Spatz mit Familienanschluß
Polizeidienst übernehmen. Schließlich gibt es schon Pferde und Hunde bei der Polizei, in Deutschland haben sie sogar — wie sagt man? — ein wildes Schwein in den Polizeidienst aufgenommen, weil es besser schnüffelt als ein Hund, warum nicht auch einen Spatzen? Ich werde jedenfalls diesen Vorschlag entweder der hiesigen Polizei oder dem Innenminister in Rom unterbreiten.«
»Fein, das freut mich für Lucas.« Markus strahlte. »Und vergessen Sie nicht anzurufen, sonst ist das schöne Auto futsch.«
Markus lief zum Strand zurück. Vater saß noch immer auf seinem Platz in der Cafeteria und hatte jetzt ein Glas Weißwein vor sich stehen. »Nun?« fragte er seinen Sohn, »was hättest du gern?«
»Bitterlemon, bitte«, sagte Markus. »Und außerdem, Signore Giorgio ist nicht so wie du. Er wird die Carabinieri anrufen und die Sache melden. Und außerdem wird er ihnen oder dem Innenminister vorschlagen, Lucas in den Polizeidienst zu übernehmen.«
»O Gott«, murmelte Vater. »Markus, merkst du wirklich nicht, daß Giorgio dich abgewimmelt hat?« Markus wollte es nicht glauben. »Er hat ganz ernst und vernünftig mit mir gesprochen.«
»Weil er dich jetzt auch noch für verrückt hält, Markus, was ich ihm nicht verdenken kann. Ich hab dir geraten, dich aus dieser Sache herauszuhalten. Wie stehe ich jetzt vor Signore Giorgio da? Er nimmt ja keinen von uns mehr ernst.«
»Was du immer für Angst hast! Du wirst sehen, Signore Giorgio ist besonders freundlich zu uns.«
»Selbstverständlich wird er das sein. Er wird uns nicht reizen wollen, weil er Angst hat, wir beißen ihn oder wollen sonst irgend etwas Verrücktes tun.«
Hallo! Ich heiße Stefanie, und meine Freunde nennen mich Steffi. Jawohl, ich habe Freunde, das hat Kathrin verschwiegen, weil sie einen Mund wie ein Schwert hat und alle, die gerne ihre Freunde wären, vergrault.
Ich werde natürlich nicht so viel tratschen wie meine Schwester. Alle sagen zwar, ich sei verfressen, aber hab ich etwa einen dicken Bauch ? Sehe ich nach Übergewicht aus? Nein! Mir schmeckt es eben, und dafür, daß es einem schmeckt, kann man nichts. Ich freue mich immer riesig aufs Essen. Markus erscheint immer schon angewidert am Tisch. Er verwechselt das Eßzimmer mit einem Operationssaal. Wenn wir Fleisch haben, operiert er. Und am liebsten würde er jedes angeschnipselte Fleischstückchen unter dem Mikroskop betrachten, bevor er es in den Mund steckt, so heikel ist er. Außerdem find ich’s schön, daß Papa früher schüchtern war. Und daß Mama ihm um den Hals fiel. Hätte sie das nicht getan, wären wir drei wahrscheinlich nicht auf der Welt, und das wäre schade. Über diesen ersten Kuß kann ich nicht viel sagen, dafür aber über die Copa deliciosa. Die muß näher erläutert werden. Es ist ein Riesenapparat mit Lampion und Sonnenschirm darauf, und der Glaspokal, in dem sich das Eis befindet, ist so groß wie ein Fußballpokal. Über das Eis gibt es kreuz und quer gestreut die süßesten Früchte, grüne und rote Liköre geleert und obenauf eine gehörige Portion Schlagsahne. Wenn wir in Italien sind, dann meist um die Zeit, wenn ich Geburtstag hab, und dann bekomme ich immer eine Copa deliciosa, mit weniger Likör als die Großen allerdings, dafür mit mehr Schlagsahne. Giorgio, der uns bedient, weiß das schon. Schlagsahne ist überhaupt mein Fall. Von unserem Geschichtslehrer weiß ich, daß schon die alten Griechen die Schlagsahne kannten, sie nannten sie ins Deutsche übersetzt >Schaumblasenmilch<.
Viel sage ich jetzt nicht mehr. Nur, ich hab’s gern, wenn Papa und Mama schmusen, das ist schöner als im Kino oder Fernsehen, weil man ja selber was davon hat. Es ist dann so gemütlich bei uns. Kathrin mag das auch, nur Markus, der Spärliche, sagt da manchmal, aber nicht immer: >Hört, seid ihr nicht schon zu alt für so was?<
Das mag ja wahr sein, denn Papa geht schon auf die Vierzig zu, aber warum soll er deshalb nicht mehr küssen oder sich küssen lassen? Küssen find ich überhaupt ganz schick. Aber nur, wenn man geputzte Zähne hat. Ja, und die Sache mit den Gürkchen und dem Mais, die Kathrin erwähnte: Als Kathrin mit diesem >Kaffee< fertig war, wollte sie dieses Matschzeug nicht essen. Da hab ich mich auf den Boden gelegt, auf meinen Mund gezeigt und gesagt: >Hier ist die Abfallgrube, hier gehört das Zeug hinein.< Da haben sie Gürkchen und Mais begeistert in mich hineingestopft. Erst später haben sie sich grün und blau geärgert, weil ich sie
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