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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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erstenmal hier war. Nur, weil er freundlich lächelte, wagte Markus, ans Pult der Rezeption heranzutreten. »Wollen Slussel, junge Mann?«
    »Nein, danke, nicht jetzt.«
    Der junge Portier betrachtete Markus ziemlich hilflos. Sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen.
    »Sonst einen Wunsch?«
    Markus nickte. »Ich erfahren, verstehen?«
    »Sonst einen Wunsch?«
    Markus nickte wieder. »Heute, sera«, sagte er, was heute Abend heißen sollte. Wie hieß bloß Parkplatz? Er wußte, daß Platz Piazza hieß, also mußte Parkplatz ungefähr Piazza della Parco heißen, er sagte das auch. Zu Dieben sagte man in Deutschland auch Kriminelle, criminale klang nach seinem Empfinden italienisch, und zwei hieß wohl due. »Due criminale«, sagte er deshalb, »sera automobile, brumm, brumm, colore rosso...« Oh, er kam nicht weiter.
    Der junge Portier klappte die Augenlider ein paarmal auf und zu, zog die Stirn in Falten, lächelte und fragte: »Sonst einen Wunsch?«
    Markus schüttelte den Kopf.
    »Slussel?«
    Markus schüttelte wieder den Kopf. Da entdeckte er hinter der Rauchglasscheibe, die das Büro von der Halle abgrenzte, Signore Giorgio. Er schluckte und sagte: »Signore Giorgio, per favore.«
    Ah, der Mann vor den vielen Schlüsselfächern verstand endlich. »Signore Giorgio!«
    »Ah«, sagte Signore Giorgio kurz danach. »Signore Markus, was kann ich helfen?«
    Markus zog Giorgio ein bißchen beiseite. »Es darf niemand sonst hören«, entschuldigte er sich.
    »Ah, so, ein Geheimnis?«
    »Ja. Es ist so, ich hab erfahren, heute nacht soll ein Sportcabrio vom Parkplatz gestohlen werden, das rote. Die Diebe wollen es an einen Ort bringen, der fünfzig Minuten von hier entfernt ist, und dort wollen sie den Wagen umlackieren.«
    »Das ist ja interessant, komm mit, ich will sofort die Polizei anrufen.« Signore Giorgio ging an seinen Schreibtisch. »Also noch einmal: Es handelt sich um das rote Cabrio, und wer will es stehlen?«
    »Zwei, zwei Männer, beide ungefähr zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahre alt, der eine hat ein rotweißgestreiftes T-Shirt an, der andere trägt eine blaue Schirmmütze mit Lorbeerblättern auf dem Schirm.«
    »Aha, wenn ich recht verstehe, keine flache Tellermütze, sondern eine hohe Mütze.«
    »Ich glaube, mehr amerikanisch...«
    »Und fünfzig Minuten von hier soll der Wagen umlackiert werden?«
    »Ja, heute nacht noch.«
    »Einen Moment«, sagte Signore Giorgio, »ich habe nun alles gehört. Wie haben die Diebe gesprochen? Italienisch, deutsch, englisch, französisch?«
    »Ich denke italienisch.«
    »Und wieso, Signore Markus, hast du sie dann verstanden?«
    »Ich hab sie ja nicht verstanden, Signore Giorgio, Lucas hat sie belauscht, Lucas Altamura.«
    »Und warum ist er nicht mitgekommen, warum macht nicht er die Anzeige?«
    »Das geht nicht, die Polizei würde ihn nicht verstehen.«
    »Und ich vielleicht auch nicht?«
    »Ich glaube nicht, aber Sie kennen Lucas ganz sicher.«
    »Alle Menschen, die ich kenne, verstehe ich auch«, sagte Signore Giorgio fast beleidigt.
    »Lucas Altamura ist kein Mensch«, erwiderte Markus nun etwas kleinlaut.
    Der Direktor Giorgio legte den Telefonhörer wieder auf.
    »Kein Mensch? Und ich soll ihn trotzdem kennen?«
    »Es ist der Spatz, Signore Giorgio, der Terrassenspatz, der, der sich manchmal auch auf die Tische wagt, er muß Ihnen aufgefallen sein.«
    »Natürlich kenne ich diesen Frechdachs. Und er hat die Diebe belauscht?«
    »Ja.«
    »Und dann alles dir erzählt?«
    »Ja.«
    Armer Junge, dachte Giorgio. Daß er ein Ausbund an Ungeschicklichkeit ist, das hat sich mittlerweile ja herumgesprochen, läuft ja fast ununterbrochen mit irgendeinem Verband herum, auch jetzt wieder, auch auf der Nase, hätte sie sich ja beinahe mit einer Glasscheibe abgeschnitten. Daß er aber im Oberstübchen nicht ganz richtig ist, das hätte ich nicht gedacht. — Aber was war jetzt zu tun? Er konnte dem Sohn eines Gastes doch unmöglich auf den Kopf Zusagen, daß er nicht alle Tassen im Schrank habe. Giorgio hob deshalb noch einmal den Handapparat ab und wählte die Nummer der Polizei, dann legte er sofort auf. »Leider besetzt«, sagte er. »Signore Markus, du mußt nicht so lange warten, ich rufe später wieder an. Ich vergesse das nicht. Und ich werde den Carabinieri auch klarmachen, daß Lucas, wie hieß er noch?«
    »Altamura.«
    »Ja, richtig, daß der Altamura ein äußerst waghalsiger und intelligenter Spatz ist. Wer weiß, vielleicht kann man ihn in den

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