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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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Hochgebirgstal auf 2200 Meter Höhe, das von steilen bewaldeten Hängen und Felswänden umgeben ist. Durch die muss der Pilot das Flugzeug wie durch einen Slalomkurs steuern, bevor er landen kann. Er legt die Maschine mal nach links in die Kurve, sodass der rechte Flügel fast senkrecht in die Höhe zeigt, um sie einen Moment später komplett in die andere Richtung zu ziehen und eine scharfe Rechtskurve zu fliegen. Dabei düsen wir so nah an Felswänden, Bäumen und auf Hügeln gelegenen Klöstern vorbei, dass man den Eindruck hat, man könnte sie mit der Hand berühren oder zumindest mit dem Flügel.
    Ein paar Minuten später landet die Maschine sicher, und ich bin einigermaßen erleichtert, dass ich festen Boden unter den Füßen habe. Der Flughafen Bhutans in Paro besteht aus zwei Häusern im traditionellen Baustil Bhutans. Eine Art pagodenartige Fachwerkarchitektur aus Holz und weiß gekalkten Steinen.
    Ach ja. Warum ich überhaupt hierhergekommen bin? Bhutan hat in den letzten Jahren international Aufmerksamkeit erregt, weil es der einzige Staat der Welt ist, der das Glück seiner Bewohner per Verfassung über das wirtschaftliche Wachstum stellt. In Bhutan hat der König das Bruttonationalglück zum Staatsziel erkoren. Bruttonational … was ? Als ich dieses Wort zum ersten Mal hörte, habe ich es für einen schlechten Scherz gehalten. Es klang irgendwie zu sehr nach nordkoreanischer Jubelpropaganda oder zumindest nach einem hohlen Werbeslogan. Doch je mehr ich darüber las, desto mehr begann ich, mich ernsthaft für diese Idee zu interessieren.
    Â»Druk Yul«, »Land des mächtigen Donnerdrachens«, nennen die Bhutaner ihr Land, und der Donnerdrachen ziert auch die Staatsflagge. Bhutan reicht von den subtropischen Niederungen der Ganges-Ausläufer bis hinauf auf 7500 Meter in die eisigen Höhen des Himalajas und wurde daher und aufgrund seiner Grenze zu Tibet einst von den Indern »Bhotanta« getauft, »das Ende Tibets«.
    Das abgeschiedene Land ist in etwa so groß wie die Schweiz, und zu meiner Überraschung erinnert mich auch die Landschaft auf der zweistündigen Fahrt vom Flughafen in die Hauptstadt Thimphu spontan an die Eidgenossenschaft. Dabei hatte ich eigentlich überall hochalpines Terrain und schneebedeckte Bergketten erwartet, wie es sich für das »Ende Tibets« gehört. Es ist Frühjahr in Bhutan. Die Regenzeit ist gerade vorbei. Die Wiesen stehen in sattem Grün. Viele Berge, noch mehr Bäume. Tiefe Täler, reißende Flüsse. Wunderschöne Natur. Wenige Autos auf der Straße. Ein paar Kleinbusse, ein paar Lastwagen und Jeeps. Ansonsten Fußgänger, Pferdefuhrwerke und Ochsenkarren.
    700 000 Menschen leben in Bhutan, so viele wie in Frankfurt am Main. Mir fällt auf, dass nirgendwo Müll am Straßenrand liegt. Kurz vor Thimphu wird die Zufahrtsstraße plötzlich breiter, vierspurig. Der Autoverkehr wird für bhutanische Verhältnisse etwas dichter, bleibt im Vergleich zu anderen asiatischen oder westlichen Städten aber immer noch ausgesprochen harmlos. Rechts und links der Straße stehen auf einmal neuere und größere Häuser mit sechs oder sieben Stockwerken statt mit zwei oder drei. Auch wenn er bei einem siebenstöckigen Haus etwas komisch aussieht, scheint man dem traditionellen Baustil unbedingt treu bleiben zu wollen. Sonst kann ich nicht mehr viel erkennen. Es wird langsam dunkel.
    In Bhutan gibt es sogar einen Minister für Bruttonationalglück, und mit dem bin ich am nächsten Morgen verabredet. Sein Büro ist im Dzong von Thimphu, einer imposanten Mischung aus riesigem buddhistischem Kloster, Trutzburg, Regierungs- und Amtssitz des Königs oder des Lokalparlaments. Ein Dzong sieht aus wie ein traditionelles tibetisches Kloster, nur viel größer. Der Dzong von Thimphu liegt am Ausgang des Thimphu-Tals inmitten von Reisterrassen, umgeben von bewaldeten Bergen. Er liegt in der Sonne. Der Himmel ist blau, keine Wolke am Himmel. Doch das kann sich in dieser Jahreszeit schnell ändern. Die Nachhuten des Monsuns sind noch nicht ausgestanden.
    Als ich vor dem imposanten Dzong von Thimphu stehe, bin ich ziemlich beeindruckt von seiner Größe und Schönheit. Aber ich frage mich auch sofort, wie ich hier das Büro des Ministers finden soll. Dieser Palast hat sicher tausend Räume. Doch immerhin scheint dieses riesige Gebäude

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