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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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heraus. Ich baute mich vor ihm auf und legte eine Schimpftirade hin, die meinem italienischen Temperament alle Ehre machte.
    »So, das hast du nun davon«, sagte ich völlig außer Atem, da ich geredet hatte, ohne Luft zu holen, »eigentlich wollte ich dir sagen, dass ich dich liebe und dass ich dich zurückhaben will, aber du machst es einem echt nicht leicht.«
    Ohne sich anmerken zu lassen, wie es in ihm aussah, sagte er: »Du auch nicht.«
    Was sollte das denn nun schon wieder? Ich blickte ihn nur fragend an.
    Nach einer halben Minute, die mir vorkam, als wäre sie dreieinhalb Stunden lang, setzte er hinzu: »Mich hat in meinem ganzen Leben noch niemand geschlagen. Und ich muss das in diesem Leben auch nicht noch mal haben.«
    Aua! Das schmerzte eindeutig mehr als eine Ohrfeige. Meine Wut wich Scham, als ich mir ins Gedächtnis rief, wie ich mich neulich aufgeführt hatte, noch dazu auf offener Straße.
    »Tut mir leid«, sagte ich ehrlich geknickt. »Das war Notwehr. Oder vielmehr eine Verzweiflungstat. Ich war …«
    Abrupt brach ich ab, als er die Hand hob.
    »Schon gut.« Er machte einen Schritt auf mich zu und fuhr mir mit einer unbeholfenen Geste durchs Haar.
    Die Berührung brach den Bann zwischen uns, und ich stürzte mich in seine Arme. Minutenlang standen wir vor seiner Wohnungstür, eng umschlungen. Wir hielten einander so fest, als könnten wir dadurch alles ungeschehen machen, was je zwischen uns gestanden hatte.
    »Bitte verzeih mir«, sagte ich schließlich, »ich bin die größte Idiotin unter der Sonne. Ich habe schmollend darauf gewartet, dass du dich meldest, anstatt mich bei dir zu entschuldigen.«
    »Ich war auch nicht besser. Zweimal stand ich vor eurer Haustür, bin im letzten Moment aber wieder gegangen, ohne zu klingeln.« Er seufzte. »Versprich mir, dass es nie wieder so weit kommt.«
    Ich nickte.
    Dann küssten wir uns. Endlich.
    Danach konnte ich den Mann, dem mein Herz gehörte, in aller Ruhe zum Geburtstag von nonna einladen. Zu meiner großen Freude und Erleichterung versprach er, am Samstag zu kommen.
    Nonnas Fest war ein voller Erfolg. Wir saßen nicht nur, wie sie es sich gewünscht hatte, alle um den großen Tisch im Wohnzimmer, sondern Otto durfte tatsächlich offiziell in den Kreis unserer Familie zurückkehren. Mamma erwähnte ihn in ihrer Geburtstagsansprache, ein deutliches Statement, dem babbo nichts entgegenzusetzen hatte. Zio Gaetano, der sehr wohl wusste, dass er etwas gutzumachen hatte, schaffte es, Otto und meinen Vater in ein Gespräch zu verwickeln. Bald unterhielten sich die drei lebhaft über das neue Auto, das seit einer Woche vor unserer Tür stand. Als ich es mitbekam, hielt ich kurz die Luft an, immerhin hatte der Unfall mit dem Punto zu dem Hausverbot geführt. Aber kurz darauf bot babbo meinem Freund einen Whisky an, das größte Zugeständnis, das man von ihm erwarten durfte, und ich atmete auf.
    Um ein Haar wäre es kurz vor Schluss noch mal kritisch geworden, doch mein Onkel entpuppte sich – vermutlich unabsichtlich, aber egal – als Meister der Diplomatie und bewahrte so den Haussegen.
    Babbo und zio Gaetano, die noch eine Runde um den Block drehen wollten, standen bereits in der Tür, da kam Otto von der Toilette zurück. Als er sie sah, sagte er zu ihnen: »Viel Spaß. Aber bleibt ja sauber, Jungs.«
    Vor Schreck hielt ich die Luft an, denn mein Vater bedachte meinen Freund mit einem Blick, als hätte dieser ihm gerade die Pest an den Hals gewünscht. Ich sah den fragilen Familienfrieden schon wieder in Gefahr, da rettete zio Gaetano die Situation, indem er in schallendes Gelächter ausbrach.
    »Danke, dass du dich so um uns sorgst, junger Freund«, sagte er und wischte sich die Lachtränen aus dem Augenwinkel. »Wir werden uns gerade noch beherrschen können.«
    Ich musste grinsen, denn die Vorstellung, dass zio Gaetano meinen Vater zu einer ähnlich unsinnigen Performance anstiften könnte wie Otto, erschien mir eher unwahrscheinlich.
    »Bin ich froh, dass endlich alles wieder gut ist«, sagte ich zu Otto, nachdem die beiden gegangen waren.
    »Ich auch«, erwiderte er und gab mir einen Kuss. »Wollen wir mal hoffen, dass der Frieden von Dauer ist.«

16.
    Der Frieden war von Dauer, wenngleich nur für drei Wochen, sechs Tage und einzwanzig Stunden. Bevor der Weltuntergang über unsere Familie hereinbrach, verbrachten Otto und ich die schönste Zeit unseres Lebens. Ähnlich wie nach der Versöhnung mit Vale war ich ihm durch die Aussprache ein

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