Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
Vom Netzwerk:
Entscheidung darüber getroffen hatte, was ich in den nächsten paar Wochen mit meinem Leben anfangen will. Ich gehe wegen der Dinge, die du mir an den Kopf schmeißt. Ob du es glauben willst oder nicht, Jessa, ich habe alles darüber gelesen, was dir widerfahren ist. Es waren nicht nur die Pressefritzen mit Kameras, die dein Leben und das all der Leute, die du kanntest, zur Hölle gemacht haben. Ich bewundere die Tatsache, dass dich das alles nicht weiter berührt hat, und dass du mit deinem Leben im Reinen bist, mit deiner sexuellen Orientierung und deinem Ruf in der Öffentlichkeit, aber ich bin noch nicht dazu bereit!« Damit drehte sie sich um und ging aufs Schlafzimmer zu.
    »Nicht weiter berührt –« Jessa konnte nicht glauben, was Shara da gerade gesagt hatte. Es hat Jahre gedauert, bis sie sich wieder wie ein Mensch gefühlte hatte, und das hatte sie vorwiegend der Meditation zu verdanken, einer Kunst, die sie mittlerweile fast vollendet beherrschte. Sie hatte es auch der emotionalen Unterstützung durch Paul, Lisa und all die Freunde zu verdanken, von denen Stephanie behauptet hatte, sie würden sie nicht in ihrem Leben zurück haben wollen. Sie hatte kaum noch etwas gemein mit der Person, die sie gewesen war, bevor Stephanie sie den Paparazzi zum Fraß vorgeworfen hatte, und doch stand Shara dort mit eiserner Miene und behauptete, dass es sie nicht berührt hätte? »Warte, Shara.«
    »Nein, Jessa«, sagte Shara, ohne sich umzudrehen. »Ich bin bei einem Tyrannen aufgewachsen, der einfach immer abgehauen ist, wenn er verärgert war, und der nie glaubte, dass ich auch mal etwas für mich allein entscheiden könnte, und ich werde nicht hier bleiben, solange du dich genauso verhältst.« Mit tränenüberströmtem Gesicht begann sie wahllos ihre Sachen aus Schränken und Schubladen zu nehmen.
    Jessa folgte ihr mit hilfloser Miene. »Es hat mich berührt.«
    Shara schaute auf, überrascht, Jessa in der Tür zum Schlafzimmer stehen zu sehen.
    Ich war am Boden zerstört. Alles woran ich geglaubt hatte, war mir genommen worden, und ich konnte mich nirgends vor dieser Tatsache verkriechen. Jedes meiner Schlupflöcher war bekannt und von der Presse belagert. Jede Schulter, von der ich dachte, dass ich mich an ihr ausheulen könnte, wandte sich von mir ab. Die einzigen, die für mich da waren, waren die Menschen, von denen ich befürchtet hatte, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollten, weil ich mich von ihnen abgekapselt hatte. »Du glaubst, du wüsstest, was passiert ist, nur weil du meine Biographie und ein Drehbuch darüber gelesen hast, aber du weißt gar nichts.« Ist dir aufgefallen, dass Lisa darin so gut wie überhaupt nicht vorkommt? Das liegt daran, dass Lisas Gegenwart in meinem Leben nicht dramatisch ist – kein Futter für schriftstellerische Spannung oder eine dramatische Filmhandlung, und doch war sie es, die quasi mein Leben gerettet hat. »Aber ich habe all das überstanden. Und danach habe ich entschieden, dass ich nie wieder eine Beziehung mit einer Frau eingehen will, die nicht stolz darauf sein kann, mit mir zusammen zu sein.«
    Shara starrte sie nur wortlos an.
    Jessa schaute zurück, verärgert und zugleich sich ihrem Schicksal ergebend. »Ich werde dich nicht aufhalten, wenn du gehen willst, weil du, trotz allem was du für mich empfindest, nicht willens zu sein scheinst, diese Frau zu sein. Vielleicht bin ich ja zu schwach, dass ich nur mit einer Frau zusammen sein kann, die mich genug liebt, um es von den Dächern zu rufen, aber mit dieser Schwäche müssen wir beide leben.« Sie ging ebenso leise aus dem Zimmer, wie sie gekommen war.
    Shara starrte auf den leeren Türrahmen und ließ sich aufs Bett sinken, ihr Herz und ihr Kopf in Aufruhr. Sie liebte Jessa über alle vernünftigen Maße, aber sie war nicht die Frau, die Jessa sich wünschte. Jessa wollte eine Frau, die mutig war, selbstbewusst und zuversichtlich genug, um sich dem Pöbel zu stellen und ihn zum Wegsehen zu zwingen, eine Frau, die ebenso stark und ausgeglichen war wie sie selbst. Shara wusste, dass sie nicht diese Frau war, und sie fühlte sich noch mieser, weil sie das, was Jessa durchmachen musste, so falsch eingeschätzt hatte.
    Sie nahm sich einen von Jessas Koffern und begann damit, ihre Sachen ordentlich hinein zu legen. Sie fand einen Pullover, den Jessa am Tag zuvor getragen hatte, und legte ihn zu ihren eigenen Sachen. Er roch nach Jessa, und sie wusste, dass sie das brauchen würde, wenn sie die

Weitere Kostenlose Bücher