Special Der Zauberbann
benommen.
Zu seinem Erstaunen stand er mit einem Mal vor etwas, das wie ein kleiner chinesischer Tempel aussah. »Na so was! Wo kommt der denn plötzlich her?«
Etwas unschlüssig trieb ihn die Neugierde dazu, über die niedrige Treppe durch die offene Eingangstür hineinzugehen.
Im Inneren des Tempels erblickte Tim viele verschnörkelte und zum Teil vergoldete Verzierungen an den weißen Wänden, wie er es aus Kirchen kannte. Dazwischen präsentierten sich einige kunstvolle Gemälde.
Es waren keine Abbildungen von Heiligen oder Engeln, sondern von bezaubernden Feenwesen.
In der Mitte des Tempels stand ein ebenso schön verziertes Podest, ähnlich einem Altar, auf dem ein großes, in braunem Leder eingefasstes, altes Buch lag. Es übte auf Tim eine geradezu magische Anziehungskraft aus, und so ging er hin, um es genauer zu betrachten. Auf der Vorderseite war in goldener Schrift der Titel eingeprägt, doch wegen der geheimnisvollen, fremden Sprache konnte er ihn nicht lesen.
»Wow! Das ist vielleicht ein wertvolles Stück!«, staunte er und strich so vorsichtig mit seinen Fingerspitzen darüber, dass er es dabei kaum berührte. Als Tim über die elegant geschwungene Schrift fuhr, spürte er ein leichtes Prickeln. Im nächsten Augenblick entwich ein goldfarbener Nebelhauch seitlich aus dem Buch. Erschrocken zog Tim seine Hand zurück. »Was war denn das?« Er hielt kurz inne. Da nichts weiter geschah fragte er sich: »Ob ich wohl hineinsehen darf?« Tim überlegte einen Moment und beschloss, es einfach zu versuchen. Vorsichtig schlug er die erste Seite auf. Auf dem schon etwas vergilbten Blatt begann sich ein Gesicht hervorzuwölben. Ein alter, weise wirkender Mann mit Vollbart schaute ihn an.
»Wer bist du, fremder Menschenjunge?«, fragte das Gesicht mit einer tiefen Stimme aus dem Buch.
»Mein Name ist Tim und ich bin hierher gekommen, um die gute Fee Yakora aufzusuchen.«
»Oh, da hast du ja ein außergewöhnliches Ziel! Aber du solltest wissen, dass es nicht jedem erlaubt ist, diese Welt weiter als bis zum Tempel der Wahrheit, in dem du dich gerade befindest, zu betreten. Nur mit Magie behaftete Wesen dürfen diese Grenze überschreiten. Um festzustellen, ob du ein Auserwählter bist, musst du dich zuerst einem Test unterziehen. Solltest du ihn nicht bestehen, so werden dich die Baumgeister einfangen und in ihre unterirdische Wurzelwelt bringen, aus der du nie wieder freikommen wirst.«
»Da kann ich nur noch hoffen, dass meine Freundin mit ihrer Vermutung recht hatte, als sie meinte, wir beide hätten etwas Magisches an uns!«
»Du befindest dich hier im sogenannten Sankt Nimmerleinswald«, fuhr das Gesicht im Buch fort. »Der Wald vermag Neuankömmlinge auf unangenehme Weise zu täuschen und zu vertreiben. Er ist die Brücke zwischen deiner und der verborgenen Welt.«
»Und was muss ich jetzt tun?«, wollte Tim wissen.
»Schreibe auf die nächste Seite mit deinem rechten Zeigefinger dein Geburtsdatum. Und falls dir auch die Uhrzeit deiner Geburt bekannt sein sollte, so füge sie hinzu. Darunter trage bitte ohne Abkürzung deinen Namen ein! Blättere jedoch auf keinen Fall weiter, sondern warte ab, bis du das Prüfungsergebnis erhältst!«
»Aber wenn ich nur mit einem Finger schreibe, wird auf dem Papier nichts zu sehen sein!«
»Gehe so vor, wie ich es dir gesagt habe, und du wirst Bericht erhalten«, erklärte die Stimme aus dem Buch und verstummte.
Tim zuckte mit den Schultern und schrieb alles so, wie es ihm mitgeteilt wurde, auf das leere Blatt. Kaum war er fertig, da tauchte das Geschriebene in einem leuchtenden, blutroten Farbton auf und prägte sich zischend in das Papier ein.
Er wartete schweigend ab.
Bereits nach wenigen Augenblicken erschien gleich darunter in fließender, aber diesmal blauer Schrift, das Testergebnis.
Gespannt las Tim, was ihm berichtet wurde: »Sei gegrüßt, Kind der Magie. Gehe zum magischen Brunnen der Rettung, und springe hinein, dann wird dir diese Welt offen sein!«
Also hatte Sarah mit ihrer Vermutung tatsächlich recht!, dachte er erleichtert. Aber was für ein Brunnen wird da gemeint sein, in den ich hineinspringen soll?
Da das Gesicht des weisen Mannes verschwunden war, schloss er das Buch und ging zum Ausgang des Tempels. »Was ist denn hier passiert?«, wunderte er sich beim Blick nach draußen.
Die schönen Blütenbäume waren verschwunden. An ihrer Stelle wuchsen nun große, breite Laubbäume mit wuchtigem Wurzelwerk, deren üppiger, grüner
Weitere Kostenlose Bücher