Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802
Antiochia und Alexandria, welche die Konsuln oder vielleicht auch die andern kurulischen Magistraturen an den Enden der Stangen ihrer Tragsessel führten. Diese müssen, der Geschichte nach, etwas neuer sein. Weiter besitzt er einige alte komplette silberne Pferdegeschirre mit Stirnstücken und Bruststücken. Aber das Wichtigste sind seine geschnittenen Steine, unter welchen sich mehrere von seltenem Wert finden, und seine römischen Goldmünzen: mehrere konsularische von Pempejus an und fast die ganze Folge der Kaisermünzen von Julius Cäsar bis Augustulus. Hier fehlen nur wenige wichtige Stücke. Du siehst, daß dieses eine Liebhaberei nicht für jedermann ist. Ich schreibe Dir dieses etwas umständlicher, weil es Dich vielleicht interessiert und Du es noch nicht in den Büchern findest, denn seine Sammlung ist noch nicht alt, und sie konnte nur in den Verhältnissen des Besitzers so bald so reich gemacht werden.
Die schönen Gegenden um Florenz zwischen den Bergen an dem Flusse auf und ab sind bekannt genug, und Du erwartest gewiß nicht, daß ich als Spaziergänger Dir alle die andern Merkwürdigkeiten aufführe. Das hiesige Militär kam mir traurig vor; schöne Leute, aber ohne Wendung und Geschicklichkeit! Zum Abschiede sah ich den Morgen noch die amalfischen Pandekten; und die Franzosen haben sich etwas bei mir in Kredit gesetzt, daß sie diesen Kodex nicht genommen haben; und gegen Abend wohnte ich auf dem alten Schlosse noch einer Akademie der Georgophilen bei. Hier hielt man eine Vorlesung über die vorteilhafteste Mischung der Erdarten zur besten Vegetation, und sodann las einer der Herren eine Einleitung zu einem chemisch physischen System. Zum Ende zeigte man einige seltene neue Naturprodukte. Neben meinem Zimmer im Bären wohnte eine französische Familie, nur durch eine dünne Wand getrennt; diese betete den Abend über eine ganze Stunde ununterbrochen so inbrünstig und laut, daß mir über der Andacht bange ward. Seit Ostern ist wie ich höre, überall das Religionswesen wieder Mode; und in Frankreich scheint alles durchaus nur als Mode behandelt zu werden.
Nach Bologna hatte ich mich über den Berg wieder an einen Vetturino verdungen und fand im Wagen einen französischen Chirurgus, der von der Armee aus Unteritalien kam, und eine italienische Dame mit ihrem kleinen Sohn auf dem Schoße; und endlich kam noch ein schweizerischer Kriegskommissär mit einem furchtbar großen Säbel, der in Handelsgeschäften seines Hauses gereist war. Die Dame, eine Frau von Rosenthal, deren Mann österreichischer Offizier war, ging allein mit ihrem Kinde, einem schönen, sehr lieblichen Knaben von ungefähr anderthalb Jahren, nach Venedig, um dort ihren Mann zu erwarten, der in Livorno und anderwärts noch Dienstgeschäfte hatte. Da der Junge ein überkomplettes Persönchen im Wagen und doch so allerliebst war, machte er die Runde von der Mutter zu uns allen. Die Gesellschaft lachte über meine grämliche Personalität mit dem Kleinen auf dem Arm, und ich kam mir wirklich selbst vor wie der Silen im Kabinet Borghese mit dem jungen Bacchus. Du siehst, daß ich mir gehörige Ehre wiederfahren zu lassen weiß. Die Leutchen mußten das nämliche meinen, denn die Gruppierung fand Beifall, und der Junge war gern bei mir.
Der Berg von Florenz aus ist ein wahrer Garten bis fast auf die größte Höhe. Du kannst denken, daß ich viel zu Fuße ging; der Franzose leistete mir dann zuweilen Gesellschaft. Der Schweizer mit dem großen Säbel kam selten aus dem Wagen. Etwas unheimisch machen es oben auf dem Bergrücken die vielen Kreuze, welche bedeuten, daß man hier jemand totgeschlagen hat, weil man gewöhnlich auf die Gräber Kreuze setzt. Die Römer sind in diesem Falle etwas weniger fromm und politischer und setzen nichts darauf, denn sonst würde der ganze Weg bei ihnen eine Allee von Kreuzen sein. Ich muß Dir bekennen, daß ich von dem Kreuze gar nicht viel halte. Warum nimmt man nicht etwas Besseres aus der Bibel? Das Emblem scheint von der geistlichen und weltlichen Despotie in Gemeinschaft erfunden zu sein und alles kühne Emporstreben der Menschennatur zur knechtischen Geduld niederzudrücken und diese subalterne Tugend zur höchsten Vollkommenheit der Moral zu erheben. Wozu braucht man Gerechtigkeit, Großmut und Standhaftigkeit? Man predigt Geduld und Demut. Demut ist nach der Etymologie Mut zu dienen und die zweideutigste aller Tugenden. In der alten griechischen und römischen Moral findet man diese Tugenden
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