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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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längste Hochspannungsleitung der Welt, 2200 Kilometer, in die Hauptstadt Santiago transportieren. Und zwölf Naturreservate auf dem Weg zerschneiden und verschandeln. Der Mensch macht sich die Erde zum Untertan. Wachstum. Beschleunigung. Zerstörung: das alte Lied. Und der Albtraum von Douglas Tompkins. Für den Kampf dagegen gibt er alles.
    Dass er dafür selbst ziemlich beschleunigt leben muss, nimmt er in Kauf. Da draußen steht Ihr Flugzeug, neben Ihnen ein Funkgerät, ein Satellitentelefon und vor Ihnen ein Laptop, Mr Tompkins?
    Â»Falls es einen besseren Weg gibt, würde ich ihn gern kennen, denn ich will nicht mein ganzes Leben in diesem Tempo verbringen.«
    Es ist Abend. Wir sind im Büro des Tompkins-Hauses. Draußen hat es angefangen zu regnen. Irgendwo bellt ein Hund. Die Schafe, die ein paar hundert Meter von hier weiden, hört man bis hierher. Aus dem großen Fenster hat man einen schönen Ausblick in den Garten, hier mitten im Nirgendwo von Patagonien, Hunderte Kilometer entfernt von der nächsten Stadt und am Fuße des Vulkans, der jederzeit hochgehen kann.
    Â»Ich wünsche mir schon manchmal, langsamer zu leben. Aber dann würde ich mich schlecht fühlen. Weil ich ja weiß, dass ich die Dinge schneller oder weiter bewegen kann, wenn ich diese modernen Werkzeuge nutze. Ich vergleiche das manchmal mit einem Krankenwagenfahrer. Der fährt auch schnell, um den Patienten schnellstmöglich ins Krankenhaus zu bringen. Feuer mit Feuer bekämpfen? Ja, so könnte man es sagen. Ich weiß nicht, wie ich es besser erklären kann, und ich weiß auch nicht, ob es richtig ist.«
    Dann sieht er zum Fenster. Eine blühende Fuchsie dahinter, fast so hoch wie das Haus.
    Eins sei ihm ganz klar. Die ganze Beschleunigung sei natürlich nur durch diese Mega-Technologien möglich. Das sei der Kern des Problems. Er tippt mit dem Finger auf den Bildschirm seines ziemlich neuen silbernen Apple-Notebooks: »Hier. Der Computer. Eine Massenvernichtungswaffe. Er zerstört die Umwelt in gigantischem Ausmaß. Er beschleunigt die Wirtschaft. Die ist allein in den letzten 25 Jahren um fünfhundert Prozent gewachsen. Ein unglaubliches Wachstum. Und mit welchen Konsequenzen? Immer weniger Fische im Meer. Die Erde ist ausgelaugt. Der Wald verschwindet, Wasser ist knapp und verseucht. Das Klima hat sich verändert. Diese fünf Sachen hätten wir nie hinbekommen, zumindest nicht so schnell und in diesem Ausmaß, wenn wir dieses Ding nicht hätten.«
    Ich schlucke. Hier schließt sich der Kreis. Weil ich angefangen habe, darüber nachzudenken, warum dieses Gerät immer größere Teile meines Tages aufgefressen hat, sitze ich ja jetzt hier. Grob vereinfacht. Mein Hirn rattert. Ich bin müde. Gern würde ich heute Abend noch erschöpfend ergründen, wie all das zusammenhängt. Aber mein Kopf ist ja eben kein Computer. Ich habe Hunger.
    Beim Abendessen erzählt mir Tompkins mit blitzenden Augen davon, wie er vor einem Jahr sechs Wochen lang als Maat auf einem Schiff der radikalen Umweltschutzorganisation Sea Shepherd mitgefahren ist, das versucht hat, japanische Walfänger zu stoppen. Zusammen mit vierzig anderen Aktivisten verschiedensten Alters, aus allen sozialen Milieus, aus aller Welt. Es sei eine der schönsten Erfahrungen seines Lebens gewesen.
    Was treibt ihn an? »Wie jeder andere wollen meine Frau und ich natürlich etwas Sinnvolles tun. Nichts Triviales, Oberflächliches oder Blödsinniges. Es wäre schön, wenn unsere Arbeit dazu beitrüge, dass eine Bewegung entsteht, die in zwanzig Jahren nicht mehr aufzuhalten ist. Eine Entschleunigungsbewegung oder so was. Ich würde natürlich gern noch zwanzig oder dreißig Jahre leben, um das mitzubekommen. Das wäre eine Befriedigung. Zu sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zu sehen – bevor ich aus den Latschen kippe –: Das ist nicht aufzuhalten. Das wäre toll.«
    Tompkins’ Worte klingen mir noch in den Ohren, als ich am nächsten Morgen wieder im Boot Richtung Hornopirén sitze und auf die Heckwellen starre. Ich hätte gut und gern noch ein paar Wochen länger bleiben können. Aber meine Familie und mein Leben in der beschleunigten Großstadt warten. Schon wieder bin ich am Grübeln. Ist Tompkins’ radikale Entschleunigungsmission vielleicht wirklich der einzige Weg, um den Planeten und uns Menschen wieder auf eine

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