Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)
Flughafen und in Norremark.«
»Vierzehn Autos. Kannst du raussuchen, welche Wagen von Frauen ausgeliehen wurden?«
»Kein Problem. Hier, siehst du die Liste? Da sind vier Frauen dabei.«
»Und kann man sehen, was das für Autos waren, die sie gemietet haben?«
»Klar. In der Spalte dort steht die Kategorie. Und dann kann man natürlich noch das ausführliche Mietprotokoll aufrufen. T steht für Transporter, K für Kombi, KP für Kleinpersonenwagen und so weiter.«
Delgado hing jetzt halb über Karlotta Mendez’ Schulter, um auf den Bildschirm sehen zu können. Von den vier Vermietungen waren zwei Ts, einer war K und einer KP.
»Da«, sagte er und dachte an das, was Melin Dohuk erzählt hatte, »KP, das müsste sie sein.«
Mendez klickte auf den Mietvorgang. Routiniert überflog sie die Informationen.
»Ein Skoda Fabia. Am Samstagnachmittag gegen halb drei angemietet, an der Station neben dem Bahnhof zum 24-Stunden-Spartarif. Ist dann aber zweimal telefonisch verlängert worden.«
»Kann man das denn?«
»Ohne Probleme. Falls es keine Reservierungen gibt, jedenfalls. Der Wagen hier ist immer noch von der Kundin ausgeliehen. Bis übermorgen. Die Mieterin heißt Maria Alya-Fadia. Eine niederländische Staatsbürgerin. Sie hat mit ihrer Kreditkarte bezahlt.«
»Alya-Fadia«, wiederholte Delgado.
»Klingt irgendwie arabisch«, stellte Mendez fest.
3
Forss hatte die Augen geschlossen. Sie schwebte mehr als zehntausend Meter über dem Mittelmeer, irgendwo über Zypern oder der Türkei, aber es war auch völlig einerlei; sie dachte über etwas nach. Etwas, das nicht ins Bild passte, das absolut nicht in das Bild passte, das sie so mühevoll zusammengepuzzelt hatte. Kurz bevor das Flugzeug gestartet war und sie ihr Telefon hatte ausschalten müssen, hatte sie Delgados SMS bekommen: Neue Spur: Frau, möglicherweise arabisch. Maria Alya-Fadia .
War das möglich? Gab es eine zweite Tatverdächtige? Ein Mordduo? Konnte das sein? Wie passte das zu Walter Hedingks? Der Schachspieler, der von seinem Vater Erik gelernt haben musste, wie man Schachfiguren aus Papier faltet. Sie dachte an das, was ihr Günther über das Leben in den Lagern erzählt hatte. Was sie in Yad Vashem gesehen hatte. Das allgegenwärtige Leid. Der allgegenwärtige Tod. Aber auch die Auflehnung dagegen. Der unbändige Lebenswille vieler. Ein Spiel als Überlebensstrategie. Sie dachte an das Buch von Stefan Zweig. Die Schachnovelle, sie hatte es in der Schule gelesen. Darin überlebte jemand die NS – Tortur, weil er sich am Schach festhalten konnte, obwohl er darüber beinahe wahnsinnig geworden war. War Erik Hedingks so jemand gewesen?
Ein Mann und eine Frau. Walter Hedingks und Maria Alya-Fadia.
Der Sohn eines norwegischen Kriegsgefangenen und eine Frau mit einem arabisch klingenden Namen.
Ein Mordpaar?
Sie kramte den vergilbten Papierumschlag aus ihrer Umhängetasche und kippte den Inhalt auf das Tablett vor ihr. Da lag es, das Erbe von Balthasar Melchior Frost. Des echten Balthasar Melchior Frost. Ein paar Papiere, eine Brieftasche und ein Tagebuch. Forss nahm die Brieftasche und zog die beiden Fotos heraus. Sie betrachtete sie lange, bevor sie sie sorgfältig zurücksteckte. Dann griff sie zu Frosts Tagebuch, schlug es auf und begann zu lesen. Und irgendwann, viel später, die SAS – Maschine flog längst über die aufgewühlte Ostsee, begann sie, die Zusammenhänge zu begreifen.
4
Nachdem sie den Namen hatten, war der Rest Routine. Das dritte Hotel, bei dem Hultin anrief, das Cardinal in der Fußgängerzone, keine drei Minuten vom Bahnhof, war ein Treffer. Maria Alya-Fadia hatte am Tag der Tat am frühen Samstagnachmittag im Cardinal eingecheckt und für eine Übernachtung bezahlt. Am Sonntagmittag hatte sie jedoch weder bis zur vereinbarten Zeit ausgecheckt, noch war sie telefonisch erreichbar gewesen. Gegen fünfzehn Uhr ließ die besorgte und hochschwangere Geschäftsführerin Maja Wirfält die Türe ihres Zimmers öffnen. Man fand ein unbenutztes Bett und eine Reisetasche sowie einen Kulturbeutel im Bad. Eine Stunde später erreichte man die Kundin endlich unter der Mobiltelefonnummer, die sie beim Einchecken angegeben hatte. Der Geschäftsführerin zufolge habe die Frau am Telefon sehr aufgewühlt und gleichzeitig sehr matt geklungen. Sie habe erklärt, dass sie aus dringenden persönlichen Gründen überraschend habe abreisen müssen. Sie entschuldige sich für die Umstände und die Mühe, die dem Hotel entstanden seien, und
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