Special - Zeig dein wahres Gesicht
ehe sie dann endlich aufgetaucht war. „ Das hat er dir erzählt!“
Zane zuckte mit den Schultern. „Er hatte gesehen, wie hübsch ich war und ich nehme an, er hoffte, dass du in ihm noch immer das sehen könntest, was du damals im alten Smoke gesehen hast.“
Tally schauderte wieder. Eine Woge von alten Erinnerungen stieg in ihr auf, an die Nacht vor zwei Operationen, als David in ihr hässliches Gesicht geschaut hatte - dünne Lippen und Strubbelhaare und platte Nase - und gesagt hatte, sie sei schön. Sie hatte versucht ihm zu erklären, dass das nicht stimmen könne, denn die Biologie schreibe eben vor, dass es nicht stimmen könne ...
Aber trotzdem hatte er sie schön gefunden, sogar als sie noch eine Ugly gewesen war.
Das war der Moment, in dem Tallys Welt angefangen hatte sich aufzulösen. Und in diesem Moment hatte sie zum ersten Mal die Seite gewechselt.
Sie verspürte einen unerwarteten Stich des Mitleids für den armen David mit seinem Zufallsgesicht. Da er in Smoke aufgewachsen war, war er niemals operiert worden, hatte zu der Zeit noch nie Pretties aus der Stadt gesehen. Also war es gar nicht so unverständlich, dass er fand, die hässliche Tally Youngblood sei gar kein so schlechter Anblick.
Aber nachdem sie hübsch geworden war, hatte Tally sich Dr. Cable ergeben, um bei Zane bleiben zu können, und hatte David zurückgestoßen.
„Nicht deshalb habe ich mich für dich entschieden, Zane. Nicht wegen deines Gesichts. Sondern wegen dem, was du und ich zusammen gemacht haben, wie wir uns befreit haben. Das weißt du doch, oder?“
„Natürlich. Aber was ist dann jetzt mit dir los?“
„Wie meinst du das?“
„Hör mal, Tally. Als David gesehen hat, wie schön du warst, hat er fünf Millionen Jahre der Evolution übersprungen. Er hat durch deine unvollkommene Haut und deine Asymmetrie und alles andere hindurch gesehen, was unsere Gene sich aussuchen.“ Zane hielt ihr seine Hand hin. „Und jetzt kannst du meinen Anblick nicht ertragen, bloß weil ich ein bisschen zittere?“
Sie starrte seine widerlichen zuckenden Finger an. „Das ist schlimmer, als ein Blubberkopf zu sein, Zane. Blubberköpfe haben einfach bloß keine Ahnung, aber Specials sind ... in manchen Dingen kennen sie einfach nur einen Gedanken. Aber ich versuche immerhin die Sache in Ordnung zu bringen. Oder warum, glaubst du, bin ich dir hierher gefolgt?“
„Du willst mich in die Stadt zurückholen, oder?“
Sie stöhnte. „Was wäre denn die Alternative? Dass Maddy eines ihrer unausgegorenen Heilmittel an dir ausprobiert?“
„Die Alternative liegt in dir, Tally. Es geht hier nicht um meine Gehirnbeschädigung, sondern um deine.“ Er rückte dichter an sie heran und sie schloss die Augen. „Du hast dich schon einmal befreit. Du hast diese Pretty-Läsionen besiegt. Und zu Anfang brauchte es dazu nur einen Kuss.“
Sie spürte die Hitze seines Körpers neben sich, roch den Rauch des Lagerfeuers auf seiner Haut. Sie wandte sich ab, die Augen noch immer fest geschlossen. „Aber Special zu sein ist etwas anderes - das betrifft nicht nur einen kleinen Teil meines Gehirns, sondern meinen ganzen Körper. Die Art, wie ich die Welt sehe.“
„Alles klar. Du bist etwas dermaßen Besonderes, dass niemand dich anrühren darf.“
„Zane ...“
„Du bist etwas dermaßen Besonderes, dass du dir die Haut aufschlitzen musst, um überhaupt etwas zu empfinden.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das tu ich nicht mehr.“
„Du kannst dich also doch verändern!“
„Aber das bedeutet nicht ...“ Sie öffnete die Augen.
Zanes Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt, er starrte sie an. Und auf irgendeine Weise hatte die Wildnis ihn ebenfalls verändert - seine Augen kamen ihr nicht mehr wässrig und durchschnittlich vor. Sein Blick war fast eisig.
Fast wie der eines Specials.
Sie beugte sich dichter zu ihm vor ... und ihre Lippen begegneten sich, warm im kühlen Schatten des Felsens. Das Dröhnen der Brandung füllte Tallys Ohren und ertränkte ihre nervösen Herzschläge.
Sie schmiegte sich fester an ihn, ihre Hände schoben sich unter seine Kleidung. Sie wollte ihren Tarnanzug abwerfen, nicht länger allein sein, nicht mehr unsichtbar. Die Arme um ihn gelegt, presste sie sich an ihn, hörte, wie er aufkeuchte, als ihre Hände fester zupackten. Ihre Sinne gaben ihr alles, was mit ihm zu tun hatte: sein Herz, das in seinem Hals sanft pulsierte, den Geschmack seines Mundes, seinen ungewaschenen salzigen Gischt gewürzten
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