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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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erstgenannten Kunden betreibt man bei Reuters einen gigantischen Aufwand. Allein die schiere Masse dessen, was hier an Nachrichten und Informationen umgesetzt wird, ist beeindruckend. 2700 Journalisten produzieren in weltweit zweihundert Büros in zwanzig Sprachen für Reuters Textnachrichten, Fotos und Filmbeiträge. Das sind pro Tag 7000 Nachrichtengeschichten, zweihundert Videoberichte und 1800 Fotos, Hunderte Hintergrundberichte zu internationalen Unternehmen und vor allem ständig aktualisierte Börsen- und Devisenkurse, die Reuters durch ein ultraschnelles Kabelnetz zuerst in seine drei Hauptsammelstellen in London, New York und Hongkong pumpt und von dort in sein Informationsnetz rund um den Globus. Und dies, ohne dass nur der sprichwörtliche Bruchteil einer Sekunde vergeht. Der Datenfluss wird pro Tag etwa zwei Milliarden Male aktualisiert. Tendenz sprunghaft steigend.
    Â»Wir covern aber nicht alles«, erklärt mir der Nachrichtenmann die Arbeit von Reuters. »Das wäre in dieser so komplexen Welt auch nicht möglich. Aber da wir ein großes Spezialwissen über bestimmte Länder, Märkte und Industrien haben, wissen unsere Leute, welche Storys und Nachrichten sie unbedingt als Erste bekommen müssen. Und zwar die, die für unsere Kunden zählen. Und das sind die, bei denen es um viel Geld geht.«
    Eine Milliarde Menschen erreicht Reuters nach eigenen Angaben täglich. Zum einen indirekt über die 1500 Fernsehkanäle, 1700 Printmedien und tausend Abnehmer der Pressefotos, die Reuters beliefert.
    Viel bedeutsamer für das Unternehmen sind aber die 500 000 Entscheider in der Finanzwelt, die die Dienste von Reuters abonniert haben. Zum Beispiel in Form des Terminals Reuters 3000 Xtra, der den Zugang zu all diesen Daten bietet und der im Abo knapp 1500 Euro pro Monat kostet. Warum zahlen die Kunden so viel für die Informationen, die Reuters bereitstellt? Weil jede Information Einfluss auf den Wert einer Aktie, eines Rohstoffs oder einer Währung haben könne, erklärt Thompson. Eine wichtige Information vor einem Konkurrenten zu haben, und sei es nur eine Minute oder eine Sekunde vorher, könne für einen Kunden am Ende spielentscheidend sein. Würden Kunden eine Information zu spät bekommen, die wichtig für einen Markt ist, in dem sie Hunderte Millionen Dollar investiert haben, könne das fatale Auswirkungen haben. »Da steht sehr viel Geld auf dem Spiel«, sagt der Journalist und guckt dabei ernst. Mit dem Aufkommen des Computerhandels an den Börsen, wo teilweise blitzschnell auf Informationen reagiert werden müsse, und seit es 24-Stunden-Nachrichtenkanäle und Newsportale im Netz gibt, bewege sich Reuters zwar in einem wachsenden Markt, aber auch in einem, der dem Unternehmen immer mehr abverlangt. Heute würden die Leute erwarten, rund um die Uhr aktuelle Nachrichten und Informationen zu erhalten. »Und das in Echtzeit«, fügt Thompson hinzu. »Und Echtzeit bedeutet im Bruchteil von Sekunden. Nicht in der nächsten Sekunde. Unsere Kunden messen uns in diesen Größenordnungen.«
    Thompson führt mich durch den beeindruckenden Newsroom in der Londoner Reuters-Zentrale. Er ist zugleich so etwas wie das Herzstück und das Hirn des Unternehmens. Nur selten wird Firmenfremden ein Blick in diese Nachrichtenzentrale gewährt. Auf einer riesigen Büroetage sitzen hier Hunderte von Journalisten vor jeweils einem oder mehreren Flachbildschirmen, telefonieren, schreiben und bearbeiten Nachrichten und Berichte, nehmen Audio- und Videobeiträge auf oder bearbeiten Fotos, die dann so schnell wie eben möglich ins Reuters-Informationssystem gepumpt werden. Beständiges Gemurmel mischt sich mit dem Klackern Hunderter Computertastaturen und dem Klingeln von zig Telefonen. Die Geräuschkulisse ist beeindruckend. Mich würde dieser Lärm hier verrückt machen. Die Abteilungen sind nach Medium und nach Thema getrennt. Über einer Gruppe von Arbeitsplätzen hängt das Schild »World Desk«, daneben ist das »UK Desk«, und weiter hinten sehe ich das »Financial« und das »Sports Desk«. Mitten im Getümmel der Journalisten kommentiert eine Moderatorin vor einer vollautomatischen Studiokamera das Börsengeschehen des Tages. Dass diese Leute es schaffen, in nur einem großen Raum, eng an eng, so konzentriert zu arbeiten, scheinbar ganz ohne sich gegenseitig zu stören, finde ich

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