Special - Zeig dein wahres Gesicht
Volk dieses Feuer angelegt.
Ein Schauer durchlief sie. Die Dörflinge, denen sie begegnet war, hatten alle Außenstehende als Feinde betrachtet, als Tiere, die gejagt und getötet werden mussten. Und Pretties galten ihnen nicht mehr als „Gottheiten“. Tally fragte sich, wie den Dörflingen zu Mute gewesen war, als sie feststellten, dass sie ihr ganzes Leben in einem Experiment gelebt hatten und dass ihre wunderbaren Gottheiten auch nur Menschen waren.
Sie fragte sich, ob irgendeiner der von den Smokies rekrutierten Dörflinge jemals mit dem Gedanken gespielt hatte, sich an den Pretties aus der Stadt zu rächen.
Tally schüttelte den Kopf. Die Smokies hatten Andrew vertraut, um ihm die Führung der Flüchtlinge zu überlassen. Bestimmt waren die anderen, die sich den Smokies angeschlossen hatten, auch keine wahnsinnigen Mörder.
Aber was, wenn auch andere Dörflinge gelernt hatten den „kleinen Männern“ zu entkommen?
Als die Dämmerung heraufzog, blieb Tally wach, sie verzichtete auf ihren üblichen leichten Wachschlaf. Wie immer suchte sie den Himmel nach Anzeichen von Hubwagen ab aber sie behielt auch den Bereich im Auge, der vom Land her zu den Klippen führte. Ihr Infrarot war voll aufgedreht. Das unangenehme Rumpeln in ihrem Magen angesichts der verfaulten Fische hatte sich noch immer nicht ganz gelegt.
Sie kamen drei Stunden nach Sonnenaufgang.
Neuankömmlinge
Vierzehn Gestalten zeigten sich im Infrarot, sie kamen langsam über die sanften Hänge heran und waren im hohen Gras kaum zu erkennen.
Tally aktivierte ihren Tarnanzug. Die Schuppen verschoben sich, um das Gras nachzuahmen, wie bei einer Katze, deren Fell sich sträubt. Die einzige Gestalt, die sie deutlich sehen konnte, war eine Frau an der Spitze der Gruppe. Sie musste aus einem Dorf kommen - sie trug Tierhäute und einen Speer.
Tally ließ sich tiefer ins Gras sinken und dachte an ihre erste Begegnung mit den Dörflingen - sie hatten sie mitten in der Nacht überfallen und sie töten wollen, weil Tally das Verbrechen begangen hatte, nicht aus ihrem Dorf zu stammen. Die Krims schliefen jetzt sicher tief und fest.
Wenn es zu Gewalttätigkeiten käme, dann ganz plötzlich, Tally würde kaum Zeit haben, jemanden zu retten. Vielleicht sollte sie Zane jetzt wecken und ihm sagen, was da im Anmarsch war ...
Aber bei der Vorstellung, wie er sie vielleicht ansah, wie ihr eigener Ekel sich in seinen Augen widerspiegelte, drehte sich alles in ihrem Kopf.
Tally holte tief Atem und befahl sich, eisig zu bleiben. Die langen Nächte dieser Reise, in denen sie - unsichtbar und allein versucht hatte jemanden zu beschützen, der vermutlich nichts mit i hr zu tun haben wollte, ließen sie langsam paranoid werden. Ohne
sich die Sache genauer anzusehen, konnte sie nicht einfach davon ausgehen, dass die näher kommende Gruppe eine Bedrohung darstellte.
Sie kroch auf allen vieren weiter, bewegte sich rasch durch das hohe Gras und machte einen großen Bogen um den verfaulten Fisch. Als sie ein wenig näher gekommen war, hörte Tally eine klare Stimme über die Wiesen hallen, sie sang eine ihr unbekannte Melodie in den zufällig klingenden Silben der Dörflingssprache. Das Lied klang nicht sonderlich kriegerisch - eher glücklich, wie etwas, das man singt, wenn die eigene Mannschaft ein Fußballspiel gewinnt.
Aber für diese Leute war blinde Gewalt ja so etwas Ähnliches wie ein Fußballspiel.
Als sie näher kamen, hob Tally den Kopf.
Und atmete erleichtert auf. Nur zwei Menschen in der näher kommenden Gruppe waren in Häute gekleidet. Die anderen waren Pretties aus der Stadt - heruntergekommen und erschöpft, aber einwandfrei keine Wilden. Die ganze Gruppe trug Wasserbehälter auf den Schultern, die Blubberköpfe krümmten sich unter dem Gewicht, die Dörflinge hatten keinerlei Probleme. Tally schaute in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und sah in der Ferne das Glitzern einer Flussmündung. Sie
waren nur unterwegs gewesen, um sich mit frischem Wasser zu versorgen.
Als ihr einfiel, wie Andrew sie entdeckt hatte, blieb Tally auf Distanz. Aber sie war dicht genug, um die Gruppe genauer zu betrachten. Die Kleidung der Stadt-Pretties sah irgendwie falsch aus, total modefern, oder zumindest ein paar Jahre veraltet. Aber so lange waren diese Pretties noch nicht hier draußen.
Dann hörte Tally einen Jungen fragen, wie weit es noch bis zum Lager sei, und seine fremde Aussprache machte ihr eine Gänse haut. Diese Leute stammten aus einer anderen
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