Special - Zeig dein wahres Gesicht
nicht einfach nur den Krieg, Tally. Du bringst alles in Ordnung.“
„Oder mache alles kaputt. Hat sich schon mal jemand überlegt, was aus der Wildnis werden soll, wenn alle gleichzeitig geheilt werden?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur, dass ich diesen Krieg beenden muss.“
Er lächelte. „Die Welt ändert sich, Tally. Und dafür hast du gesorgt.“
Sie riss sich los und schwieg eine Weile. Alles, was sie sagte, könnte zu einer weiteren Rede darüber führen, wie wunderbar sie doch sei. Sie fühlte sich aber nicht wunderbar, sondern nur erschöpft. David schien zufrieden damit zu sein, einfach hier zu sitzen. Vermutlich glaubte er, dass seine Worte Eindruck machten, aber Tallys Schweigen bedeutete nur, dass sie zu müde zum Reden war.
Für Tally Youngblood war der Krieg schon gekommen und gegangen und hatte eine rauchende Ruine hinterlassen. Sie konnte nicht alles in Ordnung bringen, ganz einfach weil der einzige Mensch, der ihr wichtig war, nicht mehr in Ordnung gebracht werden konnte.
Maddy könnte jeden Blubberkopf auf der ganzen Welt heilen, aber Zane würde dann immer noch tot sein.
Aber eine Frage nagte doch an ihr. „Du willst also sagen, dass deine Mutter mich jetzt leiden kann?“
David lächelte. „Ihr ist endlich klar geworden, wie wichtig du bist. Für die Zukunft. Und für mich.“
Tally schüttelte den Kopf. „Sag so was nicht. Über dich und mich.“
„Tut mir leid, Tally. Aber das ist die Wahrheit.“
„Dein Vater ist meinetwegen gestorben, David. Weil ich Smoke verraten hatte.“
Er schüttelte langsam den Kopf. „Du hast uns nicht verraten - du bist von den Besonderen Umständen manipuliert worden, wie viele andere auch. Und mein Vater ist von Dr. Cables Experimenten umgebracht worden, nicht von dir.“
Tally seufzte. Sie war zu erschöpft, um zu widersprechen. „Na, es freut mich, dass Maddy mich nicht mehr hasst. Und wo wir gerade von Dr. Cable reden, ich muss zu ihr und diesen Krieg beenden. Sind wir hier fertig?“
„Ja.“ Er nahm seine Mahlzeit und die Essstäbchen, senkte seinen Blick darauf und sagte mit sanfter Stimme: „Das war alles, was ich sagen wollte. Außer...“
Sie stöhnte.
„Hör mal, Tally, du bist nicht die Einzige, die schon mal jemanden verloren hat.“ Er kniff die Augen zusammen. „Als mein Vater tot war, wollte ich auch verschwinden.“
„Ich verschwinde nicht, David. Ich laufe nicht weg. Ich tue, was ich tun muss, okay?“
„Tally, ich will doch nur sagen: Ich werde hier sein, wenn du mit allem durch bist.“
„Du?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Du bist nicht allein, Tally. Red dir das nicht ein.“
Tally versuchte aufzustehen, von diesem Unsinn wegzulaufen, aber plötzlich schien der Turm sich um sie zu drehen. Sie sank zurück auf den Balken.
Noch ein misslungener dramatischer Abgang.
„Na gut, David, offenbar geh ich nirgendwohin, solange ich nicht eine Runde geschlafen habe. Ich hätte wohl auch den Helikopter nehmen sollen.“
„Nimm meinen Schlafsack.“ Er rückte zur Seite und hielt die Antenne hoch. „Ich wecke dich, wenn irgendwer hier herumschnüffelt. Hier bist du in Sicherheit.“
„In Sicherheit.“ Tally zwängte sich an David vorbei, nahm für einen Moment die Hitze seines Körpers wahr und erinnerte sich vage an seinen Geruch, aus der Zeit, als sie zusammen gewesen waren. Das schien jetzt Jahre her zu sein.
Es war seltsam. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sein hässliches Gesicht sie abgestoßen, aber nach all den wahnwitzigen Opis, die sie in Diego gesehen hatte, wirkten seine vernarbte Augenbraue und sein schiefes Lächeln einfach wie eine weitere Modesache. Und eigentlich wie keine besonders scheußliche.
Aber er war nicht Zane.
Tally kroch in den Schlafsack, dann lugte sie durch die zerfallenen Stockwerke auf das von Schutt bedeckte Fundament hundert Meter unter ihr.
„Äh, pass auf, dass ich mich im Schlaf nicht umdrehe, ja?“
Er lächelte. „Alles klar.“
„Und ging mir das da.“ Sie nahm ihm die Injektionsnadel ab und steckte sie in eine Tasche ihres Tarnanzugs. „Vielleicht brauche ich das ja eines Tages.“
„Vielleicht auch nicht, Tally.“
„Bring mich nicht durcheinander“, murmelte sie.
Dann ließ sie den Kopf sinken und war eingeschlafen.
Krisensitzung
Sie flog über dem Fluss nach Hause.
Als sie über dem Wildwasser dahinjagte und vor sich die vertraute Skyline von New Pretty Town sah, fragte Tally sich, ob sie ihre Heimatstadt jetzt wohl zum letzten Mal von
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