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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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Anrufbeantworter hinterlassen und ihr zwei SMS geschickt hatte, konnte ich nichts weiter tun, als mich zu gedulden. Bei Otto probierte ich es gar nicht erst, denn wenn er auf dem Rad saß, hatte er sein Handy grundsätzlich ausgeschaltet.
    Fieberhaft überlegte ich, wie ich meinen Eltern die Hiobsbotschaft möglichst schonend beibringen konnte. Am liebsten hätte ich ihnen erst einmal nichts gesagt und versucht, die Zwillinge auf eigene Faust zu finden. Aber wo sollte ich anfangen? Was, wenn ihnen etwas zugestoßen war? Wenn sie in Gefahr waren? Es half nichts, ich musste da jetzt durch.
    Wie erwartet löste ich mit der Nachricht vom Verschwinden meiner Schwestern zu Hause einen Tsunami aus. Ich traf sie alle drei im Wohnzimmer an, wo sie gemeinsam eine von babbos geliebten Dokumentationen ansahen. Nonna war auf dem Sofa eingeschlafen und schnarchte leise, mamma las nebenher eine Zeitschrift, während mein Vater völlig gebannt der Stimme aus dem Off lauschte.
    Die Wohnungstür war noch nicht hinter mir ins Schloss gefallen, da platzte ich auch schon mit der Nachricht heraus. »Passt auf, die Zwillinge sind verschwunden«, sagte ich, und im ersten Moment hörten sie gar nicht richtig hin.
    »Was hast du da gerade gesagt?«, fragte mamma , die als Erste den Blick hob.
    »Laura und Paola, sie sind weg.«
    Nachdem ich meinen Eltern mit stockenden Worten erzählt hatte, was ich von Gianmarco erfahren hatte, war die Panik groß. Nonna versuchte sofort, die beiden mobil anzurufen, obwohl ich ihr glaubhaft versichert hatte, dass sie niemanden erreichen würde. Mamma erlitt einen Wein-Schrei-Krampf, und babbo rannte zum Telefon, um die Polizei zu holen.
    Kurz darauf standen zwei Carabinieri bei uns im Wohnzimmer, um die Vermisstenmeldung aufzunehmen und mich zu befragen. Ich gab ihnen außerdem die Adressen und Telefonnummern von Gianmarco sowie von Ginas Eltern, die sie sofort kontaktieren wollten. Nur das Detail mit der auffälligen Outdoorjacke ließ ich weg. Nachdem sie uns geraten hatten, überall Zettel mit Fotos von Laura und Paola auszuhängen und herumzufragen, ob jemand etwas gesehen hatte, verabschiedeten sie sich wieder. Sie würden sich melden, sobald sie etwas herausgefunden hätten, versprachen sie und beruhigten meine Eltern. Sicher könnten sie bald Entwarnung geben, machten die beiden Carabinieri ihnen Hoffnung, das sei in solchen Fällen meistens so.
    Statt einer Entwarnung wartete jedoch erst einmal der nächste Schock auf uns. Meine Eltern hatten keinen Verdacht geschöpft, wenn die Zwillinge am Wochenende bei ihrer Klassenkameradin Gina übernachtet hatten. Sie kannten die Eltern des Mädchens und glaubten ihre Töchter unter Aufsicht. Mir hätten sie so etwas in dem Alter selbstverständlich niemals erlaubt, aber für jüngere Schwestern werden die Regeln ja gerne mal gelockert, sogar bei uns. Natürlich hatten Laura und Paola es tunlichst vermieden, zu erwähnen, dass Ginas Eltern fast jedes Wochenende in Bologna waren, um die Großmutter des Mädchens zu versorgen. Die alte Dame war kürzlich gestürzt, weigerte sich jedoch beharrlich, zu ihrem Sohn und dessen Familie nach Riccione zu ziehen.
    Die Nachricht, dass die drei Teenager an den Wochenenden jedes Mal unbeaufsichtigt waren, setzte meinen Vater vollends außer Gefecht. Mich auch, denn das hieß, dass Gina mich dreist angelogen hatte. Babbo saß nur noch da und starrte vor sich hin, wobei er sich wahlweise die Haare raufte oder am Kinn kratzte und immer wieder murmelte: »Das musste ja passieren. Das musste ja irgendwann passieren.«
    Mamma hingegen versuchte dem Schrecken durch blinden Aktionismus beizukommen. Innerhalb von einer Viertelstunde hatte sie unsere komplette Verwandtschaft informiert, inklusive zia Giusi und zio Maurizio. Meine Patentante und ihr Mann setzten sich sofort ins Auto und kamen her, um uns bei der Suche zu unterstützen. Meine Großmutter hatte zwischenzeitlich ein Foto der Zwillinge aus einem Album genommen, das ich nun einscannte, um die Suchmeldungen zu erstellen. Knapp eine Stunde war ich damit beschäftigt, dann raste ich mit unserem neuen Wagen in den Copyshop, um fünfzig Kopien davon anfertigen zu lassen.
    Auf dem Weg dorthin erreichte ich endlich Vale, die von der Nachricht genauso geplättet war wie ich. Im Gegensatz zu mir bewahrte sie einen kühlen Kopf und sagte mir ohne zu zögern ihre Hilfe zu.
    »Alles klar«, meinte sie, nachdem ich ihr die Sachlage geschildert hatte. »Während du die Kopien machst,

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