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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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aber genauso aussehen würden, wenn . . .
    Sharas Zähneklappern unterbrach Jessas lebhafte Phantasien. Als sie Sharas Slip abstreifte, musste sie schwer schlucken. Sie war so nah, dass sie sich vorstellte, die flaumigen Löckchen erzitterten von ihrem eigenen Atem. Obwohl ihr alles andere als kalt war, zitterten ihre Knie als sie aufstand und Sharas halberfrorene Hand ergriff, um sie zur Wanne zu geleiten. Zum ersten Mal verdammte sie die Höhe ihrer Wanne, die es nötig machte, dass sie Shara beim Hereinklettern helfen und dabei die Berührung ihrer nackten Brust an ihrem eigenen Arm ignorieren musste.
    Shara schrie auf, als ihre frostige Haut mit dem warmen Wasser in Berührung kam.
    »Keine Sorge, Liebes. Das ist nur die Durchblutung, die wieder in Gang kommt; das wird sich in ein paar Minuten legen.« Als Shara endlich in der Wanne saß, das dampfende, gut duftende Wasser bis zu ihrem Kinn, raunte Jessa: »Jetzt bleib erst mal hier drin«, als ob Shara zu irgendetwas anderem in der Lage gewesen wäre, »und ich bin gleich wieder da.«
    Sie kehrte mit einer dampfenden Tasse zurück, die sie Shara reichte. »Hier, trink. Das wird deinen Magen beruhigen und dich von innen aufwärmen.«
    Shara nuschelte ihren Dank und sog tief den Ingwerduft ein, der von der Tasse ausströmte. Jetzt, da sie sich schon etwas weniger scheußlich fühlte, fing sie an, Jessas Pflege zu genießen.
    »Hast du auf dem Gehsteig gesessen?« Jessa legte die Stirn in Falten, während sie die nassen und eindeutig verdreckten Sachen betrachtete, die auf dem Boden lagen.
    »Kann sein . . . Eine Zeitlang«, antwortete Shara verlegen.
    »Wie lange warst du denn dort draußen?«
    Shara zuckte mit den Schultern und vermied es, Jessa anzuschauen. »Bin mir nicht sicher.« Sie hatte aufgehört zu zittern und begann sich langsam so zu fühlen, als wäre sie in einer Art Wachtraum. Sie wollte ihn nicht mit dem Eingeständnis zerstören, dass sie mindestens drei Stunden auf Jessa gewartet hatte – lange genug, dass der kalte Winterregen sich in Schnee verwandelt hatte. Jessa würde denken, dass sie vollkommen verrückt geworden war.
    »Kann ich irgendwas davon in der Maschine waschen? Auch wenn sie trocken sind, könntest du sie nicht anziehen, ohne dass sie vorher gewaschen wurden.«
    »Alles außer der Jacke, glaube ich.« Shara interessierte sich kein bisschen für ihre Klamotten.
    Ohne ein weiteres Wort sammelte Jessa den feuchten Kleiderhaufen auf und verließ das Bad.
    Shara schloss die Augen und sank zurück ins warme Wasser, die Hände um die Tasse geschlungen. Sie hoffte inständig, dass Jessas beschleunigter Atem beim Ausziehen des BHs ein Indiz dafür war, dass nun ein weitaus angenehmeres Bild in ihrem Kopf herumspukte als das, wie sie über der Toilette hing und sich zu übergeben versuchte.
    Nachdem sie den Tee getrunken hatte, fühlte sie sich schon fast wieder menschlich. Jessa war noch immer nicht wiedergekommen und, alleingelassen mit ihren Gedanken, begann sie zu überlegen, ob es nicht überhaupt ein riesiger Fehler gewesen war hierherzukommen, nicht nur, draußen in der Kälte zu warten. Was würde es bringen, Jessa wegen Spaziergang im Regen zur Rede zu stellen? Egal welche Gefühle sie hatte, als sie das Stück schrieb, sie war offensichtlich darüber hinweg gewesen, als sie mit Lucia ins Bett gehüpft war.
    Allerdings war eins deutlich geworden: Jessa war nicht ganz immun gegen sie. Sie hatte sich um sie in ihrem erbärmlichen Zustand gesorgt, aber die Art und Weise, wie sie sich um sie gekümmert und ihren Körper angeschaut hatte, deuteten stark darauf hin, dass sie ihr gegenüber alles andere als gleichgültig war.
    Shara setzte die Tasse ab und stieg aus der Wanne, angenehm überrascht, dass der Boden geheizt war. Sie trocknete sich mit einem Badetuch ab, das zwar frisch gewaschen war, aber einen Hauch von Jessas Duschgel verströmte. Sie tadelte sich selbst, dass sie ihr Gesicht darin für eine Weile vergrub, bevor sie es dann auf den beheizten Handtuchhalter hängte. Sie schlüpfte in den Bademantel, den Jessa für sie bereitgelegt hatte, und machte sich auf die Suche nach ihrer Gastgeberin.
    Jessa stand in der Küche und schöpfte Suppe in zwei Teller. Sie sah auf, als Shara näherkam. Als sie ihre gesunde Gesichtsfarbe und die rosa Lippen sah, lächelte sie und sagte sanft: »Du siehst aus, als würdest du tatsächlich überleben.«
    Shara wurde rot. »Es tut mir wirklich leid. Und danke, dass du all das für mich

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