Spaziergang im Regen
ist, dass ich damals siebzehn war.« Er legte beruhigend eine Hand auf Sharas Schulter. »Es ist schön zu sehen, dass jemand so sehr in Jessa verliebt ist. Das hat sie verdient.«
Ehe Shara eine passende Erwiderung einfiel, hatte ein anderer Gast ihm etwas zugerufen, und er hatte sich wieder unter die Menge gemischt.
Jessa drehte sich wieder und hatte nun Shara voll im Blick. Sie gehört mir. Der Gedanke war faszinierend, kaum glaubhaft und sicher nicht sehr feministisch, aber er ließ ihre Miene erstrahlen. Shara bemerkte, dass sie sie anschaute, und winkte ihr zu.
Nun erklang Smokey Robinsons I second that emotion aus den Lautsprechern. »Komm, wir tanzen.« Paul, Lisas Partner, schnappte sich Shara und zog sie auf die Tanzfläche.
Shara wusste, dass Jessa sie beobachte, also zog sie eine Schau ab. Paul lachte und amüsierte sich. Wie auch Lisa war er Zeuge der Schwierigkeiten in Jessas Leben gewesen, und er war begeistert, sie jetzt in einer solch liebevollen Beziehung zu sehen. Er war daher auch nicht überrascht, dass Jessa abklatschte, als Marvin Gaye begann Too busy thinking about my baby zu singen.
Die meisten Leute tanzten auseinander, aber Shara zog Jessa sofort in ihre Arme. Sie tanzten ausgezeichnet miteinander, bewegten sich perfekt zum Takt, versanken in den Augen der anderen und vergaßen den Rest der Welt.
Jessa führte ihren Mund an Sharas Ohr und sagte: »Ich bin so froh, dass dein nächster Film erst im Frühjahr beginnt; ich weiß nicht, ob ich etwas auf die Reihe bringen würde, wenn du nicht bei mir wärst. Ich muss einfach ständig an dich denken, wenn wir getrennt sind.«
»Das geht mir genauso. Und du weißt ja, was mit mir passiert, wenn ich deine Stimme am Telefon höre.«
Jessa grinste. »Ja, Elise hat mir da so was berichtet. Mir gefällt das.«
»Egomanin.«
»Im Gegenteil. Aber ich habe schreckliche Angst davor, dich zu verlieren, Shara. In der Liebe ist immer alles für mich schiefgelaufen.«
»Und ich war bis jetzt noch nie wirklich verliebt«, stellte Shara nüchtern fest.
Jessa zog sie näher heran, so dass sich ihre nackten Bäuche aneinanderdrückten und sie beide seufzen mussten.
»Shara, es tut mir leid, wenn ich dich vorhin zu Hause in Panik versetzt habe, als ich . . . Du weißt schon.«
Shara rückte leicht von ihr ab, um Jessa ins Gesicht schauen zu können. Als sie begriff, dass Jessa bei der lauten Musik sie nicht gleichzeitig anschauen und hören konnte, nahm sie sie bei der Hand und zog sie von der Tanzfläche in die Küche. Die war allerdings so überfüllt, dass sie sie den dunklen Flur entlang in das Schlafzimmer führte, wo sie ihre Mäntel abgelegt hatten. Das Zimmer war nur schwach erleuchtet, aber menschenleer. Shara schloss die Tür und nahm Jessas Hände in die ihren.
»Jessa, ich weiß, dass du denkst, du hättest mich damit erschreckt, als du . . . Kinder erwähntest. Als du von einer Lesbe in Amerika geredet hast, die dein Baby haben will, hat mich das –« Sie konnte Jessa bei ihrem Eingeständnis nicht in die Augen schauen und wandte den Blick ab. »Ich war eifersüchtig. Ich konnte nur noch daran denken, dass wenn dir überhaupt jemand ein Kind schenkt, dann sollte ich das sein. Ich weiß, das ist ein völlig absurder Grund, ein Kind zu bekommen, aber mir war klar, dass in dem Moment, in dem ich dir sagen würde, dass ich ein Kind von dir erwarte, dich das in einer Art an mich binden würde, die bis ans Ende unseres Lebens andauern würde. Und das ist etwas, was ich so fürchterlich gern hätte, dass es mich in Panik versetzt hat.« Sie schaute nun wieder in Jessas betäubte Miene. »Wieviel ich für dich empfinde, erschreckt mich selbst.«
Jessa streckte eine leicht zitternde Hand aus, schob eine Strähne hinter Sharas Ohr und streichelte dann sanft ihre Wange. Tränen traten ihr in die Augen, als Shara ihre Hand ergriff, sie umdrehte und einen Kuss auf die Innenfläche hauchte. »Shara, ich kann die Sehnsucht weder leugnen noch erklären, die mich ergreift, wenn ich mir vorstelle, dass du mit meinem Kind schwanger bist – aber wir brauchen kein Kind als Absicherung. Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben.«
»Versprichst du das?« fragte Shara mit erstickter Stimme. Sie war plötzlich von schrecklicher Angst erfüllt und brauchte Jessas Beteuerung.
»Ja«, antwortete Jessa, drückte Shara an sich und atmete tief den Duft ihres Parfüms und ihrer Haut ein. »Ich verspreche es.« Dann schob sie Shara etwas von sich.
Weitere Kostenlose Bücher