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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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weiterhelfen.
    Gleich am nächsten Tag rufe ich an. Bernd A., seinen vollen Name möchte er vertraulich behandelt wissen, ist sehr freundlich und höflich zu mir am Telefon. Gern könnten wir uns treffen, und er könne mir auch Tipps für die weitere Suche nach einem Gesprächspartner geben. Er selbst stehe für ein Interview aber nicht zur Verfügung. Er sei zwar inzwischen bei BCG ausgeschieden, aber er dürfe und wolle auch nach seinem Ausscheiden nicht über seine Arbeit reden.
    Ein paar Tage später treffe ich A. in einem Café in Frankfurt am Main. Ich schätze ihn auf Anfang vierzig, und er sieht so aus, wie ich mir einen Unternehmensberater im Freizeitlook vorstelle. Haare zurückgegelt, Segelschuhe, eine gesteppte Windjacke im Stil des englischen Landadels, kariertes Herrenhemd, Marke Ralph Lauren.
    Es ist irgendwie komisch. Unser Treffen hat von Anfang an etwas Konspiratives. Nachdem er mir noch einmal unmissverständlich klargemacht hat, dass er selbst nicht offiziell interviewt werden will, beginnt er zu erzählen. Mir wird schnell deutlich, warum ich bis jetzt keinen Gesprächspartner gefunden habe. »Das wundert mich überhaupt nicht«, sagt auch A.
    Die großen Beratungsfirmen läsen höchst ungern etwas über sich und ihre Arbeit in der Zeitung. Sie hätten in Deutschland ja auch nicht den besten Ruf. Absolute Diskretion sei bei diesen Firmen ein ungeschriebenes Gesetz. Ziemlich paranoid sei das manchmal. »Das hat manchmal was von Geheimdiensten oder Sekten. Es herrsche ein ziemlicher Korpsgeist bei den Beratungsfirmen. Und es werde das Gefühl gepflegt, einer Elite anzugehören. Vom Beginn der Karriere an.
    Dafür brauche es natürlich das passende Personal: » Over-achiever with low self esteem , Leistungsträger mit geringem Selbstwertgefühl. So wurden sie in einem Strategiepapier zur Personalrekrutierung genannt, das ich mal in den Fingern hatte«, erzählt B. Allzu selbstbewusste und kreative Querköpfe seien weniger gefragt, die seien zu schwer zu führen. Leistungsträger mit geringem Selbstbewusstsein ließen sich am besten im Sinne der Firmenpolitik formen. Und sie seien am ehesten mit diesem Elitedenken zu ködern. Zuerst lade man sie zu Seminaren ein, in schöne Städte oder auf ein luxuriöses Schiff. Dann trichtere man ihnen ein, dass sie zu einer absoluten Elite gehörten und besser seien als die Übrigen, die es nicht bis hierhin geschafft hätten. Der Rest der Loyalität werde dann durch ein ziemlich hohes Einstiegsgehalt erkauft.
    Danach gebe es für die jungen Berater kaum mehr Ausruhen, keinen Stillstand. Mit Leistungsdruck würden die Berater auf Trab gehalten. Es herrsche Karrierezwang. Ein Privatleben aufrechtzuerhalten sei da schwer. Alle vier bis sechs Monate würden die Leistungen des Einzelnen neu bewertet. Up or out hieße die Devise bei der einen Firma, grow or go bei der anderen. Gemeint sei das Gleiche. Derjenige, der die nächste Stufe nicht schaffe, das nächste Steigerungsziel, müsse die Firma verlassen. Wer es schafft, dessen Korpsgeist und Elitedenken sei nach der Herausforderung noch weiter gestählt. »Wow«, denke ich, »das ist wirklich Effizienz- und Wachstumsdenken mit der Brechstange.«
    Die meisten Berater fangen direkt nach dem Studium bei der Beratung an, erklärt A., der Ex-Unternehmensberater. »Die kennen nur diese Welt und dieses Denken.« Ausscheidenden Mitarbeitern würde durch die Blume klar gemacht, dass man sich immer zweimal im Leben sehen würde und es unangenehme Konsequenzen für die Karriere haben könnte, wenn etwas aus der Zeit bei der Unternehmensberatung nach außen dringe.
    Â»Kein Wunder, dass da niemand mit mir reden will«, sage ich. Ein wenig deprimiert von dieser Prognose bestelle ich die Rechnung und lade A. ein, obwohl er wahrscheinlich das Hundertfache von mir verdient oder zumindest verdient hat. Aber sei’s drum.
    Doch bevor der Kellner zum Kassieren kommt, hat A. doch noch eine Idee: Ich müsste jemanden finden, der so weit oben in der Führungsetage einer der Beratungsfirmen angesiedelt sei, dass er sich einfach über deren ungeschriebene Gesetze hinwegsetzen könne und wolle, aus Eitelkeit oder irgendeinem anderen Grund. Wer das denn sein könnte, frage ich ihn. Ihm scheinen mehrere Personen im Kopf herumzuspuken, doch dann nennt er nur einen Namen. »Probieren Sie doch

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