zur fraglichen Zeit in der Nähe des Tatorts war. Und noch nicht einmal das mit hundertprozentiger Sicherheit. Wobei natürlich viel darauf hindeutet.«
»Warum heißt sie eigentlich Alya-Fa... Dingsda, wo sie doch Holländerin ist?«, wollte Knutsson wissen.
»Warum, warum«, äffte Hultin ihn nach. »Warum heißt du eigentlich Knutsson, obwohl du Vollidiot heißen solltest?«
»Ihr beiden nervt heute irgendwie«, sagte Lindholm.
Delgado blätterte in seinen Ausdrucken. »Da stand wirklich irgendwo etwas darüber. Den Namen hat sie erst später angenommen. Das hatte etwas mit ihrer Herkunft zu tun. Da, ich hab’s. Eigentlich hieß sie Maria Johns.«
»Klingt auch nicht gerade sehr holländisch, finde ich.«
»Geboren ist sie in ...« Delgado verstummte. Er sah ernst in die Runde.
»Geboren ist sie in Jerusalem«, sagte er dann.
6
Nyström sah aus dem Fenster des Taxis in den frühen
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