SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit
mal Ihr Glück bei Frau Dr. Antonella Mei-Pochtler. Sie ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmensberaterinnen der Welt. Die lässt sich nicht sagen, was sie darf. Bei ihr könnten Sie Erfolg haben.«
Mit einem kleinen Fünkchen Resthoffnung fahre ich wieder nach Berlin zurück. Ich merke, dass A.s Erzählungen von den geheimniskrämerischen und paranoiden Beratungsfirmen meinen Ehrgeiz eher noch weiter angestachelt haben. Jetzt erst recht. Was denken die sich eigentlich? So leicht lasse ich mich nicht abschütteln. Aber gleichzeitig habe ich auch das unangenehme Gefühl, dass Frau Mei-Pochtler meine letzte Chance ist. Wenn A.s Empfehlung jetzt auch noch absagt, dann weià ich wirklich nicht mehr weiter. Noch am gleichen Abend maile ich ihr meine Anfrage. Tags darauf erhalte ich die überraschende Antwort:
Lieber Herr Opitz, das klingt sehr interessant. Wir sollten telefonieren, um die Realisierbarkeit auszuloten.
Mit freundlichen Gruessen
A. Mei-Pochtler
â Message sent from BlackBerry â
Dr. Antonella Mei-Pochtler
Senior Partner & Managing Director
»Geht doch«, denke ich und wähne mich schon fast am Ziel. Nochmal zwei Tage später erreiche ich Antonella Mei-Pochtler auf ihrem Mobiltelefon beim Einchecken auf irgendeinem Flughafen dieser Welt. Zeit sei für sie das Thema schlechthin, und deswegen stehe sie gern für ein Interview zu Verfügung. Es gäbe da nur noch zwei klitzekleine Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das eine seien Bedenken von Seiten Ihrer Firma, die eigentlich dagegen sei. Das andere Hindernis sei ihr voller Terminkalender. Am besten solle ich doch mal ihre Assistentin anrufen. Die habe einen besseren Ãberblick über ihre Termine.
Die Bedenken ihrer Firma hat Frau Mei-Pochtler relativ schnell zerstreut oder einfach ignoriert. Mit dem vollen Terminkalender hat sie jedoch noch maÃlos untertrieben. Einen Termin zu finden erweist sich in den nächsten Monaten als nahezu unmöglich. Trotz der tatkräftigen Mithilfe ihrer Assistentin. Die versucht mir vom ersten Telefonat an klar zu machen, dass es wegen des extrem beschleunigten und hochgetakteten Lebens ihrer Chefin eigentlich völlig aussichtslos sei, in den nächsten Monaten irgendeine Verabredung zu treffen, geschweige denn sie zwei, drei Tage bei ihrer Arbeit zu begleiten, wie ich es eigentlich vorhatte. Sie wolle mich nicht abwimmeln, nur auf die bevorstehende Frustration vorbereiten, sagt ihre Assistentin Frau Leon mir am Telefon. »Die Frau Doktor ist die Beschleunigung in Potenz. Das ist eine andere Dimension von Stress. Sie glauben mir das jetzt vielleicht nicht. Aber Sie werden es merken. Ich arbeite schon seit fast dreiÃig Jahren mit ihr zusammen.« Es klingt Bewunderung in ihrer Stimme mit. Zuerst bin ich mir noch sicher, dass es doch nur ein weiterer Versuch ist, mich abzuwimmeln.
Gefühlte hundert Telefonate und fast ein ganzes Jahr später, mittlerweile halte ich das Dilemma von Frau Leon nicht mehr für eine faule Ausrede, hat Dr. Antonella Mei-Pochtler schlieÃlich doch noch Zeit für mich: Eine halbe Stunde auf dem Weg vom Flughafen Berlin Tegel zu ihrem nächsten Termin. Zwei Tage später erwarte ich sie gemeinsam mit dem Fahrer eines Limousinenservice, der sie immer fährt, wenn sie in Berlin ist, im Ankunftsbereich des Flughafens. Als sie herauskommt, nickt sie mir kurz wissend zu, dann geht alles ganz schnell. Der Fahrer und sie scheinen ein eingespieltes Team zu sein. Er hat sein Auto, wie immer, direkt am Ausgang abgestellt, im absoluten Halteverbot. Bis ins Parkhaus zu laufen würde zu viel Zeit kosten.
Sie lässt sich ihren Koffer vom Fahrer abnehmen und eilt schnellen Schrittes zum Wagen. Jeder einzelne Handgriff sitzt, alles geht so schnell vonstatten, dass es wie eine eingeübte Choreografie wirkt. Sie legt ihre Jacke in den Kofferraum, nimmt ein paar Unterlagen aus ihrer Aktentasche, ein Handy und den BlackBerry aus ihrer Jacke und setzt sich dann auf die Rück bank des dunklen S-Klasse-Mercedes. Geredet wird erst mal nur das Nötigste.
Erst jetzt begrüÃen wir uns richtig. Frau Mei-Pochtler ist Anfang fünfzig und trägt ein schwarzes Nadelstreifenkostüm. Ich setze mich neben sie und bin etwas nervös. Ein Jahr hab ich jetzt auf dieses Gespräch gewartet. Ich fühle mich wie ein Sprinter kurz vor dem Startschuss eines wichtigen Hundertmeterlaufs. Jetzt bloà nichts
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