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SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit

Titel: SPEED - Auf Der Suche Nach Der Verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Opitz
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glücklich bezeichnen würde, will ich von ihm wissen.
    Natürlich würde er, wie jeder andere, gern mehr Geld verdienen, antwortet Kinley mit einem breiten Grinsen, aber dieses Bruttonationalglück, das sei schon eine gute Sache. Vor allem sei es gut, dass der Schulbesuch und die Gesundheitsversorgung für alle umsonst seien. Dann sitzen wir wieder eine Weile schweigend nebeneinander. Kinley stellt das Radio lauter. Es läuft Musik, die aus einem Bollywoodfilm stammen könnte. Die ideale Untermalung für unsere Tour durchs Land. Ich schaue aus dem Fenster auf Reisterrassen, Gebirgsbäche, Gebetsfahnen, Rhododendren und viel Wald. Dann plärrt plötzlich ein Jingle aus dem Radio, das klingt wie von einem US-Radiosender. Radio Valley 99,9 FM. Der erste private Radiosender Bhutans und, wie ich kurze Zeit später erfahre, Kinleys Lieblingssender. Die Moderatoren, einer stellt sich als Supe vor, der andere trägt den fabelhaften Namen Johnny Bravo, kündigen ihre Nachmittagsshow an: Kuzuzangpo Scoop – der Blick auf Bhutan. Und tatsächlich: Heute soll es ums Bruttonationalglück gehen.
    Â»Das Konzept, über das alle reden«, kündigt Johnny Bravo, der Mann aus dem Radio, an, »hier und im Ausland. Und das sich verkauft wie warme Semmeln. Darüber wollen wir mit euch reden. Heute und in den nächsten Tagen. Wenn ihr Fragen oder eine Meinung dazu habt, liebe Hörer, unsere Telefonleitungen sind täglich zwischen 15.00 und 17.30 Uhr freigeschaltet. Ihr kennt unsere Nummer: 199.«
    Was für ein genialer Zufall: Ich bin begeistert und kann mein Glück kaum fassen: Vielleicht erfahre ich ja ausgerechnet aus dem ersten Privatradio Bhutans ungefiltert, was der gemeine Bhutaner tatsächlich vom Bruttonationalglück hält.
    Unser Daihatsu müht sich eine kleine Bergstraße hoch. Ein paar Minuten später sind wir von einem beeindruckend dichten grünen Ahorn- und Eichenwald umgeben, der gelegentlich von einer Lichtung mit einer nicht minder beeindruckenden Ansammlung von Rhododendren, Magnolien, Orchideen, Lorbeeren, Kobralilien und allerlei anderen wunderschönen Pflanzen unterbrochen wird. Mir fällt auf, wie unberührt die Natur hier ist. Das sei auch Teil des Bruttonationalglücks, erklärt mir Kinley, mein Guide und Fahrer. Die Umwelt sei per Verfassung geschützt. Sechzig Prozent des Landes sollen für immer bewaldet, weitere zwanzig Prozent Nationalpark sein. Und so kommt es, dass man in der Wildnis Bhutans auch noch Tierarten findet, die man längst ausgestorben glaubte, wie Schneeleoparden, kleine Pandas und Königstiger. Ein bisschen kommt man sich hier vor wie in Shangri-La, dem sagenumwobenen und fiktiven Ort im Himalaja. Meine Gedanken schweifen ab, als ich aus dem Autofenster schaue.
    Der leicht penetrante Jingle von Radio Valley reißt mich wieder aus meinen Träumen. Die Call-in-Sendung über das Bruttonationalglück beginnt.
    Â»Johnny, kennst du eigentlich Bhutans Platz in der Rangliste der glücklichsten Länder, dem sogenannten Happy-Planet-Index?«, fragt Supe, der Moderator, seinen Kollegen.
    Â»Nein, schieß los«, antwortet der.
    Â»Beim Durchschnittseinkommen liegt Bhutan weit hinten auf Platz 137 mit 1996 US-Dollar pro Jahr. In der Entwicklungsrangliste, dem Human Development Index (HDI), belegt Bhutan nur Platz 135. Aber jetzt kommt es … Bei der Rangliste der Länder mit den glücklichsten Bürgern sind wir auf Platz dreizehn.«
    Â»Dreizehn? Wirklich? Das heißt ja, Bhutan ist das einzige arme Land unter den fünfzehn glücklichsten Länder der Erde?«, fragt Johnny Bravo ungläubig.
    Â»Genau das heißt es!«, antwortet Supe.
    Arm und glücklich, wie geht das zusammen? Während ich darüber nachdenke, fällt mir eine Studie ein, auf die ich während meiner Recherchen gestoßen bin. Der US-Ökonom Richard Easterlin konnte nachweisen, dass mit steigendem Einkommen nicht das subjektive Glücksgefühl der Menschen steigt. Das mag ja noch stimmen. Aber kann es tatsächlich sein, dass eines der ärmsten Länder der Welt, in dem es an vielem fehlt, mit die glücklichsten Einwohner hat? Wie ist das möglich? Oder andersherum: Wenn es tatsächlich zutrifft, dann müsste man in Bhutan ja fast so etwas wie die Glücksformel gefunden haben.
    Johnny Bravo begrüßt den ersten Anrufer. »Wir haben einen ersten Hörer, der anruft.

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